bunte Maske mit Katzenmotiv

Bunt maskiert durch die Corona-Krise

Lesezeit: 4 Minuten

Die Maskenpflicht begleitet uns in vielen Lebensbereichen: beim Einkaufen, in den öffentlichen Verkehrsmitteln und teilweise auch beim Arbeiten. Viele Projekte im Annenviertel wollen durch bunte Masken diesen grauen Alltag aufhellen.

Seit November 2013 betreibt Anna Gerlitz-Ottitsch das kleine Geschäft Nest der Tiger in der Feuerbachgasse. Aufgrund der Corona-Krise, hat sie nun ihr Sortiment erweitert und bietet neben selbstgemachten Taschen und Röcken auch Mundschutzmasken an, die über ein Online-Formular ganz einfach von zu Hause aus erworben werden können. „Ich habe mir die Zeit, in der das Geschäft geschlossen ist, eigentlich ganz ruhig vorgestellt. Aber als eine befreundete Ärztin einen Hilfeaufruf gepostet hat, wusste ich, dass ich etwas machen muss“, sagt Anna. Bis Ostern wurden ihre selbstgemachten Masken ÄrztInnen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Für Privatpersonen ist es möglich, maximal zwei Masken gegen eine freiwillige Spende zu erwerben. „Ich will jedem die Möglichkeit geben, bei mir einzukaufen, auch Leuten, die sich meine Preise normalerweise nicht leisten können“, sagt Anna. Die Waage zwischen Personen, die nur sehr wenig geben konnten und anderen, die sehr viel gespendet haben, habe sich bisher gut gehalten. Manchmal war sogar ein kleiner Schoko-Osterhase im Spendenkuvert. Wenn jemand mehr als zwei Masken haben möchte, bezahlt er 15 € pro Stück. Auch auf spezielle Sonderwünsche geht Anna gerne für einen kleinen Aufpreis ein.

Die zweilagigen Masken bestehen aus reiner Baumwolle und sind bei 60 Grad waschbar Foto: Anna Gerlitz-Ottitsch

Anfragen-Tsunami

Mit dem Bekanntwerden der Maskenpflicht und ihrem Beitrag bei „Guten Morgen Österreich“ am 31. März wurde eine regelrechte Flut an Bestellungen ausgelöst. Sogar aus Nachbarländern und von großen Unternehmen habe Anna bereits Anfragen erhalten. Bevor sie das Online-Formular hatte, bekam sie Bestellungen über sieben verschiedene Kommunikationskanäle und verbrachte oft Stunden mit dem Beantworten der Nachrichten. „Im Online-Formular erfrage ich auch das spätestmögliche Lieferdatum, um zu sehen, ob sich das bei mir ausgeht“, sagt Anna. Die Masken werden entweder per Post versandt oder können im Shop in der Feuerbachgasse abgeholt werden.

In einer Stunde schafft die erfahrene Näherin etwa vier Masken. In besonders stressigen Zeiten half ihr eine Nachbarin beim Zuschneiden. „Es kann sein, dass es ab 17 Uhr frei verfügbare Masken im Shop gibt, wenn ich schneller nähe, als erwartet“, sagt Anna. Man habe dadurch täglich die Chance, sich überraschen zu lassen.

 

Im Online-Formular kann man auch angeben, welches Motiv man gerne hätte
Foto: Anna Gerlitz-Ottitsch

Trockentraining

„Ich habe das Gefühl gehabt, ich spüre Corona schon viel früher“, erzählt Anna. Schon einige Zeit bevor man in Österreich von Geschäftsschließungen gesprochen hat, haben Annas KundInnen bereits anders eingekauft. Die Leute waren verunsichert und Anna hat dadurch auch ihre eigenen Erwartungen heruntergeschraubt. Sie habe sich gedacht „Egal was passiert, ich freue mich über jedes verkaufte Stück und schaue, was am Ende rauskommt.“ Sie nennt das „Trockentraining“. Solange sie Freude an den Produkten hat und diese auch weitergeben kann, fühlt sie sich sicher. Für die Zukunft lässt sie sich aber alles offen. „Wenn es gut geht, freue ich mich total, wenn es schlecht geht, habe ich schon geübt.“

Bunt durch die Krise

Ganz nach dem Motto „Bunt durch die Krise“ nähen derzeit auch die Näherinnen der ERfA Nähwerkstatt. Auch hier wurde der Entschluss, Masken zu produzieren, sehr schnell nach der Schließung des Geschäfts Frei_stil by ERfa gefasst. „Wir wollten aber nicht irgendwelche Masken machen“, erklärt die Projektleiterin Cornelia Bâ. „Wir stehen mit unseren Projekten und Produkten für Vielfalt und arbeiten daher auch mit sehr bunten, afrikanischen Stoffen.“

Die Masken sind einlagig, da der Stoff sehr dicht ist, und in zwei verschiedenen Größen erhältlich (Kind/Erwachsener) Foto: Claudia Bâ

Für den Verein ERfA war es besonders wichtig, die Masken zu einem fairen, sozialen Preis von 5 € pro Stück anzubieten. „Wir wollen die Krise nicht nutzen, um uns zu bereichern“, erklärt Bâ. Alle Einnahmen fließen wieder ins Projekt. Sie verstehe aber auch, dass es selbständigen Designern, deren Existenz von den Einnahmen abhänge, nicht möglich ist, die Masken so billig anzubieten. Der  billige Preis und die Maskenpflicht führten dazu, dass bereits vier Tage nach dem offiziellen Start der Maskenproduktion am 3. April ein erster Bestellstopp eingelegt werden musste. „Als kleines Team war das für uns nicht mehr umsetzbar“, sagt Bâ.

Selbst eine erfahrene Näherin brauche etwa 15 Minuten für eine Maske. Aufgrund des Mindestabstands in der Werkstatt können nur drei Näherinnen gleichzeitig vor Ort arbeiten. Weitere drei nähen derzeit in Heimarbeit. „Wir bringen die Nähpakete zu ihnen und holen die fertigen Masken wieder kontaktlos ab“, erzählt Bâ. Der Versand erfolgt im Raum Graz kostenlos durch den Verein, ansonsten werden die Masken mit der Post versandt oder können im Shop in der Belgiergasse abgeholt werden. Sie glaubt, dass die erste Welle an Masken bald vorbei sein wird, uns die Masken im Alltag allerdings noch länger begleiten werden. „Wir werden auf jeden Fall einen Vorrat an Masken produzieren, weil man nicht weiß, wie sich die Situation entwickelt.“

Sprung ins kalte Wasser

„Da wir subventioniert sind, schweben unsere Projekte nicht in unmittelbarer Gefahr“, erklärt Maria Ulm. Sie ist seit 1. April die neue Geschäftsführerin des Vereins ERfA. Die  Exil-Steirerin trifft die Krise besonders hart. Als sie sich für die Stelle im Dezember beworben hat, um nach 24 Jahren in ihre Heimat zurückzukehren, konnte noch niemand mit den veränderten Umständen rechnen. Eigentlich wollte sie zuerst alle Projekte und Mitarbeiter des Vereins in Ruhe kennenlernen. „Jetzt ist es so, dass wir beim ersten Kennenlernen schon planen müssen, ob es eventuell Veränderungen im Job geben könnte“, erklärt Ulm. Aber sie sieht die Krise auch als Chance für den Verein. Vor allem die niederschwellige Sozialarbeit könnte durch die Krise wichtiger werden. Die SoziallotsInnen des Vereins helfen unter anderem bei Bewerbungen, besuchen ältere oder kranke Personen oder begleiten Menschen zu Ämtern.

Sowohl Cornelia Bâ als auch Anna Gerlitz-Ottitsch sind sich im Klaren darüber, dass ihre Masken nicht die Tragenden schützen, sondern andere. „Auch wenn die Meinungen stark auseinander gehen, wie wirksam die Masken sind, wollen wir als Nähwerkstätte so unseren Beitrag leisten“, erklärt Bâ. Wichtig sind trotz Mund-Nasen-Schutz immer noch das Abstandhalten und regelmäßiges Händewaschen. Weitere wichtige Tipps zum Umgang mit Masken findet ihr im Video.

Infobox

Nest der Tiger

Feuerbachgasse 10/1, 8020 Graz

Öffnungszeiten: Mi, Do, Fr 11-14, 15-19 Uhr

Bestellungen nur über das Online-Formular

Frei_stil by ERfA

Belgiergasse 6, 8020 Graz

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-16 Uhr

Bestellungen nur telefonisch unter 0664 88313565

Eine Übersicht über andere Anbieter in Graz und Umgebung findet ihr hier

 

 

 

Teetrinkende Hundefanatikerin mit Hang zum Sarkasmus und Liebe zu fremden Ländern, Chaos und Musical-Filmen.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

13 − 9 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Mit Hip-Hop durch die Corona-Zeit

Nächste Geschichte

Gernot Passath über Wirbeln, Kunst und Nachdenken

Letzter Post in POLITIK & WIRTSCHAFT