Judentum und Buddhismus: Gelebter Dialog in Graz

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Eine Lesung, die zwei Weltreligionen vereint: In Graz haben sich die jüdische und die buddhistische Gemeinschaft zusammengetan, um auf Tuchfühlung zu gehen und das gemeinsame Zusammenleben zu fördern. 

Stefan Heckel, Elie Rosen, Daniel Doujenis und Inge-Margareta Brenner Foto: Anna Heinzl

„Zwischen Ganges und Jordan“ steht auf der Einladung. Ganges und Jordan sind die heiligen Flüsse jener Religionen, die sich am Abend des 18. Mai getroffen haben, um in der Grazer Synagoge Märchen und Legenden aus ihrem Kulturkreis zu erzählen. Es ist eine Kooperation zwischen der Jüdischen Gemeinde Graz und dem Buddhistischen Zentrum Bad Gams. Beide Religionen gehören in Graz zu den Minderheiten und möchten näher zusammenrücken. Die Lesung sollte der Beginn dafür sein.

Buddhismus in Graz

Rund 300 Personen sind in Graz bei der buddhistischen Religionsgesellschaft eingetragen. „Die Dunkelziffer ist aber hoch. Bei der letzten Volkszählung gaben fast dreimal so viele Menschen an buddhistischen Glaubens zu sein. Viele bekennen sich jedoch nicht offiziell dazu“, sagt Inge-Margareta Brenner. Sie ist die Leiterin des Buddhistischen Zentrums Bad Gams und Vertreterin der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR).

In ihrem Zentrum Sakya Tsechen Changchub Ling in Bad Gams praktiziert sie den tibetischen Buddhismus. Auch das im Annenviertel angesiedelte Grazer Buddhismus-Zentrum She Drup Ling praktiziert diese Art. „Wir feiern gemeinsam Feste wie den Geburtstag des Dalai Lamas“, sagt Barbara Klell, Leiterin des She Drup Ling, das sich gegenüber des Kunsthauses in der Griesgasse 2 angesiedelt hat.

Zur Lesung kamen Menschen verschiedenster Glaubensrichtungen. Foto: Anna Heinzl

Die Grazer Jüdische Gemeinde

Nicht weit davon entfernt befindet sich das Gebetshaus der Jüdischen Gemeinde, die Grazer Synagoge. „Die Gemeinde ist sehr klein, man kennt sich. Es ist eine familiäre Situation hier in Graz“, sagt Elie Rosen. Er ist seit eineinhalb Jahren Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, die derzeit rund 150 Mitglieder zählt.

Buddhismus und Judentum sind kaum vertretene Religionen in Graz – auch deshalb wollen sie die Beziehung zueinander stärken. „Wir möchten eine engere Vernetzung zwischen den Minderheiten. Es geht um eine gewisse Vorbildwirkung und darum, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam stärker zu sein“, sagt Rosen.

Schauspieler Daniel Doujenis interessieren die Fragen des Judentums und Buddhismus. Foto: Anna Heinzl

Märchen als Brückenbauer

Die interreligiöse Märchenstunde war ein erster Schritt, um das Band zwischen Judentum und Buddhismus zu festigen. „Märchen bilden Brücken – und Märchen anderer Kulturen erweitern die eigene“, beschreibt Brenner die Zusammenarbeit. Rosen und Brenner sind Mitglieder des Interreligiösen Beirates der Stadt Graz. Man sei in diesem Rahmen aufeinander zugegangen und habe gemeinsam die Idee für die Lesung entwickelt, sagt Brenner.

Schauspieler Daniel Doujenis hauchte dem gemeinsamen Abend Leben ein – er erzählte jüdische und buddhistische Märchen, Legenden und Witze. Doujenis gehört keiner der beiden Religionen an, setzte sich im Vorfeld aber intensiv mit Sprache und Fantasie der Texte auseinandersetzte.

Musikalisch begleitet wurde der Schauspieler von Stefan Heckel. „Gemeinsam haben wir Klänge zu den Texten entwickelt“, sagt Doujenis, der unter anderem am Schauspielhaus Graz zu sehen ist. „Ich bin davon überzeugt, dass solche Veranstaltungen dazu beitragen, Religionen auf künstlerische Weise zusammenzubringen. Es ist eine Möglichkeit, um Brücken zu schlagen und Gemeinsamkeiten zu erfahren.“

Stefan Heckel spielte am Akkordeon und ließ Klänge aus dem jüdische und buddhistischen Kulturkreis einfließen. Foto: Louis Oelmann

Die vorgetragenen Texte wurden von Brenner ausgewählt. „Ich habe fast drei Monate gelesen und überlegt, welche Werke der beiden Religionen zusammenpassen.“ In der buddhistischen Tradition gäbe es viele Tiermärchen, daher habe sie versucht, auch ein jüdisches zu finden. „Ich habe bei der Auswahl nach Gemeinsamkeiten gesucht.“ Judentum und Buddhismus sind für Brenner zwar verschiedene Welten, „aber im Grunde genommen wollen wir alle das Gleiche. Jeder will ein zufriedenes, glückliches Leben führen. Das verbindet uns. Unsere Wege sind halt unterschiedlich.“ 

Um mehr über das (Zusammen-)Leben der beiden Religionsgemeinschaften im Annenviertel beziehungsweise in Graz zu erfahren, geben Elie Rosen und Barbara Klell im folgenden Video Einblicke in ihre Kulturkreise und erzählen, was Judentum und Buddhismus miteinander verbindet.

Text und Video: Anna Heinzl und Louis Oelmann.

Gerne lässt Anna ihrer Kreativität freien Raum, egal ob beim Kreieren neuer Ideen oder dem Probieren neuer Back-Rezepte. Doch Struktur und Organisation dürfen da bei ihr nie fehlen.
Neben ihrer Vorliebe für’s Backen hat sie auch ein Herz für Tiere und ist begeisterte Kunstliebhaberin jeglicher Sparten.

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