Gernot Passath über Wirbeln, Kunst und Nachdenken

Lesezeit: 2 Minuten

Die Klimawandel-Plakate sind druckbereit, aber am Lendwirbel ausstellen kann sie Gernot Passath nicht. Er gibt Einblicke, wie er als Künstler die momentane Situation wahrnimmt, was er der Krise Positives abgewinnen kann und was er beim Lendwirbel vorhat(te).

Von Simone Hauser und Vilja Schiretz

Im Atelier in einem alten Bauernhaus nahe Graz entsteht Grafik, größtenteils Illustrationen. Davor hat der studierte Infodesigner im Künstlerkollektiv Das Voyeur gewirkt. Wenn Gernot Passath einmal aus seinem Atelier hinauskommt, dann um Wände und Räume zu gestalten, für Jugendliche Kunst-Workshops zu veranstalten oder um in Lend zu wirbeln. Doch um Wände, Workshops und Wirbeln steht es derzeit schlecht.

Auftragslos und ohne Plan

Als selbstständiger Künstler ist Gernot Passath jetzt “auftragslos und ohne Plan”. Aber er findet die Zeit auch “ganz cool”, wie er erzählt: ,,Man hat Zeit, über das System nachzudenken, wie fragil es eigentlich ist.” Die Maßnahmen der Regierung sieht Passath als gerechtfertigt; dass die Corona-App freiwillig bleibt, beruhigt ihn: ,,Der Überwachungsstaat sollte nicht ausgebaut werden. Man sieht am Beispiel Ungarn, wie weit das gehen kann.”

Gernot Passath selbst wäre eigentlich bis Herbst mit Aufträgen ausgelastet gewesen. Auf künstlerische Arbeiten verzichten seine KundInnen in finanzieller Notlage allerdings als erstes. ,,Bei den Leuten hat das nicht unbedingt Priorität”, so Passath.

Abgesagte Konzerte und geschlossene Museen bedeuten für die gesamte Kunstszene große finanzielle Einbußen. Viele KünstlerInnen suchen daher nach Lösungen, wie sie ihre Kunst online sichtbar machen können. “Aber die meisten sind es eh gewohnt, mit wenig Geld zu leben”, fügt Passath hinzu. Laut einer Studie im Auftrag des Kulturministeriums aus dem Jahr 2018 ist mehr als ein Drittel aller KünstlerInnen in Österreich armutsgefährdet.

Das Sterben der Erde

Wie in den Vorjahren hätte er auch heuer am Lendwirbel eine Open Street Gallery geplant. KünstlerInnen stellen Werke für eine öffentliche Ausstellung zur Verfügung, Passanten dürfen mitnehmen, was ihnen gefällt. Den Preis des Kunstwerks bestimmt der Käufer. “Die Leute sollen selbst darüber nachdenken, was es ihnen wert ist, dass jemand für sie Kunst schafft.” 

Weiters hat Passath für den Lendwirbel bereits druckfertige Plakate zum Thema Klimawandel entworfen. Angelehnt an die fünf Sterbephasen nach Elisabeth Kübler-Ross beschreibt er die wechselnden Gefühle eines Menschen zur langsamen Zerstörung der Erde. Erst versucht jener, die negativen Veränderungen zu leugnen, langsam stellt sich aber Zorn und der Wunsch, die Katastrophe abzuwenden, ein. Es folgen eine Phase des Verhandelns mit sich selbst und Experten und eine Zeit der Depression. Schließlich nimmt Passaths Protagonist den Klimawandel schulterzuckend zur Kenntnis. Der Betrachter des Plakats kann sich selbst die Frage stellen, in welcher dieser Phasen er sich befindet und ob die “Zustimmung” tatsächlich das Ziel dieser emotionalen Reise sein sollte. Aufgrund der Absage des Lendwirbels, die der Künstler “mega schade” findet, wird sich diese Gelegenheit aber erst im Herbst bieten. 

Passaths Plakate sind druckfertig. Foto: Gernot Passath

Zuhause kreativ werden

Menschen, die jetzt selbst kreativ werden wollen, rät Passath, sich Zeit zu nehmen und mit Dingen, die man bereits zuhause hat, zu experimentieren. Sein Tipp ist es, Materialien zu verwenden, mit denen man immer schon einmal arbeiten wollte und die man interessant findet.

Vor allem sollte man sich nicht zu viele Gedanken um das Ergebnis machen. Leichter ist es, wenn die Motivation von innen heraus kommt und die Arbeit Spaß macht: “Es ist nicht sinnvoll, zu sagen, man macht jetzt Kunst. Es ist sinnvoll, etwas zu machen, auf das man Bock hat.” 

 


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