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Fotoschau am Bahnhof: Powerfrauen aus Afghanistan

in KULTUR von

Die Fotografin Maryam Mohammadi holt in ihrer Ausstellung vor dem Hauptbahnhof 19 Grazer Afghaninnen und ihre Erfolgsstorys vor die Linse.

Von: Katharina Hofer und Franziska Jaeger

“Wir schaffen das!”, beendet Mahdieh Saberi ihre Rede zur Eröffnung der gleichnamigen Fotoausstellung am Europaplatz. Sie ist eine von 19 afghanischen Frauen, die in der Ausstellung ihre Geschichte erzählen, davon, wie sie ihre Vergangenheit hinter sich ließen und in Graz ein neues Leben aufgebaut haben. Mahdieh Saberis persönliches Ziel ist es, Psychologie zu studieren und „ihr Wissen an andere Frauen weiterzugeben“, liest sich in der Geschichte der angehenden Maturantin. Ihr Foto, das wie die Fotos der anderen 18 Frauen großformatig auf Stehern vor dem Hauptbahnhof montiert ist, zeigt sie auf einer schmalen orangenen Linie, die den Drahtseilakt zwischen Tradition und ihrem westlichen Leben darstellen soll. Sie stellt sich in ihrem Text die Frage, ob man sich denn für eine Kultur entscheiden müsse.
Shakila hingegen berichtet von Rassismus, den sie als Schulkind im Iran am eigenen Körper erfahren musste, und daher nicht mehr die Schule besuchen wollte. Daraufhin brachte sie sich selbst Lesen und Schreiben bei. Nachdem sie und ihre Familie in die Steiermark geflüchtet sind, holte sie ihren Hauptschulabschluss nach und macht jetzt eine Ausbildung zur Kosmetikerin. Auf ihrem Bild ist sie mit einem kleinen Koffer vor einer Weltkarte inszeniert, da sie die Welt sehen und bereisen möchte, unabhängig von Mann und Familie. Flugbegleiterin zu sein, sei Shakilas Traumberuf.  

Gestaltet haben die Ausstellung, die noch bis 6. November vor dem Hauptbahnhof gezeigt wird, die Fotografin Maryam Mohammadi und der Sozialhistoriker und -pädagoge Joachim Hainzl (Verein Xenos). “Diese 19 Frauen haben in kurzer Zeit ganz viel geschafft”, sagt Mohammadi nach der Eröffnung im Interview. In den Texten, die zu jedem Foto montiert sind, berichten sie nicht nur von beruflichen, sondern auch von persönlichen Erfolgen. “Es geht um Empowerment, Feminismus und Selbstbewusstsein”, sagt Mohammadi, die in Teheran Fotografie unterrichtete, bevor sie im Jahr 2009 nach Graz kam.  

Zu den meisten Afghaninnen hat die Fotografin schon seit 2015 Kontakt. Und einige der Bilder waren vor zwei Jahren auch schon bei einer Ausstellung im Kunstzentrum < rotor > zu sehen. Als Joachim Hainzl spürte, “wie viel Power in den Frauen steckt”, entschied er sich mit Mohammadi, das Projekt größer aufzuziehen und auch im öffentlichen Raum zu zeigen. Mit “Wir 28” hatte Mohammadi im Vorjahr auch schon ein weiteres Fotoprojekt für den öffentlichen Raum konzipiert und auf 28 Fahnen in der Herrengasse Frauen aus allen EU-Mitgliedsländern porträtiert. Auch mit dem Kuratieren von Ausstellungen hat Mohammadi in Graz schon Erfahrungen gesammelt.

Mehr als nur eine Ausstellung

Der 20. Jahrestag der Anschläge auf die Twin Towers in New York sowie der diesjährige Abzug der US-Truppen aus Afghanistan waren schließlich der unmittelbare Anlass für die Fotoausstellung am Hauptbahnhof. Die Tagesaktualität sei natürlich nicht geplant gewesen”, sagt Hainzl. Aktuell ist das Thema ohnehin laufend. Jedenfalls seit im Jahr 2015 viele afghanische Bürger*innen nach Österreich kamen, unter ihnen auch einige der 19 jungen Frauen. Zur Ausstellung gibt es übrigens auch ein Rahmenprogramm mit einem Rundgang (“Als Afghanin in Graz”) und zwei Diskussionsveranstaltungen.

Fotoausstellung am Europaplatz – Foto: Franziska Jaeger

Frauenpower

Die aktuelle Situation in Afghanistan sei für die Frauen belastend, da sie noch immer Familie im Land hätten, so Hainzl. Um ein Zeichen gegen die Taliban zu setzen, hätten sich einige der Frauen auch bei Demonstrationen in Graz und Wien engagiert.
„Was auch immer die Frauen erreichen wollen, es braucht gesellschaftliche Unterstützung, damit sie es schaffen“, meint Hainzl.

 

 

Infobox
Veranstaltungsübersicht:
• 18.10. – 06.11.2021 Ausstellung am Europaplatz – „Wir schaffen das!“
• So, 24.10., 13:00 – 14:30 Geführter Rundgang zum Projekt – Als Afghanin in Graz
(Treffpunkt: Europaplatz)
• Fr, 29.10., 17:00 – 19:00 Kunsttalk im Kunsthaus Graz – Kunst muss politisch sein!?
(Anmeldung unter info@kunsthausgraz.at)
• Fr, 05.11., 18:00 – 19:30 Politisches Gespräch zum Projekt
(Anmeldung bis 2.11.2021 unter 0699-10390453 oder office@verein-xenos.net)
Titelbild: Fotografin Maryam Mohammadi (rechts) und Shakila (links) – Foto: Katharina Hofer

Eine neugierige, bisschen verpeilte, aber eigentlich ganz nette Oberösterreicherin, der die Steiermark auch ganz gut gefällt.

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