Die Gründerin des Blauen Ateliers Kerstin Eberhard. Eine Frau im Alter von rund 40 Jahren, zusammengebundenem Haar und einer Jacke vor ihrem Atelier.
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Galerie Blaues Atelier: Bunte Kunstoase im Stadtasphalt

in KULTUR von

Galerie, Buchgeschäft, Wohlfühloase – das Blaue Atelier von Kerstin Eberhard ist alles in einem. Vor genau zehn Jahren hat die Künstlerin und Wahlgrazerin ihre Wunderkammer in der Annenstraße eröffnet.  

Von: Fabian Hasler, Veronica Holl

Kerstin Eberhards Atelier in der Annenstraße 33 ist ein magischer Ort. Die Räume dienen als Kunstgalerie und als Secondhand-Laden, der zum Verweilen und Schmökern einlädt. Bücherregal reiht sich an Bücherregal, aufwendige Installationen setzen den Raum kunstvoll in Szene. Die Zeit scheint hier eigenen Gesetzen zu folgen.

Gründungsintention der Wahlgrazerin, die es 2001 aus dem deutschen Oberwesel in die Stadt verschlug, um als freischaffende Künstlerin zu arbeiten: Künstler*innen aus aller Welt eine Stimme zu geben. Oft denkt Eberhard an das letzte Jahrzehnt in der Annenstraße zurück. „Zu einer kleinen Insel, einer Wohlfühloase, neben der asphaltig-grauen Betriebsamkeit der Straße” habe sich die Galerie entwickelt. „Diesen besonderen Ort letztlich aus dem Nichts geschaffen zu haben, das macht mich schon ein bisserl stolz“, sagt sie. 

Kindheitstraum

Schon früh hat sich Eberhard fürs Malen, Zeichnen und Schreiben begeistert. Sie findet es auch wichtig, dass junge Menschen mit Kunst und Literatur aufwachsen. Daher bietet sie in ihrem Atelier auch Workshops für Zeichnen, Malen und Modellieren mit Ton für Interessierte jeder Altersgruppe an. „Menschen sollen sich bereits in jungen Jahren mit Kunst befassen. So lernen sie, das Leben besser zu begreifen und sich selbst zu erfahren.“ Ihre eigenen Werke, deren Stil stark variiert, hat Eberhard auch schon im Ausland gezeigt. In New York sowie in 24 europäischen Städten, wie sie erzählt. Doch zu Hause in der Annenstraße gefalle es ihr am besten.

Willkommen dahoam!

Vor dem Umzug ins Annenviertel hatte Eberhard ihre Galerie bereits an zwei anderen Standorten eröffnet. Doch weder in der Grazer Sackstraße noch am Dietrichsteinplatz schien die richtige Atmosphäre gegeben. Immerhin haben sie die Namensfindung beeinflusst – die ersten beiden Standorte zierte eine himmelblaue Hausfassade. Erst 2011 fand Eberhard mit der Annenstraße 33 eine fixe Heimat.

Zunächst wurde die Galerie ausschließlich für Kunstausstellungen genutzt. Junge Künstler*innen aus aller Welt – wie etwa die bosnische Malerin Sladana Matić Trstenjak – suchten und fanden bei Kerstin Aufnahme. Im Schnitt wurden von 2011 bis 2020 jährlich in der Annenstraße 33 zwischen vier und elf Ausstellungen, Lesungen oder Kunstprojekte ausgerichtet. „Wenn man eine Galerie betreibt, reicht es nicht, einfach gern ,herumzupinseln'“, sagt Eberhard. „Man muss sehen können, ob etwas und was genau in Werken steckt. Man sollte gut kommunizieren und organisieren können. Und man braucht einfach starke Nerven.” 

Der Bunte Innenraum des Blauen Ateliers. Bücherregale reihen Bücher aneinander, ein roter Sessel lädt zum Schmöckern ein.
Ein Einblick in das Atelier – Foto: Kerstin Eberhard

2017 setzte Eberhard dann die Idee eines Secondhandshops im Atelier um. Die Intention dahinter: die Hemmschwelle der Menschen zu senken. Viele hätten nämlich Angst davor, in eine Galerie zu gehen. „Regale zum Schmökern, die bereits vor dem Geschäft stehen, wirken einladend und verleihen dem Geschäft eine wohlige Atmosphäre”, so Kerstin. In erster Linie verkauft sie Bücher, außerdem CDs, DVDs, LPs und alte Möbel, die ihr allesamt Freunde und Bekannte als Spende überlassen. Der Erlös kommt dem Kunstverein „Miazwoa“ zugute. Diesen betreibt die Künstlerin seit 2005 mit ihrem Ehemann.   

Literatur – Bilder aus Worten

„Literatur und Kunst hängen meiner Meinung nach stark zusammen. Schreiben heißt Bilder aus Worten entstehen zu lassen.“ Beim Buchverkauf sind für die Künstlerin vor allem Studierende eine wichtige Zielgruppe. In ihren Regalen stehen Klassiker aus allen Sparten – aus Germanistik und Soziologie genauso wie aus Psychologie oder Philosophie. Kerstin schreibt auch selbst: Sie verfasst Essays, Kunstkritiken und Kurzgeschichten und gibt seit 2009 jährlich den Katalog „art works“ heraus. Drei Bücher, die laut ihr jede*r Studierende gelesen haben sollte: Jean Paul-Sartres “Das Spiel ist aus”, Stephen Kings “Es” und “Der Fänger im Roggen” von J. D. Salinger. 

Erst kürzlich hat die Galeristin diesen Zusammenhang zwischen Kunst und Literatur im Museum der Wahrnehmung veranschaulicht. Mit vier Schülerinnen der HLW Schrödinger zog Eberhard dort im November 2020 ein Kunstprojekt auf. Im Rahmen eines Poetry Slams sollten die Jugendlichen fünf Bilder der Künstlerin verbal analysieren, also eine Geschichte über deren Bedeutung erzählen.

 

Titelbild – Foto: Kerstin Eberhard

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