Drogen, Schlägereien und Messerstichattacken: Dafür ist der Grazer Volksgarten auch unter anderem bekannt. Die Stadt Graz möchte dem jetzt entgegenwirken. Die geplanten Maßnahmen sind allerdings umstritten.
Mittwoch, 29. Mai, 18:00 Uhr. Bei einem Spaziergang durch den Volksgarten erwarten einen viele Eindrücke. Die Abendsonne scheint vom Himmel, ein paar Jugendliche liegen in der Wiese, eine ältere Dame spaziert mit einem Hund vorbei. Alles so weit ein harmloser Besuch in einem Park in einer Großstadt. Gäbe es da nicht diese Männer, die einen direkt beim Betreten des Parks fragen, ob man nicht etwas brauche. Gemeint sind natürlich Drogen. Das kommt hier nicht selten vor. So unterschiedlich Anwohner:innen auch teilweise die Situation lösen wollen: Das Problem des intensiven Drogenhandels und der damit einhergehenden Gewalt sehen die meisten als schwerwiegendes Problem an.
Die Stadt Graz möchte dem entgegenwirken und kündigt Maßnahmen an. Zu diesem Anlass lud Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) zu einem Informationsgespräch im kleinen Saal der Arbeiterkammer, wenige Meter vom Volksgarten entfernt. Neben der Bürgermeisterin waren Thomas Lambauer als Bereichsleiter der Ordnungswache und Jutta Willfurth vom Friedensbüro Graz, die für die Planung des Projekts zuständig ist, vor Ort. „Wir haben hier einen großen Park, der wichtig ist für diesen Stadtteil, wie ein Bissen Brot, der aber seit längerem von den anwesenden Herrschaften auch genutzt wird, um Drogen zu dealen“, sagt Kahr, um die aktuelle Lage einzuordnen.
Gespräch statt Gewalt
Das Dealen sieht sie vor allem in der Armut einiger Menschen: „Sie machen das, um an Mittel zu kommen, weil sie sonst hier nicht arbeiten dürfen.“ Lang- und mittelfristig sind unterschiedliche Maßnahmen geplant. Seit 1. Juni ist eine Ordnungswache im Einsatz. Diese Parkaufsicht soll zusätzlich zur Polizei im Park Präsenz zeigen und als Ansprechpartnerin dienen. „Bei allem, was sie brauchen, werden ihnen die Kollegen Auskunft geben“, sagt Thomas Lambauer von der städtischen Ordnungswache. Die Maßnahmen seien notwendig als Grundlage für die Arbeit der Polizei: „Wenn wir das nicht angehen, dann können wir alles andere auch nicht leisten.”
Auf längere Sicht ist auch eine räumliche Umgestaltung des Parks angedacht. Der Volksgarten soll besser einsehbar werden und Barrieren abgebaut werden, der Parkraum so gestaltet werden, dass ein Miteinander wieder möglich wird. Grundlage dafür sind Beobachtungen des Vereins „Besser Leben“, die den Volksgarten über einen längeren Zeitraum hinweg tags- und nachtsüber aufgestellt haben. „Wer nutzt den Park? Warum halten sich bestimmte Menschen an bestimmten Plätzen auf?“, sagt Kahr über die Studie. Im September seien die Ergebnisse im Stadtrat dann zusammengetragen worden. Das Problem mit den Dealern sei von deren Seite aus bestätigt worden. Genaue Pläne für eine Umgestaltung liegen bis jetzt jedoch keine vor. Ein neues Klo ist bereits in Bau.
Schutz-Zone und Gruppenaktivitäten
Die bei der Informationsveranstaltung anwesenden Anrainer:innen sind gespaltener Meinung. Bei insgesamt weit über 20 Wortmeldungen kann aber auf jeden Fall von einer umfassenden Bürger:innen-Beteiligung gesprochen werden. Massenschlägereien direkt vor der Polizei sind genauso Thema wie die Aggression der Dealer gegenüber Hunden und die Sicherheit spielender Kinder. Maria Reiner, Geschäftsführerin und Gründungsmitglied vom Stadteilprojekt Annenviertel, bezeichnet die Vorgehensweise und Erkenntnis als strukturelles Problem als realistisch: „Aus unserer Sicht ist das Einzige, das hilft, Begegnung, dass man sich kennenlernt. Wenn man sich kennt, passieren keine blöden Sachen. Weniger zumindest.“ Der Ausbau des umfassenden Programms, wie zum Beispiel der Gemeinschaftsgarten, gemeinschaftlich organisiertes Yoga oder auch eine sich gerade in Planung befindliche Gemeinschaftsküche, sollen bei der Problemlösung helfen.
Wolfgang Krainer (ÖVP), stellvertretender Bezirksvorsteher von Lend, fordert eine Schutz-Zone um den Volksgarten, wie es sie auch 2019 bis 2020 bereits gegeben hat. Damals habe es 550 Betretungsverbote, 86 Festnahmen und 360 Suchtmittelsicherstellungen gegeben. Er versteht nicht: „Wenn alle eine Schutz-Zone haben wollen, warum man es dann nicht macht.“ Das bekräftigt auch Parteikollege Udo Eiselt-Schien. Er bezeichnet den Zustand des Parks als einen Wahnsinn und fordert mehr Polizeipräsenz. Weniger Wirkung erwartet sich die Stadtregierung: „Eine Schutz-Zone heißt nur, dass eine Person 30 Tage weggewiesen werden und dann wieder kommen kann“, sagt die Bürgermeisterin. Die Polizei habe nicht die Kapazität, dass diese Schutz-Zone greifen würde.
Lösung für Alle
Anrainer:innen bezeichnen den Park als Schande, als große Gefahr und die Maßnahmen als homöopathisch. Paul Nitsch, Pfarrer der Grazer Kreuzkirche, sieht den Volksgarten als Zentrum des Bezirks. Er sieht in der Entwicklung ein ständiges Auf und Ab, das gerade wieder einen Höhepunkt erlebt hat. Er stellt die Gemeinschaft in den Mittelpunkt und hat auch beim letzten Hoch bereits mit der Pfarrgemeinde positiv beigetragen. „Das sind wir, die wir da sein wollen, es ist ein schöner Park!“, sagt er. Gemeinschaftliche Projekte möchte er fördern. Nach über zweieinhalb Stunden Veranstaltung verspricht die Bürgermeisterin zusätzliches Personal zum Ansprechen, insbesondere auch für Kinder und Jugendliche und bittet um Geduld und gegenseitiges Verständnis.
Titelbild: Zwischen Spielplatz und Drogen: Gewaltige Gegensätze im Grazer Volksgarten sorgen für hohes Konfliktpotenzial. Foto: Daniel Babunek