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Ein neuer Raum für afghanische Gastfreundschaft

in SOZIALES von

In der Babenbergerstraße hat Masomah Regl mit ihrem Verein Fivestones ein neues Zentrum eröffnet. Dort können Afghan:innen und Grazer:innen zusammenkommen und mögliche Vorurteile aus dem Weg schaffen.

Von Theresa Kahr, Moritz Jauck, Alina Kaufmann, Laura Kerschbaumer

Ein rot gemusterter Teppich liegt ausgebreitet am Boden, darauf eine Schale Nuqol, mit Zuckerguss umhüllte Mandeln, die für die Gäste bereitgestellt sind. Zimmerpflanzen füllen die Winkel des sonst noch bescheiden möblierten Raumes, ein Flugdrachen aus Papier mit der Aufschrift “FIVESTONES” ziert die Wand. Mit solchen Drachen wird das afghanische Neujahr in Form von Wettbewerben und Kämpfen eingeleitet. Damit ist der Raum, der hier in der Babenbergerstraße 41 entstehen soll, gut abgesteckt: ein Ort der Gastfreundschaft und des kulturellen Austausches.

“Wir würden gerne ein Ort sein, der verschiedene Orte und Kulturgüter zusammenbringt”, sagt Masomah Regl über die neue Location. Sie ist Koordinatorin des Vereins und hat ihn 2018 mitbegründet. Gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfer:innen will sie einen Raum schaffen, in dem all die Afghan:innen, die in den letzten Jahren nach Graz gekommen sind, Ansprache, Verständnis und Spaß finden. Zudem soll der neue Standort dazu beitragen, Vorurteilen gegenüber Migrant:innen entgegenzuwirken. Infoabende stehen ebenso am Programm wie Yogakurse für Frauen, Computerkurse und Filmabende. Diese Angebote gelten sowohl für Afghaner:innen als auch für Grazer:innen.

 

Die Betroffenen erzählen

Masomah, selbst gebürtige Afghanin, lebt seit ihrer Kindheit in Österreich und arbeitete als Dolmetscherin bei der Knapp AG in Graz. Mit schweren Verletzungen konnte sie einst dem Krieg in ihrer Heimat entkommen und unterstützt nun andere Geflüchtete. Als Referentin für Integration im Büro von Stadtrat Robert Krotzer (KPÖ) weiß sie nur allzu gut, wie sehr es Räume wie diesen braucht. Die Stimmung in der Gesellschaft sei großteils negativ gegenüber den Neuankömmlingen, die unterschiedslos für “Vergewaltiger, Drogendealer und Sozialschmarotzer“, jedenfalls für schwach und unmündig gehalten würden.

Diese Erfahrung mussten einige Mitglieder:innen des Vereins, der nach einem afghanischen Kinderspiel mit fünf Steinen benannt ist, auch selbst machen. Obwohl er bereits seit 22 Jahren in Österreich lebt, werde er nach wie vor aufgrund seiner Herkunft verurteilt, erzählt etwa Fereydun Zahedi, der als Sozialbetreuer und Dolmetscher in Graz arbeitet. Erst vor Kurzem hätten zwei ältere Herrschaften im Zug absichtlich vor ihm über Menschen ausländischer Herkunft gelästert. Dies mache den Alltag noch schwerer, der ohnehin durch die täglichen Nachrichten über Gewalt und Tod aus dem Heimatland belastet ist.

 

Masomah Regl und Fereydun Zahedi im neuen Zentrum von Fivestones. – Bild: Theresa Kahr

 

Hoffnung durch Aufklärung und Gemeinschaft

Fivestones ist nicht das erste Projekt, das versucht, Integration erlebbar zu machen. Nicht immer gelingt, was gut gemeint ist. “Es braucht Arbeit und Offenheit von beiden Seiten!”, sagt Masomah zu den Erfolgsfaktoren. Die Wichtigkeit von Initiativen wie Fivestones betont  Migrationsexpertin Brigitte Kukovetz vom Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Universität Graz und empfiehlt, deren Arbeit besser abzusichern: “Man sollte von Projektfinanzierungen wegkommen hinzu Basisfinanzierungen, damit Vereine eine gute finanzielle Basis für eine längerfristige Zeit haben.”

Momentan wird Fivestones – mit Ausnahme einer kleinen Projektförderung seitens der Stadt – aus eigener Tasche finanziert. Doch Masomah hofft auf bessere finanzielle Unterstützung, damit der Verein sich zukünftig noch mehr auf seine Arbeit fokussieren kann. “Wir wollen im neuen Zentrum Dinge machen, die uns Spaß machen und die uns gut tun, und die schwere Belastung aus den Nachrichten von Afghanistan zusammen verarbeiten”,so Frau Regl.

Beitragsbild: Das neue Zentrum von Fivestones in der Babenbergerstraße – Bild: Moritz Jauck

Afghanisches Drachenfest
Wer sich für die afghanische Kultur interessiert, besonders für Flugdrachen, ist am Mittwoch, den 26. Oktober 2022, beim Drachenfest in Kalkleiten genau richtig. Das Drachenfest, das von Gunda Bachan seit 2002 organisiert wird, beginnt für die ganze Familie mit einem Drachenbau-Workshop um 11:00 Uhr, am Nachmittag werden dann die Drachen gegen den Himmel steigen. Zur Stärkung gibt es heiße Maroni und Safran Tee.
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