Chiala-Obmann Kamdem Mou Poh á Hom mit dem afrikanischen Stadtplan für Graz.

AfriGraz-Stadtplan: Alltagsleben jenseits von Afrika

Lesezeit: 4 Minuten

Rund 2500 Menschen afrikanischer Herkunft leben in Graz, der Großteil von ihnen in den Bezirken Gries und Lend. Doch nur wenige kennen diese Seite der Stadt. Der gemeinnützige Verein Chiala d´Afriqas am Griesplatz hat nun mit der Methode des „kollektiven Kartierens“ einen Stadtplan erstellt, der dieses „afrikanische Graz“ sichtbar machen soll.

Chiala-Obmann Kamdem Mou Poh á Hom mit dem afrikanischen Stadtplan für Graz.
Chiala-Obmann Kamdem Mou Poh á Hom mit dem afrikanischen Stadtplan für Graz.

„Dieses Projekt war enorm wichtig – für uns alle, für die gesamte African Community“, sagt Chiala-Obmann Kamdem Mou Poh à Hom. Der gebürtige Kameruner lebt seit 1995 in Graz und hat sich ganz der Arbeit im Verein verschrieben. „Gerade die frisch nach Graz gezogenen Afrikaner brauchen unsere Unterstützung“, sagt er und meint damit die Hilfestellungen bei Problemen im Alltag, die der Verein leistet.

Eines dieser Probleme ist die Orientierung in der Stadt, die für viele Mitglieder der Community, gerade wenn sie frisch angekommen sind, ein Hindernis im Alltag darstellt. In den beiden Mapping-Workshops des Vereins, in denen afrikanische Mütter und Väter an der Erstellung der Karte mitwirkten, fiel Kamdem auf, dass Stadtpläne für einige Teilnehmer gewöhnungsbedürftige Hilfsmittel sind. Sie orientieren sich stattdessen an örtlichen Auffälligkeiten, an einem Lokal zum Beispiel, statt sich über Straßennamen zu orientieren. In diesen beiden Workshops, die unter Mithilfe des Instituts für Geografie und Raumforschung der Grazer Uni ausschließlich für die African Community gestaltet wurde, befassten sich die TeilnehmerInnen intensiver mit ihrem Lebensraum in Graz. Auf der im Rahmen dieses Projekts mit dem schönen Titel „AfriGraz“ entwickelten Stadtkarte sind jetzt die wichtigsten Treffpunkte und Aktionsräume der Community eingezeichnet, aber auch solche, an denen es besonders häufig zu rassistischen Übergriffen kommt. Für die Öffentlichkeit erstmals sichtbar gemacht wurden diese bei einem Stadtrundgang durch den Gries, den das Chiala Ende Oktober anbot. Die Karte selbst ist auch im Chiala erhältlich.

Auch sonst ist das Chiala bemüht, mit einigen Projekten zur Pflege afrikanischer Kultur beizutragen. Veranstaltungen wie das alljährliche Afrikafestival im Augartenpark im Juni, Filmabende, Lesungen, Ausstellungen, Anti-Rassismus-Workshops an Schulen sowie Diskussionsrunden über aktuelle afrikaspezifische Themen bilden das Portfolio, das nicht nur die African Community, sondern auch die Grazer anlocken soll. Den ÖsterreicherInnen soll mit diesen Events die Möglichkeit geboten werden, die afrikanische Kultur näher kennenzulernen und ihr gegenüber aufgeschlossener zu werden. „Diskriminierung resultiert in den meisten Fällen nur aus Vorurteilen. Das wollen wir ändern. Jeder Mensch hat ein gewisses Bild von Afrika und seinen Menschen. Wir wollen zeigen, wie dieses Bild in Wirklichkeit aussieht.“

Auch afrikanische Kleidung wird im Mama Lee angeboten.
Auch afrikanische Kleidung wird im Mama Lee angeboten.

Ägypten, Nigeria und Ghana – das sind die häufigsten Herkunftsländer der AfrikanerInnen in Graz. Die African Communities stellen eine sehr junge Bevölkerungsgruppe. Rund ein Drittel ist jünger als 30 Jahre. Auch wenn viele von ihnen Maturaniveau oder einen Universitätsabschluss haben, werden ihre Qualifikationen in Österreich oftmals nicht anerkannt. Der Verein Chiala d´Afriqas nimmt sich u.a. solcher Problemfälle an. Er wurde im September 2002 gegründet – von AfrikanerInnen für AfrikanerInnen, als offenes Forum des Dialogs und interkulturellen Austausches. Hauptaufgabe des Vereins ist es, sie in ihrem Integrationsprozess zu unterstützen. „Letztes Jahr haben wir an die 3000 Beratungen durchgeführt, davon der Großteil Sozialberatungen“, so Kamdem Mou Poh à Hom.

„Wir führen Telefonate, füllen Anträge für sie aus, begleiten sie bei Behördenwegen und bereiten sie direkt auf die Wohnungssuche oder ein Bewerbungsgespräch vor. Viele bleiben lange im Asylverfahren und erhalten keine Arbeitsbewilligung. Für sie ist es natürlich besonders schwierig. Eine schnellere Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber sowie ein leichterer Zugang zu Ausbildungen wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.“

Insgesamt sind mehr als zwanzig afrikanische Vereine in Graz tätig. Unter ihnen unter anderem die Esan Gemeinde Graz in der Papierfabrikgasse, zwei Igbo-Vereine in der Kernstockgasse, oder der Kamerun Verein Steiermark in der Zweiglgasse. Außerdem sind zehn afrikanische Kirchen unterschiedlicher Konfessionen in der Stadt zu finden, etwa die House of Prayer Mission in der Herrgottwiesgasse, Viens et vois am Leonhardplatz oder die Bethel Prayer Ministers International am Karlauplatz.

Der afrikanische Friseursalon Mama Lee möchte vom Angebot her genauso vielfältig sein wie die African Community selbst.
Der afrikanische Friseursalon Mama Lee möchte vom Angebot her genauso vielfältig sein wie die African Community selbst.

Und schließlich gibt es natürlich eine ganze Reihe afrikanischer Shops, Lokale und Restaurants, zum Beispiel das Omoka in der Keplerstraße, den Afro-Südamerika-Shop in der Elisabethinergasse und vor allem Mama Lee, der einzige afrikanische Friseursalon der Stadt, in der Feuerbachgasse, in dem auch Kosmetik und Lebensmittel angeboten werden. Das Café Nil in der Lazarettgasse, in dem regelmäßig afrikanisch gekocht wird, dient als Treffpunkt für afrikanische Jugendliche und die Musikszene, während „Meet me there“, ein afrikanisches Restaurant am nördlichen Ende des Griesplatzes mit österreichischen und afrikanischen Speisen auf kulturellen und kulinarischen Austausch setzt.

Im "Meet me there" stehen sowohl österreichische als auch afrikanische Speisen zur Auswahl.
Im „Meet me there“ stehen sowohl österreichische als auch afrikanische Speisen zur Auswahl.

Ob sich die Integration in den letzten 20 Jahren verbessert hat? „Die Anzahl der NGOs hat sich zwar erhöht, aber Rassismus ist nach wie vor ein massives Problem“, sagt Kamdem. Es gibt heutzutage auch mehr Migranten als noch vor 20 Jahren. Dementsprechend bleibt die Situation schwierig. Die Politik, Schulen und NGOs sind hier genauso gefordert wie wir, Aufklärungsarbeit zu leisten. Das gilt auch für die Drogenproblematik, die zwar nur einen kleinen Prozentsatz betrifft, die man aber dennoch in den Griff bekommen muss. Wir unterstützen die Leute gerne, aber im Gegenzug müssen sie auch bereit sein, uns zu unterstützen. Nur so können wir ein Zeichen setzen für ein besseres Leben.“

[box]Kontakt Chiala:
Griesplatz 13
8020 Graz
0316 / 72 46 83
office@chiala.at

Öffnungszeiten:
Mo, Di, Mi 09:00-14:00 Uhr
Donnerstag 09:00-16:00 Uhr[/box]

Ein riesengroßer Radiofreak, der über die Meteorologie in den Journalismus gestolpert ist. Kommuniziert bis zum Umfallen. Am liebsten über's Mikrofon, aber gerne auch hier über die Annenpost. Weiß auch, wie das Wetter wird und liegt damit immer richtig. Naja, fast immer.

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