„King“ Mustafa Ayni gibt mehr als hundert AfghanInnen Deutschunterricht. Woche für Woche. Und das, obwohl er selbst gerade erst die Sprache erlernt hat. Eine Begegnung mit einem vielbeschäftigten jungen Mann.
Von Benjamin Vollmann und Isabella Zick
Zumindest zwei Mal die Woche rauchen in der Annenstraße 64 ordentlich die Köpfe. Nämlich dann, wenn Mustafa Ayni dort seinen Landsleuten aus Afghanistan wieder einmal Deutschnterricht gibt. Die Zahl seiner SchülerInnen ist in kürzester Zeit auf mehr als 100 angestiegen.
Mit “Empathie” zum Deutschunterricht
Begonnen hat Ayni seine Initiative, die mittlerweile von der Stadt Graz unterstützt wird, im April dieses Jahres unter dem Namen „Hilfe für Hilfe“. Doch mittlerweile ist der 25-Jährige auf der Suche nach einem Titel, der besser zum Ausdruck bringt, was ihm wichtig ist. Mit breitem Grinsen fragt uns Mustafa, den wir in der Anne64 treffen, ein ums andere Mal, wie der Name „Empathie“ zu seinem Vorhaben passen würde. Er gefällt ihm einfach. „Das Wort passt so gut zu meiner Arbeit. Nur wissen leider viele Menschen nicht mehr, was es bedeutet, empathisch zu sein.“

Je nach Sprachniveau teilt er seine SchülerInnen in drei Gruppen ein. „Mit manchen lerne ich schon seit Mai nur das Alphabet und die Personalpronomen!“, lacht Mustafa. Andere kommen schneller voran, doch das Tempo ist für ihn nicht ausschlaggebend. Eines seiner großen Anliegen ist das Verständnis für die österreichische Kultur, die Sprache ist da nur ein Teil des Gesamtpakets. „In Österreich muss man pünktlich sein. Man verweigert keinen Handschlag. Das ist so, dagegen haben wir uns nicht zu wehren!”
Wenn der Lehrer zum Lerner wird
Nach Graz gekommen ist Mustafa Ayni erst vor ein paar Monaten, zuvor wohnte er in Asylunterkünften in Vordernberg und Trofaiach. Durch seine guten Englischkenntnisse – er unterrichtete Englisch in seiner Heimat – war er für viele seiner Landsleute ein Ansprechpartner für Dolmetsch-Angelegenheiten, in Trofaiach hat er sein Computerwissen gegen Deutsch-Stunden getauscht. „Alle haben immer gesagt, dass es hier so langweilig ist. Für mich war es das komplette Gegenteil – ich war dauernd beschäftigt!“ Über Unterstützung würde sich Mustafa Ayni jedenfalls freuen, zum Beispiel für den Ankauf von Deutschbüchern für seine Schützlinge. Kontakt kann man über seine Facebook-Seite aufnehmen, dort nennt er sich – ganz zu Recht – “King Mustafa Aini”.
Auch in diesen Tagen ist Mustafa, der „mit Pass und Ausweis, aber nicht über das Meer“ nach Europa kam, wieder verstärkt im Einsatz – aus Bildungsgründen: „Ich studiere an der TU Graz, irgendwann möchte ich Softwareentwickler werden. Zudem helfe ich als Sozialarbeiter in diversen Einrichtungen in Graz aus.“ Auch vor seiner Zeit in der steirischen Landeshauptstadt hat sich Mustafa Ayni im Sozialbereich engagiert: Er rief in Afghanistan nicht nur Sportklubs für Frauen und Kinder ins Leben, sondern half MitbürgerInnen auch in seiner Heimat über Sprachbarrieren.
Das kleinste afghanische Festival
Damals wie heute hat Mustafa große Pläne und wenn man ihm zuhört, bekommt man das Gefühl, dass ein Tag nie genug Stunden hat. So arbeitet er neben seinem privaten „Empathie“-Projekt auch beim „kleinsten afghanischen Festival“ von Gunda Bachan mit, das dieser Tage im Annenviertel über die Bühne geht. Neben Drachenbau-Workshops hat die Veranstaltung auch typisch afghanisches Essen sowie Vorträge über die afghanische Kultur zu bieten.