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Wenn Schubert so richtig flasht

in KULTUR von

Selten ist ein Land so von der Musik geprägt wie Österreich. Doch während Pop aus Österreich boomt wie nie, erfährt klassische Musik in der jüngeren Generation nur mäßiges Interesse. Das vor einem Jahr gegründete Landesjugendsinfonieorchester soll dem entgegenwirken.

Die Idee ein landesweites Sinfonieorchester zu gründen, hatte Eduard Lanner, Direktor des Johann-Joseph-Fux Konservatoriums in der Nikolaigasse, schon lange. Doch bisher stellten Organisation und Finanzierung eine zu große Herausforderungen dar, um diese Idee auch umzusetzen. 2016 sagte das Bildungsreferat des Landes Steiermark jedoch überraschend zu, das Projekt mit einem Budget von 186.000 Euro für die nächsten vier Jahre zu unterstützen. Gemeinsam mit der Kunstuniversität Graz, dem Johann-Joseph-Fux Konservatorium und den steirischen Landesmusikschulen gründete das Land schließlich im Frühjahr 2017 das Landesjugendsinfonieorchester – kurz LJSO. Nach einem Probejahr will das Orchester nun durchstarten und mit zahlreichen Konzerten und einer Reise zum Istra Music Festival in Poreč, Kroatien, das Publikum begeistern.

Der „richtige Mann“ fürs LJSO

Mit Thomas Platzgummer als Dirigent war der „richtige Mann“ schnell gefunden, um das neue Prestige-Projekt des Landes zu leiten. Seit Jahren arbeitet er mit Lanner zusammen und hat sich als musikalischer Leiter des Konservatorium-Orchesters bewährt. Die Arbeit mit dem neuen Orchester empfindet der gebürtige Vorarlberger als äußerst spannend. „Die Begeisterung ist bei den jungen Musikern noch sehr hoch“, erklärt Platzgummer. „Das erste Mal im Stefaniensaal mit einem Orchester von hundert Leuten aufzutreten, das flasht die Jugendlichen total.“

Dirigent Thomas Platzgummer freut sich über die Zusammenarbeit mit den Nachwuchs-MusikerInnen – Foto: Darko Todorovic

Dass ein Projekt wie das LJSO vom Land finanziell unterstützt wird, ist laut Dirigent Platzgummer ohne Zweifel gerechtfertigt: „Es ist langfristig eine tolle Investition. Etwas Sinnvolleres für die Gesellschaft gibt es fast nicht. Bereits nach einem Jahr merken wir, was für eine Breitenwirkung das Projekt hat.“

Eine Investition in die Zukunft

Immer wieder ist in den Medien vom Orchestersterben die Rede, davon, dass das Publikum nicht mehr zu klassischen Konzerten kommt. Laut Platzgummer muss man sich darum in Österreich aber noch keine Sorgen machen. „Das betrifft meiner Meinung nach eher kleinere Städte. Besonders merkt man es in Deutschland und Ungarn. Es kann natürlich auch in Österreich passieren“, erklärt er. Das Fördern der jungen MusikerInnen ist aber eine gute Art dem entgegenzuwirken, denn durch junge Orchester wird auch ein jüngeres Publikum angesprochen. Nicht nur Platzgummer ist froh über die Investition, sondern auch die 78 MusikerInnen des LJSO, denn die Kosten für Probenwoche und Reise werden vom Vier-Jahres-Budget des Landes und von privaten Sponsoren finanziert. „Die MusikerInnen sammeln Erfahrung, werden aber nicht bezahlt. Deshalb ist es gut, dass sie bei den Reisekosten unterstützt werden“, findet Platzgummer.

Es wird gefordert und gefördert

Die MusikerInnen des LJSO kommen zu je einem Drittel von der Kunstuniversität Graz, vom JJF-Konservatorium und von den steirischen Landesmusikschulen. Vor allem das hohe Niveau und die Zusammenarbeit mit gleichaltrigen Musikern loben die Teilnehmer. Durch andere Orchester kennen sich viele der Teilnehmer bereits.

Die jungen Talente werden von der Orchesterleitung und den Dozenten auch ordentlich gefordert. „Ich denke, bei diesem Programm werden wir musikalisch an unsere Grenzen gehen müssen, um es einwandfrei zu meistern“, meint Florian Pollross, einer der ersten Trompeter des Orchesters. Für die MusikerInnen ist das LJSO der erste Schritt in Richtung Orchesterkarriere. Von anderen Projekten der steirischen Musikinstitutionen unterscheidet sich das LJSO vor allem durch das hohe klassische Niveau, trotz des niedrigen Altersdurchschnitts von 19 Jahren. „Wir spielen sehr anspruchsvolle Stücke, die auch mit den InstrumentallehrerInnen lange vorher vorbereitet werden“, meint Raphael Kogler, Horn-Schüler am JJF-Konservatorium. „In einem Blasorchester ist man als Blasmusiker der Mittelpunkt des Geschehens, in einem Sinfonieorchester hat man dafür das ein oder andere Mal eine herausstechende Soloposition.“

2017 durfte das LJSO bereits in der ausverkauften Grazer Oper konzertieren – Foto: Land Steiermark

Natürlich befindet sich das Orchester noch in der Anfangsphase, im Vergleich zur großen Schwester – dem Landesjugendblasorchester –, das bereits seit zehn Jahren besteht und schon etliche Wettbewerbe auf internationalem Niveau gewonnen hat. An Wettbewerben teilzunehmen, schließt auch Dirigent Platzgummer nicht aus. Obwohl das Orchester erst in der Anfangsphase ist, zeigt er sich mit dem bisherigen Erfolg des LJSO sehr zufrieden. „Es ist schon ein Wahnsinn, wie vom ersten auf das zweite Jahr das Niveau und die Projekte gestiegen sind. Es gibt eine Konzertreise und wir dürfen im Stefaniensaal spielen“, freut sich Platzgummer.

Ein Programm für höchste Ansprüche

Bevor es auf Konzertreise geht, unterzieht sich das LJSO einer Probenwoche in Schladming. In der intensiven Probenzeit wird das anspruchsvolle Programm erarbeitet und anschließend bei fünf Konzerten in Slowenien, Kroatien und natürlich in der Steiermark präsentiert. „Die Stücke sind sehr herausfordernd, leicht haben wir es uns nicht gemacht. Das Programm soll schon so sein, dass man nicht gähnt, bevor der erste Ton gespielt wird,“ erklärt Platzgummer lachend. Dass das durchaus ernst gemeint ist, sieht man an der Programmauswahl. Mit Werken wie Schuberts “Romeo und Julia” und Bernsteins “Symphonic Dances from West Side Story” ist jedes Register gefordert.

Konzerttermine
29. Mär: Konzert im Congress Schladming, 04. Apr: Gastkonzert in Ljubljana, 05. Apr: Istra Music Festival, 04. Nov: Orchesterkonzert Bad Radkersburg, 05. Nov: Konzert mit dem Musikverein für Steiermark im Stefaniensaal Graz

*Titelbild: CP-Pictures Graz

Wahlgrazerin aus Oberösterreich, die für Game of Thrones und Pizza alles stehen und liegen lassen würde. Hat sich auch als Musikerin probiert, drückt sich mittlerweile aber lieber durch Texte als durch Musik aus.

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