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Steigende Übergriffe: Queere Community verunsichert

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In zwei Wochen beginnt der Prozess gegen den Mann, der im August 2020 erst die Synagoge, dann das Lokal der RosaLila PantherInnen in der Annenstraße vandalisierte. Daten der Antidiskriminierungsstelle Steiermark zeigen, dass homophobe Gewalt in der Stadt insgesamt zunimmt.

Von: Sarah Maria Kirchmayer, Ifeoma Moira Ikea und Nicole Ivanova

Verbrannte Regenbogenflaggen, attackierte Vereinslokale und sexualisierte Gewalt: Dieses Jahr häuften sich die Schlagzeilen österreichweit. Im Juli 2021 jährte sich die Aufhebung des Totalverbots von Homosexualität zum 50. Mal – trotzdem zeigt ein aktueller Bericht der SoHo Wien erschreckende Entwicklungen: einen deutlichen Anstieg von Gewaltmeldungen der LGBTQIA* Community in Österreich. „Die Fälle haben zudem eine bedenkliche Dimension erreicht – auch was die sexualisierte Gewalt in der Öffentlichkeit betrifft. Und die Dunkelziffer ist vermutlich um einiges höher“, wird die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, Daniela Grabovac im Bericht vom Juli 2021 zitiert.

Gegenüber der Annenpost gibt Grabovac an, dass diese Übergriffe auch in Graz häufiger geworden sind. Von Juli bis September 2021 gab es um 15% mehr Meldungen von Diskriminierungsfällen aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität als im Vorjahr. Im Annenviertel stieg die Zahl der gemeldeten Fälle von 14 auf heuer 18. Das mag nicht nach viel klingen, ergibt aber einen Anstieg von 28,6% – und vier weitere Personen, die mit Hass und Diskriminierung konfrontiert wurden.

Auch Joe Niedermayer, der Vereinsvorstand der RosaLila Pantherinnen, meint, dass homo- und transphobe Vorfälle im Laufe des letzten Jahres zugenommen hätten. Er erzählt davon, wie Passanten die Fassade des Vereinslokals am Roseggerhaus bespuckt hätten, von Menschen, die das Vereinslokal nur betraten, um Beleidigungen auszusprechen – und natürlich vom Vandalismusfall vor einem Jahr. Bei diesem hat ein 31-jähriger Syrer zunächst die Synagoge besprüht und den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz attackiert, anschließend ein Nachtlokal und zuletzt die Auslage der RosaLila PantherInnen in der Annenstraße eingeschlagen. Allerdings warnt Joe Niedermayer davor, daraus zu schließen, dass der Hass in der österreichischen Bevölkerung  angestiegen sei: Dadurch, dass mehr Menschen offen mit ihrer Sexualität  umgehen, würden sich automatisch auch mehr Personen finden, die sich dagegen äußerten. Trotz der vermehrten Vorfälle sind die RosaLila PantherInnen zufrieden mit ihrem Standort in der Annenstraße. „Als Organisation sind wir trotzdem stark und lassen uns da nicht unterkriegen. Die einzelnen Menschen, die sich schwertun, denen geht es persönlich schlecht. Das Leid passiert auf persönlicher Ebene“, sagt Joe Niedermayer im Interview.

Um herauszufinden, wie dieser negative Trend auf die Community im Annenviertel auswirkt, haben wir sieben Personen zu ihrem Sicherheitsempfinden befragt. Dabei handelt es sich um junge Menschen mit diversen Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen. Fast alle Befragten gaben an, in Graz bereits Diskriminierung erfahren zu haben. „Ich glaube, jeder in Graz aus der Community hat schon einmal Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht“, meint Luka. Außerdem gaben sie teilweise an, sich im Annenviertel nicht mehr sicher zu fühlen und sich Sorgen über die Ergebnisse der SoHo-Studie zu machen. „Ich mache mir Sorgen um Freunde und Freundinnen, die damit offener umgehen als ich zum Beispiel“, so Emilia.

Sorge besteht, vor allem für Freund*innen, die Symbole bei sich tragen. – Foto: Nicole Ivanova

Joe Niedermayer empfiehlt solchen Personen, sich so viel wie möglich an sogenannten „Safe Spaces“ aufzuhalten, also in Einrichtungen wie den RosaLila PantherInnen oder bei Freund*innen. Auch betont er, wie wichtig es sei, jede diskriminierende Erfahrung zu melden – dafür gibt es in Graz sowohl Meldestellen als auch die App „Ban Hate“.

Am 21. Oktober beginnt nun der Prozess gegen den Verdächtigten vom 20. August 2020. Joe ist überzeugt, dass eine Verurteilung ein positives Zeichen gegen Diskriminierung wäre und der LGBTQIA*-Community in Graz – insbesondere im Annenviertel – wieder ein Stück des verlorenen Sicherheitsgefühls zurückgeben könnte. „Manche Menschen werden leider immer denken, dass solche Hate Crimes richtig sind. Aber sie müssen wissen, dass so etwas in unserer Gesellschaft nicht mehr geduldet wird.“

 

 

Infobox
Die Antidiskriminierungsstelle der Steiermark ist, Montags, Dienstags und Donnerstags von 8:30 bis 17:00 und Freitags von 8:30 bis 14:00, in der Andritzer Reichsstraße 38 oder unter unter der folgenden Nummer und Email Addresse erreichbar. 

Tel.: +43 (316) 714-137

Email: buero@antidiskriminierungsstelle.steiermark.at 

Die Ban Hate-App ist eine Anwendung, um Hasspostings oder Hassverbrechen schnell, einfach und anonym zu melden.

https://www.banhate.com/ 

Titelbild: Joe Niedermayer vor dem Vereinslokal der RosaLila PantherInnen – Foto: Nicole Ivanova

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