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Wenig Platz für Kinderspaß

in VIERTEL(ER)LEBEN von
In Lend und Gries gibt es viel weniger Freiflächen als es die Richtwerte der Stadt vorsehen, wie ein Projekt von Ibini gerade deutlich sichtbar gemacht hat. Trotzdem gibt es Orte im Annenviertel, an denen Kinder spielen und ihrer Phantasie freien Lauf lassen können.

Im Volksgarten haben Kinder noch genug Platz zum Spielen
Im Volksgarten haben Kinder noch genug Platz zum Spielen

Spielen ist essenziell für die Entwicklung jedes Kindes. Ernst Muhr von der Organisation FratzGraz nennt Spielen gar „die Königsdisziplin des Lernens“. Im Annenviertel ist dafür jedoch wenig Platz. Denn vergleicht man die Richtwerte für öffentliche Freiflächen mit der Realität, wird der Handlungsbedarf in Gries und Lend deutlich. Trotzdem gibt es sie, die Spieloasen für die Jüngsten der Stadt.

Gemäß dem Stadtentwicklungskonzept (STEK 4.0 Vertiefende Betrachtungen) sollten allen BewohnerInnen der Stadt Graz in den Vierteln Gries und Lend mindestens 10 Quadratmeter an Freiflächen zur Verfügung stehen. Dazu zählen unter anderem Parks oder Spielplätze. Werden diese Richtwerte jedoch mit der tatsächlichen Situation abgeglichen, zeichnet sich im Annenviertel ein hohes Freiflächendefizit ab. Das Stadtentwicklungskonzept unterscheidet hier zwischen verschiedenen Stufen der Dringlichkeit. Lend, Gries und Reininghaus sind die Gebiete mit der höchsten Priorität. Bei der Inneren Stadt sowie äußeren Bezirken wie zum Beispiel St. Peter oder Mariatrost, ist alles im wahrsten Sinne des Wortes im grünen Bereich. Die Innere Stadt sollte, wie Gries und Lend, ebenfalls 10 Quadratmeter pro EinwohnerIn zur Verfügung stellen. Das gelingt hier unter anderem durch die große Fläche des Stadtparks.

Christine Radl von der Abteilung Grünraum und Gewässer im Stadtbauamt Graz kann nur auf diverse Grünraumprojekte verweisen. Sie nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise „urban gardening“-Projekte, von denen es im Annenviertel eine ganze Reihe gibt. Sie sollen Menschen verbinden und auch der Integration dienen. Konkrete Pläne zur Schaffung neuer Spielplätze gebe es nicht. Viel mehr bemüht sie sich um die Schaffung nutzungsoffener Parkanlagen, von denen nicht nur eine Gesellschaftsgruppe profitieren würde.

Katja Hausleitner zeigt die Funktionen der Kartografie. Unter anderem können hier Lieblingsplätze hinzugefügt und bestehende Spielräume bewertet werden.
Katja Hausleitner zeigt die Funktionen der Kartografie. Unter anderem können hier Lieblingsplätze hinzugefügt und bestehende Spielräume bewertet werden.

Neben dem STEK 4.0 kann seit Herbst auch eine interaktive Spielraumkartografie  von Interessierten im Internet abgerufen werden. Diese hat die Baukulturvermittlung Ibini in Zusammenarbeit mit dem Haus der Architektur erstellt. Ziel war es laut Katja Hausleitner, die im Kinderbüro tätig ist, Informationen aus unterschiedlichen Datenbanken zu vereinen und den „Ist-Stand“ der Grazer Spielraumsituation aufzuzeigen. Interessierte BürgerInnen können auf der Plattform vorhandene Spielplätze anklicken und erhalten so Informationen über Typologie und Widmung der Flächen. Auch eine Interaktion ist möglich, da persönliche Lieblingsplätze in Graz zur Karte hinzugefügt werden können und die NutzerInnen an einem Spielplatzvoting teilnehmen können, um verschiedene Spielplätze zu bewerten. In Zukunft wünscht sich Katja Hausleitner, dass verschiedene Institutionen und Gruppen schon beim Entstehen von neuen Projekten zusammenarbeiten. So soll eine enge Kooperation mit dem Stadtbauamt entstehen, wodurch alle Gruppen ihr Expertenwissen einbringen können.

Weiters genügt es nicht, schöne Spielgeräte aufzustellen und für gute bauliche Voraussetzungen zu sorgen. Auch die gesellschaftliche Ebene entscheidet laut Katja Hausleitner über die Qualität eines Spielplatzes. Diesbezüglich bekommt sie im Kinderbüro auch Rückmeldungen: „Viele Eltern melden sich bei uns mit unterschiedlichsten Anliegen und wünschen sich mehr Verständnis und Engagement für die in der Stadt lebenden Kinder und ihre Bedürfnisse.“

Im Gegensatz zu anderen Freiflächen wird der Spielplatz im Metahofpark von jungen Familien wenig genutzt.
Im Gegensatz zu anderen Freiflächen wird der Spielplatz im Metahofpark von jungen Familien wenig genutzt.

Von Kritik und Wünschen nach mehr Freiflächen kann auch Simone Reis berichten, die in der Baudirektion der Stadt Graz tätig ist. So würde der Metahofpark beispielsweise „nicht sehr gerne angenommen“. Durch die überschaubare Größe und die Uneinsichtigkeit sei der Park nur wenigen Leuten bekannt. Dazu komme noch, dass verschiedene Gruppen nicht genug Platz haben, um nebeneinander Zeit zu verbringen. Das Alkoholproblem mancher Parkbesucher und auch der Lärm schaffen auch „nicht gerade die perfekte Wohlfühlatmosphäre“, so Simone Reis. In einem Versuch, die Situation zu verbessern, wurde der Park einsichtiger gemacht, indem die Bäume und Sträucher gestutzt wurden.

Ernst Muhr vom Verein FratzGraz empfindet die Situation im Metahofpark ebenfalls als problematisch. In anderen Parks funktioniere das Nebeneinander jedoch ausgezeichnet. Der große Volksgarten wird hier oft als Paradebeispiel genannt. Ernst Muhr meint dazu: „Der Volksgarten ist sehr bunt. Schön finde ich, dass man hier auch ein Stück Angst vor Fremden abbauen kann.“ Zu diesem Zweck finden im Volksgarten auch viele Integrationsprojekte statt. Ein Beispiel dafür ist das Spielmobil des Vereins FratzGraz, das hier von Mai bis September regelmäßig Station macht. Dort wird neben Spielbegleitung auch ein Elterncafé organisiert, in dessen Rahmen sich Eltern mit anderen Müttern und Vätern austauschen und besser kennenlernen können.

Ernst Muhr wirft auch einen Blick in die Zukunft: „Mich erschreckt es ein Stück weit, wenn da alles zugebaut wird.“ Besonders achtsam sollte daher mit vorhandenen Flächen umgegangen werden, denn wie auch Christine Radl vom Stadtbauamt betont ist es oft unmöglich, neue Flächen zu erwerben, da diese schlichtweg nicht vorhanden sind.

lebensfrohe teilzeit-perfektionistin mit einer schwäche für nutella. lacht gerne und schätzt menschen, die dieses hobby mit ihr teilen. oft vor tasten anzutreffen, manchmal tippend manchmal klimpernd am klavier.

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