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Hinschauen statt wegschauen

in SOZIALES von

Menschen helfen einander – das wollen die Caritas Steiermark, Akademie Graz und Diözese Graz-Seckau mit ihrem Projekt „Die Kunst des Helfens“ zeigen. Im Zeitraum vom 27. April bis zum 3. August, wollen sie anhand von zehn Rundgängen zu 30 ausgewählten Orten des Helfens, auf die Armut in Graz hinweisen und darauf aufmerksam machen, wie sie entsteht und wie man sie bekämpfen kann.

„Alle Menschen sind frei und mit Rechten und Würde geboren.” Mit diesen Worten beginnt die Eröffnungsfeier des Projekts „Die Kunst des Helfens” im Marianum. Vermittelt wird diese Botschaft musikalisch von einem Kinderchor. „Wir alle sind gleich und wir alle haben die gleichen Rechte.” Diese Botschaft  zieht sich durch den ganzen Abend. Junge und alte Leute sind gekommen, um sich anzuhören, was Armut bedeutet und was man dagegen tun kann. Begrüßt werden die Besucher vom Generalvikar Erich Linhardt, dem Direktor der Caritas Herbert Beiglböck, der Veranstalterin Astrid Kury, dem Literaten Georg Oberhumer und drei Künstlerinnen, Iris Andraschek, Marlene Hausegger und Ursula Kiesling. In einem feierlichen Rahmen wird über den Ablauf des Projekts gesprochen und erklärt, was hinter der Kunst des Helfens steckt.

Entstanden ist das Projekt „Die Kunst des Helfens“ im Zuge des Jubiläums der Diözese Graz-Seckau, die heuer ihr 800-jähriges Bestehen zelebriert. In Kooperation mit der Caritas Steiermark, der Akademie Graz und weiteren 20 Partnern wurde das Projekt ins Leben gerufen. „Grundlage ist die Überzeugung, dass Menschen einander helfen und auch wenn gesellschaftliche Grundhaltungen oft in den Vordergrund gestellt werden, ist laut vielen Wertestudien die Hilfsbereitschaft und der Humanismus für uns Menschen trotzdem noch am wichtigsten“, erzählt Astrid Kury, die Veranstalterin und Kuratorin des Projekts, mit dem auf die Armut und die Vielfalt des Helfens in Graz hingewiesen werden soll. „Die vielen Hilfseinrichtungen in Graz sowie die Ehrenamtlichkeit werden ins Licht der Öffentlichkeit gestellt, aber gleichzeitig wollen wir zeigen, dass es nicht leicht ist zu helfen, wie es auf der anderen Seite nicht leicht ist, sich helfen zu lassen.“

Wie arm ist das Land?

Hilfe anzunehmen fällt vielen Menschen in unserer Ellbogengesellschaft nicht leicht. „Wer gibt schon gerne zu, dass es einem schlecht geht oder dass man arm ist?“, sagt Doris Kampus, die Landesrätin für Soziales. „Sich selber einzugestehen, dass man sich in einer schweren Lebenssituation befindet und es nicht mehr alleine schafft, ist eine hohe Kunst.“ Projekte wie dieses, bringen das Thema Armut aus seinem Eck heraus und rücken es ins Licht der Öffentlichkeit. In der Steiermark ist nämlich nicht alles gut rund 170.000 Menschen sind von Armut betroffen. Die Arbeitslosigkeit, die zwar in den letzten Jahren immer weiter gesunken ist, ist nicht der einzige Faktor, der Menschen in einen Notstand versetzen kann. Iris Eder, Leiterin der Beratungsstelle für Existenzsicherung der Caritas erzählt: „Der Kostenfaktor steigt ständig an und das Einkommen der Menschen wird nicht dementsprechend angepasst. Ein Beispiel wäre der Wohnungsmarkt in Graz. Um sich eine Wohnung leisten zu können, reicht die Mindestsicherung nicht aus, man muss also von seinem eigenen Lebensbedarf etwas abzwicken. So fehlt einem jedoch woanders wieder das Geld und die Spirale dreht sich immer weiter nach unten.“

Beim Postkartenprojekt beantworteten Steirer und Steirerinnen was sie reich und was sie arm macht – Foto: Katharina Russold

Verschiedene Zugänge des Helfens

Unterstützung kann man in Graz in den unterschiedlichsten Hilfseinrichtungen bekommen. Für das Projekt werden 30 davon ins Licht gerückt, außerhalb der Landeshauptstadt kommen noch sechs weitere hinzu. 17 davon sind im Annenviertel zu finden.Wir haben uns für diese Auswahl entschieden, denn 30 ist eine schöne runde Zahl, von Haus aus könnten es viel mehr sein. Die Frage war nur, was schafft man im Rahmen des Möglichen und der Aufmerksamkeitsspanne“, sagt die Veranstalterin über den Auswahlprozess. Im Zuge des Projekts sollen zehn Themenwege in Graz und zwei weitere in der Steiermark zu den besagten Orten führen. Bei jedem dieser Rundgänge macht man sich auf die Reise zu den unterschiedlichsten Hilfseinrichtungen in Graz, um besser nachvollziehen zu können, was es eigentlich bedeutet arm zu sein. Man bekommt dafür Einblicke in Hilfsstätten, lernt Situationen kennen, in denen Menschen geholfen wird, und kommt mit Betroffenen in Kontakt. Wo Worte fehlen, um etwas auszudrücken, wird mit Kunst und Kultur nachgeholfen. Mit künstlerischen Beiträgen und Fotos soll auf eine spielerische Art und Weise auf die Schwierigkeiten und Verwicklungen aufmerksam gemacht werden. So zierte man zum Beispiel die Außenfassade des Innenhofs des Sozialzentrums Marianum im Bezirk Lend mit großen aufgemalten Flicken, um auf das ständige Flicken des sozialen Lebens anzuspielen.

 

Im Sozialzentrum Marianum packen rund 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit an. – Foto: Katharina Russold

Den Blick auf Schwächere werfen

In der Mariengasse 24, einige Gehminuten vom Esperantoplatz entfernt, hat das Marianum seinen Standort. Für das Projekt diente das Sozialzentrum nicht nur als Austragungsort der Eröffnungsfeier, sondern stellt auch einen Ort der Begegnung und des Austausches dar. Von außen ist schon ersichtlich, was in diesem großen Gebäude vonstatten geht. Über der Eingangstür befindet sich nämlich ein Gemälde des heiligen Vinzenz von Paul, der sich um die Kranken und Armen kümmert. Auch beim Betreten des Sozialzentrums, springen die vielen Hilfsangebote des Hauses ins Auge: Ein Open-Learning-Center im Erdgeschoss, ein Hinweis auf die Essensausgabe und die Ambulanz im Nebengebäude, eine Flüchtlingsbetreuung im zweiten Stock und die Beratungsstelle für Existenzsicherung im ersten. Für Menschen in Not ist besonders die Möglichkeit auf Unterstützung und eine kostenlose Beratung wichtig. Im Gespräch mit einem zuständigen Mitarbeiter erfahren hilfsbedürftige Menschen wie sie aus ihrer Notsituation herauskommen können. Die Leiterin der Beratungsstelle weist vor allem darauf hin, dass jedem in einer schweren Lebenssituation geholfen werden muss und das nicht nur in monetären Notständen, sondern auch bei Problemen wie der Einsamkeit. „Es ist wichtig solche Dinge ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und nicht wegzuschauen.“

 

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