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Pflegeheime: Skype statt Familienbesuch

in SOZIALES von

Musikantenstadl am Beamer, Brettspiele und skypen mit der Familie. Wir haben die Pflegeheime im Annenviertel gefragt, wie es der Risikogruppe über 65 Jahren derzeit geht.

„Die meisten BewohnerInnen bleiben lieber im Zimmer und diese müssen wir psychisch mehr betreuen. Da die Angehörigen nicht kommen dürfen, brauchen sie mehr Zusprache, insofern ist es die psychische und seelische Begleitung, die einen Mehraufwand für unsere Mitarbeiter bedeutet“, erzählt Christina Zigeuner, Pflegedienstleiterin in der adcura Stadtresidenz in Graz-Lend, am Telefon.

Sämtliche Bereiche in unseren Leben sind derzeit von der Corona-Krise und ihren Auswirkungen überschattet. Die Situation trifft auch die rund 918 Alten- und Pflegeheime in ganz Österreich hart. Die MitarbeiterInnen in den Seniorenresidenzen sind besonders gefordert, zählen doch Menschen über 65 Jahre sowie Personen mit chronischen Vorerkrankungen zur Risikogruppe.

Kontaktloses Treffen mit den Angehörigen. – Foto: SeneCura

Schutzmaßnahmen und Verdachtsfälle

Eine potentielle Gefahrenquelle für die BewohnerInnen, sich mit COVID-19 zu infizieren, sind laut Patrick Helmer, Hausleiter im SeneCura Pflegeheim Graz-Lend, die Mitarbeiter: „Wir haben hier sehr strenge Hygienevorschriften. Das beginnt bei der Händedesinfektion und wir haben schnell reagiert, dass alle Mitarbeiter einen Mundschutz tragen.“ Sollte eine Infektion auftreten, sei man vorbereitet. Dem Pflegeheim stehen sogar hochwertige FFP2-Masken zur Verfügung.

Einen weiteren Unsicherheitsfaktor sieht Christina Zigeuner auch in der Risikogruppe selbst: „Sie dürfen nicht eingesperrt werden. Es gibt auch BewohnerInnen, die hinausgehen und danach vergessen oder nicht fähig sind, adäquate Hygienemaßnahmen einzuhalten.“ Es sei derzeit ihr tägliches Spiel, diese gleich abzufangen, wenn sie zurückkommen, um gemeinsam die Hände zu waschen und ihre Kleidung zu wechseln.

Sowohl in der adcura Stadtresidenz wie im SeneCura Pflegeheim gab es bereits einen Verdachtsfall. Infizierte Personen hatten beide Einrichtungen noch keine. „Der Verdachtsfall hat etwas Positives gehabt, dadurch konnten wir das Ganze einmal durchexerzieren, mit Isolationsmaßahmen und dergleichen. Das hat alles reibungslos funktioniert“, sagt Patrick Helmer.

Musikantenstadl und Brettspiele

Da derzeit keine BesucherInnen in die Pflegeheime kommen dürfen, erhöht sich der Pflegeaufwand für die MitarbeiterInnen. Um den Tagesablauf der BewohnerInnen abwechslungsreich zu gestalten, lassen sie sich immer wieder neue Aktivitäten einfallen. Zum Beispiel spielen sie in kleineren Gruppen Brettspiele, machen Gedächtnisarbeit oder Fitness. Vor allem die Einzelbetreuung hat stark zugenommen, um die Sicherheitsabstände zu gewähren und damit es auch im Heim zu keinen Massenansammlungen kommt. In der adcura Stadtresidenz setzt man auch auf Gesprächstherapie und Aromapflege.

In beiden Pflegeheimen gibt es Mitarbeiter, die hauptsächlich zur Beschäftigung der BewohnerInnen da sind. Das Team des SeneCura Pflegeheims spielt, zur Unterhaltung der SeniorInnen, „Musikantenstadl“ oder „Klingendes Österreich“ über einen Beamer ab. Durch eine Zusammenarbeit mit der Diözese und dem Netzwerk Vergissmeinnicht können sie den BewohnerInnen einen demenzfreundlichen Gottesdienst zeigen.

Die Mitarbeiter im Pflegeheim unterstützen die Bewohner im Umgang mit der Technik. – Foto: SeneCura

Familienbesuche via Skype und Telefon

Die Pflegeheime unterstützen die BewohnerInnen auch bei der Kommunikation mit ihren Angehörigen. Ein SeneCura Mitarbeiter läuft den ganzen Tag mit einem Tablet herum und organisiert Skype-Sessions für die BewohnerInnen. Trotz anfänglicher Bedenken des Heimleiters läuft es gut und auch die Angehörigen sind dankbar für die Möglichkeit: „Ich habe gedacht, Videokonferenzen sind für schwere Demenzpatienten keine Option, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Auch wenn das Gespräch nur zwei Minuten dauert; wichtig ist, dass es in dem Moment ein positives Erlebnis für die Person ist“, sagt Helmer.

Auch in der adcura Stadtresidenz können die BewohnerInnen skypen, Christina Zigeuner sagt: „Skypen ist schon ein Thema für vereinzelte, aber wir haben kein Geriss darum. Es erfordert technische Voraussetzungen, die viele Angehörige nicht haben. Telefonieren ist auf jeden Fall noch wichtiger.“

Natürlich können diese Maßnahmen den persönlichen Kontakt zu Familenangehörigen nicht ersetzen, aber so können die BewohnerInnen zumindest den Kontakt halten. Man wird sehen wie lange diese Einschränkungen noch nötig sind, da die Regierung bereits über eine mögliche Lockerung des Besuchsverbots nachdenkt.

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