Sicher durch das Grazer Nachtleben

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Clubs, Partys und Veranstaltungen sind für viele Menschen kein sicherer Ort: Insbesondere Frauen, People of Color, queere Menschen oder Menschen mit Behinderungen erleben dort immer wieder Diskriminierung. Ihre Erfahrungen werden jedoch häufig ignoriert oder nicht ernst genommen. Aus Angst meiden sie solche Orte oft. Genau hier setzt der Verein awaGraz an.

Der Begriff „Awareness“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Bewusstsein“ oder „Achtsamkeit“. In der Veranstaltungs-Szene steht er für präventive und reaktive Maßnahmen, die diskriminierendes oder übergriffiges Verhalten im Vorfeld verhindern sollen und vor Ort eine Anlaufstelle bei Problemen bieten.

Laut einer Umfrage der Vienna Club Commission haben 65 Prozent der Befragten schon einmal übergriffiges Verhalten im Wiener Nachtleben erlebt. Am häufigsten: Sexuelle Belästigung, verbale Angriffe und physische Übergriffe. Für Wien gibt es konkrete Zahlen, für Graz fehlen sie. Dennoch zeigen Erfahrungsberichte, dass auch hier Übergriffe im Nachtleben stattfinden.

„Ausgehen soll Spaß für alle bedeuten“

Das ist das Motto des Vereins awaGraz. Offiziell gibt es ihn seit zwei Jahren, er basiert jedoch auf einem länger bestehenden Awareness-Konzept des Vereins Sub bei der Keplerbrücke. „Wir haben schnell gemerkt, dass dieses Konzept nicht nur für einen Ort, sondern für die ganze Stadt wertvoll sein könnte“, berichtet David Ulrich vom Verein. Ein Kernteam aus sechs bis sieben Personen kümmert sich um die Organisation, und ein Pool von 50 Mitarbeiter:innen unterstützt bei Veranstaltungen.

Ein Abend mit Awareness

Der Großteil der Awareness-Arbeit passiert im Vorfeld: Veranstalter:innen kündigen an, welche Regeln beim Feiern gelten, und machen deutlich, dass der Veranstaltungsort ein sogenannter Safe Space sein soll: ohne Sexismus, Rassismus, Homophobie oder andere Diskriminierungsformen. Diese Haltung wird nach außen kommuniziert und kommt bei den Besucher:innen an.

Trotzdem ist bei Veranstaltungen ein Awareness-Team vor Ort, das bei Problemen ansprechbar ist: Etwa bei übermäßigem Alkoholkonsum, sexualisierter Gewalt, Diskriminierungserfahrungen oder wenn jemand einfach einen sicheren Rückzugsort und ein offenes Ohr braucht. Der Fokus liegt auf der Prävention: Im Idealfall entstehen so erst gar keine größeren Probleme.

Nur ein Nischenthema?

Obwohl Daniel Ulrich eine positive Veränderung in der Bewusstseinsbildung in Graz beobachtet und immer mehr Veranstalter:innen sich mit dem Thema auseinandersetzen, bleibt die Arbeit oft schwer greifbar – auch für politische Entscheidungsträger:innen. Es wird zu wenig darüber gesprochen, zu wenig geforscht und es fehlen die Kapazitäten für Veränderungen auf kulturpolitischer Ebene.

Ein Blick nach Wien zeigt, dass es auch anders gehen kann: Der Wiener Landtag hat kürzlich eine Änderung des Veranstaltungsgesetzes beschlossen. Bei Events mit mehr als 300 Besucher:innen und bestimmten Rahmenbedingungen (z. B. Ende nach 21:00 Uhr, Alkoholausschank) müssen künftig Awareness-Konzepte vorgelegt werden. Diese sollen unter anderem festlegen, wie viele Awareness-Beauftragte notwendig sind und welche Maßnahmen konkret gesetzt werden. Ab 5.000 Besucher:innen müssen Awareness-Strukturen sogar in das Sicherheitskonzept integriert werden.

Die aktuellen Kürzungen in der Kultur- und Sozialförderung betreffen auch awaGRaz. Viele der Veranstaltungen, die AWA betreut, hängen an diesen Förderungen. Das stellt Veranstaltende vor ein Problem: Sie möchten gerne ein Awareness-Konzept umsetzen, haben aber oft nicht die nötigen finanziellen Mittel.

Die Flagge des awaGraz beim CSD in Graz am 27.06.2025 – Foto: Victoria Kimla

Sicher durch den Pride-Monat

Auch beim diesjährigen CSD am 27. Juni 2025 war der Verein AWA beim Demozug in Graz dabei. Die Arbeit dort unterscheidet sich deutlich von jener bei Club-Events: Es handelt sich um eine Demonstration, die insgesamt mit weniger Alkoholkonsum abläuft. Außerdem ist die Polizei vor Ort, an die man sich im Notfall wenden kann.

Für David Ulrich sind die Rückmeldungen der Besucher:innen besonders wichtig: „Es sind die ganz vielen kleinen Momente, in denen uns Leute sagen, wie dankbar und froh sie sind, dass wir diese Arbeit machen.“ 

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Titelbild: Der Verein AWA im Einsatz – Foto: ©Kuro.Simon

Ich komme ursprünglich aus Wien und mein Interesse an Literatur und Journalismus begleitet mich schon seit Jahren. Nach meiner Matura und einem Jahr Gedenkdienst in Berlin studiere ich nun seit Oktober 2024 an der FH Joanneum Journalismus und Public Relations (PR).

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