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Neue FH-Mensa: Wird es gut?

in POLITIK & WIRTSCHAFT von

 

Der global operierende Facility- Konzern ISS versucht einen Neustart der FH-Kantine in Eggenberg. Wie nachhaltig wird der Betrieb, wie gesund das Essen?

Seit dem Sommersemester 2020 gab es an der FH Joanneum keine Mensa mehr. Die Corona-Krise machte es unmöglich, einen regelmäßigen Kantinenbetrieb aufrechtzuerhalten. Nun ist es wieder soweit, knapp zwei Jahre nach Schließung findet am 27.02 die Neueröffnung der “großen” FH Kantine statt, rechtzeitig zum Start des Sommersemesters. Die Leitung der Kantine übernimmt die Firma ISS unter ihrer Gastro-Marke „Taste´njoy“. 

ISS ist ein internationaler Konzern mit mehr als 350.000 Mitarbeiter:innen, der sogenannte „Facility Services“ in Unternehmen und Einrichtungen anbietet. Darunter versteht man die Bereitstellung von Dienstleistungen im Bereich Reinigung, Security, Mitarbeiterverpflegung oder Technik. Die Entscheidung, die ISS als nächsten Mensa-Betreiber zu genehmigen, lag in den Händen von dem Gebäudeeigentümer der FHJ Graz und der Stadt Graz. Weder die Geschäftsführung der FH noch der Nachhaltigkeitsbeirat hatten einen Einfluss. 

An der FH wird „Taste´njoy“ für Mittags- sowie Zwischenverpflegung sorgen, wie es im Caterer-Slang heißt. Es wird zwei Menü Linien geben, eine davon vegetarisch oder vegan. Außerdem gibt es  täglich ein Buffet sowie eine “Live Cooking Station”,  an der auch klassische Wok Gerichte angeboten werden.

„Wir glauben, dass es genau die richtige Zielgruppe für unsere modernen Essenskonzepte ist“, sagt Simon Schieferer zum Neustart. Er hat erst im Jänner die Leitung der österreichischen „Food Service“ Abteilung übernommen. International catert ISS für Unternehmen, aber zum Beispiel auch für Krankenhäuser. In Österreich sind sie sowohl in Produktionsfirmen wie beispielsweise Magna in Graz als auch Bildungsstätten wie dem Wifi in Wien tätig. Ziel für Graz sei es, möglichst nachhaltige Essensverpflegung anzubieten.

Salatbuffet
Ein Einblick ins Salatbuffet am Tag der Neueröffnung.- Foto: Marie Hattenberger

Die Umsetzung einer nachhaltigen Mensa

Aber geht das überhaupt – einen nachhaltigen Kantinenbetrieb für Studierende und Lehrende mit völlig unterschiedlichen Erwartungen und Geschmäckern einzurichten? „Es gibt Faktoren, die bei nachhaltiger Essensversorgung beachtet werden müssen“, verrät Ulrike Seebacher. Dazu zählen unter anderem ein größeres Angebot pflanzlicher Speisen und weniger Fleisch. Weiters soll auch die Produktion der eingesetzten Lebensmitteln möglichst nachhaltig sein. Und es ist auf die Minimierung von Abfall zu achten, sagt Seebacher, die an der FH die Forschungsgruppe Nachhaltige Lebensmittelsysteme koordiniert.

Das Umsetzen dieser Faktoren ist aus mehreren Gründen nicht immer einfach.  „Das Wort Nachhaltigkeit und was man darunter versteht, ist mehr oder weniger eine Utopie. Es ist ein normatives Konzept, welches zur Orientierung dienen soll. Die Umsetzung einer nachhaltigen Kantine funktioniert systemischer“, sagt Harald Friedl, Professor für Gesundheitsmanagement und Tourismus an der FH Joanneum und Mitglied des Nachhaltigkeitsbeirats. „Klar wäre es wünschenswert für die Umwelt, eine Kantine zu gestalten, die pflanzenbasierte Ernährung anbietet und kein Plastik verwendet. Das ist aber nicht realistisch und auch nicht finanziell nachhaltig für die Betreiber.“ Es sei wichtig, sowohl die Zielgruppe als auch die finanziellen Faktoren im Überblick zu behalten. „Wenn ich eine Zielgruppe habe, die gerne Fleisch isst, wird es nicht viel bringen, eine vegane oder vegetarische Kantine umzusetzen. Das führt nur zu Kundenverlust“, sagt Friedl. Nur durch balancierendes und strategisches Anpassen der soziokulturellen, ökonomischen und ressourcenschonenden Faktoren gelingt es mit der Zeit, nachhaltig zu werden.

Lebensmittelmanagement als Maßnahme

Die Leitung der neuen Kantine hat auch schon einige Strategien, um eine nachhaltige Entwicklung schrittweise zu ermöglichen. „Wir sind Teil der österreichischen Community United Against Waste. Uns werden Trackingsysteme zur Verfügung gestellt, die Überproduktion, aber auch Foodwaste von Kunden nach einem Büffet messen“, so Schieferer von ISS. Konkret ist damit gemeint, einerseits mit Hilfe der Trackingsysteme die Menge überproduzierter Speisen zu erfassen, damit möglichst wenig Lebensmittelabfall produziert wird. Andererseits will man herausfinden, um wieviel Kund:innen sich durchschnittlich, beispielsweise bei einem Buffet, zu viel auf den Teller nehmen. „Oft kommt es vor, dass man sich zu viel auf den Teller schöpft, dadurch entsteht viel Foodwaste. Wir möchten die Statistiken, die wir dazu bekommen, auch an die Kunden und Kundinnen weiter kommunizieren, um mehr Aufmerksamkeit auf Lebensmittelverschwendung zu ziehen“, so Schieferer.

Auch Verpackung ist ein großes Thema

Ob das für einen ersten Schritt reicht? „Der Vorbote der neuen Mensa in der Alten Poststraße wurde schon wegen der Verpackungen stark kritisiert“, sagt Ulrike Seebacher. Sie sieht die Entwicklungen der Mensen eher kritisch. Die neue Kantine werde sich jedenfalls beweisen müssen, denn dort werde mit viel Einweggeschirr und Verpackungsmaterial gearbeitet.

„Verpackung ist speziell in der Student:innen-Verpflegung, ein Riesenthema, weil die Zwischenverpflegung einen Großteil unseres Geschäfts ausmacht“, erklärt Schieferer dazu. Um dem Problem entgegenzuwirken, werden die Verpackungsmaterialien zu 97.3% aus Maisstärke produziert. „Das wird man auch zukünftig auf den Materialien zu lesen bekommen“, so Schieferer. Außerdem wird es in der neuen Kantine möglich sein, sich einmalig Essensbehälter zu kaufen, die man dann wiederverwenden kann. 

Gesunde Ernährung ist nachhaltige Ernährung

Und wie gesund kann Kantinenessen sein? Eine gesunde Kantine könne man, sagt Harald Friedl, in drei Richtungen definieren. Zum einen muss das Essensangebot gesund für die Konsument:innen sein, darf also nicht viel Fett und Zucker beinhalten. Weiters sollte der Betreiber auf die Gesundheit der Angestellten achten. Drittens sollte die Kantine gesundheitsfördernd fürs ganze System sein. Damit ist die ganzheitliche Nachhaltigkeit nach Außen gemeint. „Man sollte auf das Wohl der Bauern und Essensproduzenten achten. Ebenfalls auf das Wohl der Tiere, idealerweise sollte man davon überhaupt wenige verwenden“, so Friedl.

Auch Seebacher betont, wie wichtig eine rein pflanzliche Ernährung ist, denn die Umstellung der Ernährungsweise spielt eine große Rolle in Bezug auf eine nachhaltige Essensversorgung. 

Auch dazu hat sich ISS ein Konzept überlegt, wie Manager Schieferer erklärt. Man habe sich  der „Cool Food Pledge“ angeschlossen. Cool Food Pledge ist eine Community, die sich mit der Reduktion von Treibhausgase in der Essensversorgung auseinandersetzt. Alle, die Cool Food Pledge beitreten, verpflichten sich, bis 2030 die Treibhausgase ihres Unternehmens um 25% zu reduzieren. Daher hat ISS auch eine eigene Food Linie gestartet, die „Power Plant“ genannt wird. Dabei geht es darum, Gerichte zu entwickeln, die rein pflanzlich sind und auch die Gesundheit fördern. Es soll, so Schieferer, „die Kraft der Pflanze auf den Teller bringen“. Ziel ist es, Kunden und Kundinnen zunehmend von veganen und vegetarischen Speisen zu überzeugen und den Umstieg auf eine pflanzliche Ernährung zu fördern. Solche Gerichte sollen auch auf dem Menüplan in der FH stehen. 

Die ersten Besucher
Die ersten Besucher trudeln ein. -Foto: Maria Hattenberger

Aller Anfang ist schwer

Wie nachhaltig wird also der Betrieb der neuen Mensa, wie gesund das Essen? „Man sollte auch Kantinen eine zweite Chance geben. Es ist unmöglich, alles auf einmal richtig zu gestalten, da das Prinzip der Nachhaltigkeit sehr komplex ist“, sagt Nachhaltigkeitsexperte Friedl. Es wird sich also erst im Laufe der Zeit zeigen, ob die Bedingungen einer nachhaltigen Essensversorgung schrittweise erfüllt werden – oder eben nicht.

 

Titelbild: Die Küche der FH-Mensa – Foto: Lauren Foster

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