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Neues Jahr – Neues Glück?

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Mitte November wurde ein neues, strengeres Wettgesetz für die Steiermark beschlossen, das am 1.1.2018 in Kraft tritt. Was bedeutet das für die vielen Wettlokale, die in Graz besonders konzentriert in Lend, Gries und Eggenberg aufzufinden sind?

Die Fenster des Lokals sind foliert, nur schwach schimmert  eine Lichterkette von der Straße durch und erinnert daran, dass Adventsonntag ist. Schlager aus der Jukebox in der Ecke besingen bessere Zeiten und ein lustloses Raunen, das durch die Runde geht und das Schweigen durchbricht, lässt auf eine schlechte Wettentscheidung der drei Herren an der Bar schließen. Nur wenige Meter entfernt,  auf der anderen Straßenseite, verfolgt eine Gruppe junger Männer dasselbe Fußballspiel. Parallel dazu noch etliche Tabellen, die über den aktuellen Stand von Spielen in aller Welt informieren und über riesige LED-Bildschirmen flimmern. Bis auf die Leuchtreklame haben die Lokale wenig gemeinsam. Strahlt das erste Eckkneipen-Charme aus, erinnert das andere mit seiner sterilen Halle an eine Hotellobby. Die beiden Orte stecken ganz gut das Image ab, das Wettlokale in der Öffentlichkeit haben – da steht das Bild von zwielichtigen Gestalten, die in verrauchten Hinterzimmern halblegalen Geschäften nachgehen, in starkem Kontrast zu anderen Wettdiensten, die im Fernsehen von Stars beworben werden und in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Auch in der Sportkultur sind Wettanbieter etabliert, wie die vielen Kooperations- und Sponsorenverträge zeigen. So spielt zum Beispiel „Cashpoint SCR Altach“ in der „tipico Bundesliga“.  

Kein Glücksspiel

Ähnlich heterogen wie ihr Ruf ist auch die Gesetzeslage betreffend Sportwetten. Grundsätzlich ist ihr Abschluss und die Vermittlung nicht vom geltenden Glücksspielgesetz erfasst. Das Bundesgesetzes zur Regelung des Glücksspielwesens vom 28. November 1989 besagt: „Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.“ Sportwetten hingegen, können mit Wissen und Hintergrundinformation beeinflusst werden und sind deshalb nicht rein zufällig. In Österreich werden Wetten von neun verschiedenen Landesgesetzen geregelt, die stark voneinander abweichen. In den letzten Jahren kam es in einigen Bundesländern zu wesentlichen Neuerungen. So wurde in Wien 2016 ein De-facto-Verbot von Live-Sportwetten, höherer Jugendschutz und eine Besteuerung von Wett-Terminals beschlossen. Auslöser war unter anderem die steigende Popularität von Live-Wetten, nachdem das kleine Glücksspiel verboten wurde. Nach diesem Beispiel verabschiedete  auch der steirische Landtag am 14.11.2017 einstimmig ein neues Wettgesetz, um den Schutz der Wettkunden zu verbessern. Diese Änderung wurde von Suchtexperten weitgehend begrüßt und war laut KPÖ, welche sich schon länger für eine Verschärfung des Gesetzes einsetzte, längst überfällig. Der Österreichische Buchmacherverband kritisierte in einer offiziellen Stellungnahme, dass „überschießende und sachlich nicht gerechtfertigte Regelungen das Gegenteil dessen, was der Gesetzgeber als Ziel seiner Regelung vor Augen gehabt hat, bewirken“ und „sich das Geschäft allenfalls in die Illegalität bzw. in das Internet verlagert und der grundsätzlich zu bejahende Schutz von Kunden völlig verloren geht“.

Änderung ab Neujahr

Ab dem 1.1.2018 müssen sich Wettkunden, die ein Wettterminal bedienen und deren Einsatz einen Betrag von über 50 Euro übersteigt, nach Vorlage eines Lichtbildausweises eine laufend nummerierte Wettkundenkarte ausstellen lassen. Das soll gefährdete Spieler vor existenzbedrohenden Handlungen schützen. Zusätzlich sollen die Wettunternehmer entsprechend geschulte Berater zur Verfügung stellen, welche bei Vermutung einer Wettsucht aufklären und die Kundenkarte in letzter Konsequenz sperren. Der österreichische Buchmacherverband kritisiert an dieser Stelle, dass „der damit verbundene administrative Aufwand bei kleinen und Kleinsteinsätzen absolut nicht gerechtfertigt sei“. Nebenbei wird darauf verwiesen, dass es in anderen Bereichen wie Lotto oder bei Rubbellosen durchaus möglich ist, größere Beträge ohne Verwendung einer Kundenkarte zu setzen.

Zudem schränkt das neue Gesetz die Möglichkeiten der Livewette ein, so kann in Zukunft nur noch auf das Endergebnis eines Spiels gewettet werden, auf das Zwischenergebnis, sowie darauf, welche Mannschaft im Fußball oder Eishockey das nächste Tor erzielt. Spezialwetten über den genauen Spielverlauf, wie zum Beispiel, wer das nächste Foul begeht oder wer den nächsten Eckball erhält, sind in Zukunft verboten. Laut Monika Lierzer, Leiterin der Fachstelle für Glücksspielsucht Steiermark, eine richtige Entscheidung, da Livewetten ein hohes Suchtpotenzial haben. „Ähnlich wie beim Glücksautomatenspiel kann man hier immer nachlegen und versuchen,  sich das Verlorene zurückzuholen. Der Wettkunde ist permanent in das Spiel verwickelt und neigt zu schnellen, impulsiven Einsätzen.“

Auch die Wettterminalabgabe wurde neu geregelt. So werden in Zukunft anstatt der bisherigen 1.100 €, nur noch 175 € vom Land Steiermark eingehoben. „Die Senkung der Abgabe soll dazu beitragen, dass sich Wettkunden im Rahmen unserer landesgesetzlichen Regelungen bewegen und nicht in den illegalen Markt abrutschen oder zum wenig reglementierten Internet-Angebot wechseln“, so SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz und Landtagsabgeordnete Alexandra Pichler-Jessenko (ÖVP) gegenüber der APA. Eine Änderung, die auch laut Mitarbeiter der tipwin-Filiale in Eggenberg nötig ist:  „1.100 € sind komplett unrealistisch und können niemals durch ein Terminal erwirtschaftet werden, was manche dazu geführt hat, das Gesetz zu umgehen.

Hälfte der Wetten finden online statt

Ob sich das neue Gesetz auf das Wettgeschäft im Viertel auswirken werde? „Die Leute werden immer wetten, die Frage ist nur wo“,  so ein Mitarbeiter eines Admiral-Lokals in Gries. Viele Wettkunden und Buchmacher kritisieren, dass Verschärfungen auf Landesebene bloß dazu führen, dass sich das Geschäft ins Internet verlagert, wo ausländische Wettanbieter freier agieren können und teilweise wenig Kundenschutz gegeben ist. Laut Spielsuchtexpertin Lierzer finden in Österreich ca. 50 Prozent der Wetten online statt. Dass sich der Markt gänzlich dorthin bewegt, hält sie für eher unwahrscheinlich, da Lokale als sozialer Treffpunkt andere Typen von Kunden ansprechen als Internetanbieter. 

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