Verstehen jenseits von Krieg und Migration

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Das ukrainische Festival “WAITING FOR…” lädt ab Dienstag Grazer:innen ein, den Zustand des Wartens zu erkunden – durch Kunst, Austausch und universelle Gefühle, die verbinden. 

„Für mich bedeutet Warten die Möglichkeit zu haben, die Zukunft zu planen“, sagt Künstler Anton Tkachenko.  Der Krieg hat ihn gezwungen seine Heimat, die Ukraine, zu verlassen. Nun lebt er seit knapp einem Jahr in Graz. Tkachenko ist Teil des Projekts „Office Ukraine“, das nach Österreich geflüchtete Künstler:innen vernetzt und unterstützt. Gemeinsam mit seinen Kolleg:innen möchte er sich mit dem Zustand des Wartens befassen und Erfahrungen kreativ erforschen. Nastia Khlestova, Kuratorin bei „Office Ukraine“, und ihr Team wollen das von 3. bis 7. Dezember im Theater im Bahnhof mit Grazer:innen teilen.

Zwischen Ungewissheit und Kreativität

Das „Office Ukraine“ Graz lädt seit 2022 jeden Dezember zu einer Veranstaltung. Dieses Jahr sollte es aber kein Weihnachtsmarkt, sondern ein Festival sein. Ein neuer Rahmen, um in Graz angekommene Künstler:innen besser in die lokale Kunstszene zu integrieren. Auf dem Programm stehen eine Diskussionsrunde und Buchvorstellung, Live-Performances und Ausstellungen. Die Themen sind so gewählt, dass sie jede:n betreffen. „Es ist keine einzigartige Erfahrung, die nur Ukrainer:innen machen. Man wartet jeden Tag auf irgendetwas. Nur das Ausmaß und die Bedeutung können unterschiedlich sein“, sagt Nastia auf Englisch. Dabei sei nicht gemeint, eine Grenze zwischen Ukrainer:innen und Österreicher:innen zu ziehen. Vielmehr will man die Erfahrungen von Krieg und Migration für Menschen, die das nie erlebt haben, zugänglich machen. Und auch andersherum. „Es geht darum, einander jenseits von politischen Situationen und unterschiedlicher Vorgeschichte zu verstehen. Es geht um die universellen Gefühle, die uns als Menschen verbinden“, so Nastia.

Veranstaltungs-Grafik von Office Ukraine“: Eine Anspielung auf das Verbringen von Wartezeit.

Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 befinden sich Ukrainer:innen permanent in diesem Zustand. Sie warten auf Klarheit und Sicherheit, auf Dokumente und Zulassungen. Für Anton ist das nicht negativ, sondern etwas Neues: „In der Zeit nach der Invasion, als ich noch in der Ukraine lebte, war Warten gar nicht möglich – es ließ sich nichts planen, alles geschah einfach so.“ Nastia empfindet Warten grundsätzlich als neutralen Zustand. „Ob positiv oder negativ, ist abhängig davon, wie man diesen Zeitraum gestaltet“, sagt sie.

Das Warten wird sichtbar

Während der gesamten Festivalwoche wird es das interaktive Ausstellungs-Lab „Warteraum“ geben – inspiriert von Aufenthaltsräumen in Bahnhöfen. Anton Tkachenko verwandelt zusammen mit anderen ukrainischen Künstler:innen einen der Theaterräume in ein temporäres Atelier. Sie tauschen sich mit Besucher:innen über ihre Erfahrungen mit dem Warten aus und schaffen daraus Kunstwerke direkt vor Ort. Mit Fotografie, Textil, Grafik, Malerei und Sound wollen sie auf die Erzählungen antworten und sie gemeinsam aufarbeiten. Eine zentrale Frage dabei wird sein: Was tut man, während man wartet? „Auch in der bildenden Kunst wartet man – meist darauf, dass eine neue Schicht getrocknet ist“, sagt Anton. Er ist gespannt auf das Verhalten der Besucher:innen während dieses Prozesses.

Das Ausstellungs-Lab ist darauf ausgerichtet, auf die Fertigstellung zu warten. „Die Finissage wird der einzige Zeitpunkt sein, an dem die Ausstellung vollständig ist“, erklärt Anton. 

Titelbild: Nastia Khlestova und Anton Tkachenko bei einer Ausstellung – Foto: PR „Office Ukraine“

Infobox
Ein Projekt von: „Office Ukraine“ und Theater im Bahnhof

Eröffnung: 03. Dezember 18:00 Uhr im Theater im Bahnhof Graz, Elisabethinergasse 27a. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Hi! Ich bin Alba und komme aus München. Dort habe ich Abitur gemacht und eine duale Ausbildung zur Eventmanagerin abgeschlossen. Seit September 2024 lebe ich im schönen Graz und studiere JPR an der FH JOANNEUM.

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