Wenn Bücher Menschen verbinden

Lesezeit: 3 Minuten

Anfang Dezember wurde am Theater im Lend die erste persisch-sprachige Bibliothek der Steiermark, die Katib-Bibliothek, eröffnet.

„Heute können wir die Bibliothek eröffnen, weil wir es mit vereinten Kräften geschafft haben. Das ist der Anfang,“ sagt Fatah Farzam, der gemeinsam mit Rohullah Borhani Initiator der Bibliothek ist.

Fatah und Rohullah kam die Idee, als sie im vergangenen Sommer einen Workshop der Silent University besuchten. Edith Draxl, Leiterin des Kunst- und Kulturvereins Uni-t, hatte dazu geladen. Dabei treffen regelmäßig Asylsuchende, Migrantinnen und Wissenschafter aufeinander, um Kontakte zu knüpfen, Wissen zu teilen und „neues Wissen“ entstehen zu lassen.

Dass zu einer Universität auch eine Bibliothek gehörte, dachten Fatah und Rohullah damals, die beide 2015, ursprünglich aus Afghanistan, nach Graz geflüchtet waren und sich seither für ein besseres Miteinander ihrer und der österreichischen Kultur engagieren. Also schlugen sie Draxl vor, eine Bibliothek mit persisch-sprachigen Büchern einzurichten. Die seien in Österreich kaum verfügbar, Menschen aus dem Iran, die Farsi sprechen, und aus Afghanistan, die ihre Version des Persischen Dari nennen, könnten so ihre Sprache nicht pflegen. Draxl war von der Idee sofort begeistert und stellte 4000 € aus dem Projektbudget zur Verfügung.

Besucher der Eröffnung der Katib-Bibliothek Anfang Dezember – Foto: Habib Nazari

120 Bücher umfasst die erste steirische Farsi-Bibliothek, die Fatah und Rohullah gemeinsam mit Freunden zusammenstellten. Die Bücher können nun im Uni-t-Büro in der Strauchergasse 12a entlehnt werden. „Katib-Bibliothek“ haben die Initiatoren das Projekt benannt, das Anfang Dezember im Theater im Lend mit einer großen Feier vorgestellt wurde. „Ich hoffe, dass das ein Start ist, für einen sehr lebendigen Austausch,“ sagt Draxl bei der Eröffnung.

Der Name bezieht sich auf den berühmten afghanischen Historiker Faiz Mohammad Katib, der 1862 in Ghazni geboren wurde. Katib ist vor allem für seine fünfbändige Geschichte Afghanistans, Siraj al Tawarich, bekannt. Zu Lebzeiten arbeitete er am königlichen Hof als Historiker, bis zu seinem Ableben im Jahr 1929, als er zu Tode gefoltert wurde, nachdem er sich angeblich einem Aufstand seiner Volksgruppe gegen den König angeschlossen hatte. Mittlerweile wird Katib „Vater der Geschichte Afghanistans“ genannt, erzählt Fereydun Zahedi, Mitorganisator der Bibliothek. Weiters sagt Fereydun: „Die Namensgebung ist unser kleiner Beitrag, das große Schaffen Katibs und seinen Einsatz für das afghanische Volk zu würdigen.“

Fereydun Zahedi ist einer der Initiatoren der Bibliothek – Foto: Habib Nazari

Gewünschte Ziele

Die neu entstandene Bibliothek soll Menschen mit persischer Muttersprache in Österreich die Möglichkeit geben, die eigene Sprache zu pflegen. In Österreich gibt es kaum Bücher auf Persisch, die man sich ausborgen kann.

„Wir wollen auch zeigen, dass unsere Kultur in Afghanistan nicht nur aus Krieg und Religion und Armut besteht. Es gibt auch ein Fünkchen von Literatur und Poesie,“ sagt Masomah Regl, die die Eröffnungsfeier organisierte und moderierte. Als verletztes Kind wurde sie von einer Hilfsorganisation zu medizinischen Versorgung nach Europa gebracht und von einer österreichischen Familie adoptiert. Als Rohullah, ein Freund von ihr, ihr von dem Plan, eine Farsi-Bibliothek zu eröffnen, erzählte, war sie begeistert und half, wie viele andere Afghanen, wo sie konnte.

Die Eröffnung der ersten Farsi-Bibliothek in der Steiermark, die im Theater am Lend stattfand, war überaus gut besucht, unter den Gästen war auch der syrische Poetry-Slammer Omar Khir Alanam. Alanam trug bei der Eröffnung zwei eigene Texte vor – „Flüchtling” und „Ausländer”.

Masomah Regl, Omar Khir Alanam und Edith Draxl – Foto: Habib Nazari

Persisch-Farsi-Dari

Als Ehrengast zur Eröffnung geladen war Ibrahim Amini, ein afghanischer Poet und Schriftsteller, der ebenso aus Afghanistan fliehen musste und heute in Wien lebt, wo er weiter Gedichtbände veröffentlicht hat. Im Theater am Lend trug er aus seinem neuesten Buch persische Gedichte vor, bevor er das Buch der Bibliothek schenkte.

Amini erklärte in einem Gespräch nach dem offiziellen Programm, dass es keinen Unterschied zwischen Farsi und Dari gäbe, denn die Sprache sei die gleiche. Lediglich in der Aussprache und dem Vokabular sind einige wenige Unterschiede zu finden. Die Ausdrücke werden nur von politischer Seite verwendet, um den Iran und Afghanistan sprachlich zu einer Trennung zu bringen, die es in Wirklichkeit aber nicht gibt, so Amini.

Zukunft der Katib-Bibliothek

Künftig soll die Bibliothek beständig wachsen, vor allem wird man vermehrt versuchen, so Fatah, Werke afghanischer Autoren zu bekommen, denn derzeit sind die Werke iranischer Autoren noch deutlich in der Mehrzahl.

Infobox
Zurzeit sind die Bücher in der Uni-T auszuborgen.

Adresse: Strauchergasse 12a, 8020 Graz

Öffnungszeiten: Montag und Freitag 16 bis 19 Uhr

Facebook: KATIB Farsi Bibliothek

Telefon: 0688 84112420

Leseratte, Reisefan und Katzenliebhaberin. Sucht ständig das 'Abenteuer' und ist mindestens gleich leicht zum Faulenzen wie zum Essen zu überreden.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

18 + neun =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Ein richtiger Glückstreffer

Nächste Geschichte

Das letzte Puzzlestück

Letzter Post in KULTUR