Junge Kreativität gegen Gewalt an Frauen

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Eine Galerie, fünf Kinospots und eine Lichtinstallation: Wie junge Künstler:innen während der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen aufmerksam machen wollen.

Ein weißes “X” markiert eine Stelle auf dem Boden. Wenn man sich auf dem X dreht, ist der Kopf von einem zylinderförmigen Karton umgeben und man sieht schwarz. Unterbrochen wird die schwarze Leere von weißen Schriftzügen, Zitaten. „Warum schaust du denn so traurig? Bist du frisch vergewaltigt oder was?“. Plötzlich ist die Leere nicht mehr so leer, die Worte springen einem fast ins Gesicht. Dabei ist das nur ein Kommentar von vielen.

„Dieses bedrängende Gefühl und die Ohnmacht, die eine:n da überkommt. Unzensiert und schutzlos. Genau das soll ein bisschen mitschwingen, wenn man in diesen Zylinder reingeht“, erklärt Luisa Krätzschmar, die Ausstellungsdesign an der FH studiert. In diesem Teil der Wanderausstellung „Galerie gegen Sexismus“, die bis zum 8. Dezember im Foyer der FH JOANNEUM in Graz anzufinden ist, wollen die Studierenden das Gefühl vermitteln, das viele Mädchen verfolgt, wenn ihnen nachts am Heimweg nachgerufen wird.

Studierende bei der Eröffnung der Galerie Gegen Sexismus – Foto: Lena Matuschik
Studierende bei der Eröffnung der Galerie Gegen Sexismus – Foto: Lena Matuschik

Galerie Gegen Sexismus

Catcalls of Graz, ein Verein zur anti-sexistischen Bewusstseinsbildung, hat gemeinsam mit elf Studierenden des FH-Masterstudiengangs Ausstellungsdesign die inzwischen vierte „Galerie gegen Sexismus“ auf die Beine gestellt. Über die erste im Jahr 2021 hat die Annenpost berichtet.

Die Galerie ist eine der Initiativen während der “16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen”, die jedes Jahr zwischen dem 25. November und dem 10. Dezember stattfinden. Auch das offizielle Graz beteiligt sich an der Kampagne, heuer unter anderem mit den Plakaten #grazstehtauf. Catcalls of Graz hat es sich zur Aufgabe gemacht, meist über Instagram zugesandte Catcalls – also verbale sexuelle Belästigung in Form von anzüglichem Rufen, Pfeifen, Kommentieren – auf der Straße anzukreiden und auf Social Media öffentlich zu machen. „Möglichst viele Leute müssen sich damit konfrontieren. Wir wollen mit relativ niederschwelligen Aktionen aufzeigen, wie schwerwiegend und tief verankert dieses Problem eigentlich ist. Wie und wo überall Sexismus auftritt“, so Lara Amhofer von den Catcalls über die Galerie. Die Studierenden haben eine Ausstellung gestaltet, in der die Themen Alltagssexismus, Sexismus am Arbeitsplatz, Sexismus in den Medien und der Male Gaze behandelt werden. „Wir haben ein zentrales Element in den Raum gebracht, und zwar das große Schwarze X, das symbolisch für das „Nein“ stehen soll“, erklärt die Studentin Lisa-Marie Petzold. „Als zweites Element dafür haben wir das Gerüst eingesetzt, welches auch symbolisch für das Konstrukt des Patriarchats steht.“

Galerie Gegen Sexismus – Foto: Lena Matuschik
Galerie Gegen Sexismus – Foto: Lena Matuschik

Klappe auf statt Klappe zu

Wer in nächster Zeit einen heimischen Kinobesuch plant, wird auf eine weitere Initiative junger Grazer stoßen. Gemeinsam mit dem Verein Frauenhäuser Steiermark und DVOTA, haben die beiden FH-Studierenden Fabian Ifkovich und Christoph Wanderer eine Video-Kampagne unter dem Motto “Respekt ist keine Schwäche” gedreht, die von 24. November bis 18. Dezember in fast allen Kinos Österreichs zu sehen ist. „Wir wollten nicht etwas Extremes darstellen, obwohl viele Leute glauben, dass das am Anfang von Gewalt an Frauen steht. Wir wollten schon vorher ansetzen und diesen Startpunkt festhalten. Die Leute sollen checken: Okay, es gibt Grenzen, die überschritten werden, schon bevor ein Mann dann wirklich einmal zuschlägt.“, erzählt Christoph.

Die fünf Kinospots behandeln unterschiedliche Formen der Gewalt an Frauen. Vier Opfer und ein Täter erzählen dabei ihre Geschichte. Infos hat das Frauenhaus geliefert und Konzept, Drehbuch und Regie haben die Studierenden übernommen. „Das Coole am Medium Video oder Film ist, dass diese Bewegtbilder und der Sound die Leute emotional viel krasser abholen können als ein Standbild“, erklärt Christoph. „Außerdem erreichst du mit Kinospots auch Leute, die du mit der normalen Öffentlichkeitsarbeit oft nicht erreichst. Das Frauenhaus hat auch eine Kooperation mit dem SK Sturm, die Spots werden dann auch im Stadion gespielt“, ergänzt Fabian, der neben dem Studium am Institut für Journalismus und digitale Medien [an dem auch die Annenpost entsteht; Anm.] in der PR-Abteilung des Frauenhauses arbeitet. Nach dem Videodreh im Leibnitzer Alten Kino hieß es im Sommer für das Team erfolgreich „Klappe zu!“. Doch in Sachen Gewaltprävention und Zivilcourage heißt es mehr denn je „Klappe auf!“. Und zwar für alle.

Verein Frauenhäuser Steiermark – Foto: Gabriel Hauer
Verein Frauenhäuser Steiermark – Foto: Gabriel Hauer

Femizide: Die Frauen hinter den Zahlen

16 Tage lang sind abwechselnd leuchtende Zahlen, Buchstaben und das Frauensymbol auf der BIX-Medienfassade des Kunsthauses zu erkennen. Seit dem 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, läuft hier die Lichtinstallation „Femizide. Die Frauen hinter den Zahlen“. Erst ein Datum, ein Alter und dann ein Ort. Diese drei Informationen gehören jeweils zu einem der Opfer aller Femizide seit 2020. Das waren in Österreich 84 Frauen in den vergangenen drei Jahren. Die Künstlerinnen, fünf Maturantinnen der HTL Ortwein, haben diese Daten zusammengetragen, um gemeinsam mit dem Kunsthaus Graz der Opfern zu gedenken. „Wir wollten auch die Vornamen der Frauen auf die BIX-Fassade bringen, aber die sind nicht auffindbar“, so Melina Seifert, jetzt Tätowiererin, und Hannah Krusch-Batruel, Studierende der Studienrichtung Luftfahrt/Aviation an der FH JOANNEUM. „Diese Frauen sollten nicht vergessen werden, diese Frauen sollten kein Datum sein, kein Alter – einfach keine Zahl.“ Die Künstlerinnen wollen vor allem Aufmerksamkeit schaffen und zu Zivilcourage ermutigen. „Wir wollen Leute mit dem Frauenservice vernetzen. Es ist uns wichtig zu vermitteln, dass Gewalt keine Liebe ist.“

„Femizide. Die Frauen hinter den Zahlen“. V.l. Petra Leschanz (Frauenservice Graz), Melina Seifert (eine der Künstlerinnen), Michaela Humpel (Kunsthaus Graz) - Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek
„Femizide. Die Frauen hinter den Zahlen“. V.l. Petra Leschanz (Frauenservice Graz), Melina Seifert (eine der Künstlerinnen), Michaela Humpel (Kunsthaus Graz) – Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

 

Titelbild: Verein Frauenhäuser Steiermark – Foto: Gabriel Hauer

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