Die Schutzzone im Volksgarten wurde im Jänner auf Empfehlung der Polizei um sechs Monate verlängert. Welche zusätzlichen Maßnahmen die Stadt plant, um die Situation im Park zu entspannen.
Von Marcus Edlinger und Anna Fiala
Es ist ein kalter Mittwochnachmittag, der Volksgarten ist weitgehend still. Nur vereinzelt huschen Passant:innen durch den Park. Trotzdem liegt eine spürbare Anspannung in der Luft. Schon beim Betreten des Parks kommen junge Männer auf einen zu und fragen, ob man “etwas braucht”. Gemeint ist Cannabis, die Droge, die im Volksgarten traditionell am stärksten gehandelt wird. Den Ursachen und Folgen des Dealens im Park ist die Annenpost bereits in den letzten zehn Jahren auf die Spur gegangen.
Seit Juli des Vorjahres ist der Volksgarten nun erneut Schutzzone, das bedeutet, dass die Polizei Betretungsverbote für diesen Bereich aussprechen darf. Nun wurde die Maßnahme um ein halbes Jahre verlängert. Aus diesem Anlass bilanzierte die Polizei Mitte Jänner, dass sich die Schutzzone “bestens bewährt” habe. 1,5 Kilogramm Cannabis seien sichergestellt worden, außerdem geringe Mengen an Kokain und Ecstasy. Die Polizei habe in diesem Zeitraum über 270 Betretungsverbote und ebenso viele Anzeigen ausgesprochen. Darunter 69 nach dem Suchtmittelgesetz, 36 nach dem Fremdenrecht und 124 wegen Missachtung von Betretungsverboten. Nur: Wenn sich die Schutzzone so bewährt – warum kann dann weiter gedealt werden? Wie nehmen die Anrainer:innen die Entwicklung war? Und welche anderen Maßnahmen gibt es, um die Situation im Park zu verbessern?
Eindrücke von Parkbesucher:innen
Während der Großteil des Parks verlassen wirkt, herrscht auf der Hundewiese reges Treiben. Ivan Velkovski ist an diesem Tag mit seinem Hund im eingezäunten Hundepark. Er ist Vater einer Tochter und dankbar, dass die Schutzzone verlängert wurde. Seine Tochter durchquere den Volksgarten täglich im Zuge ihres Schulweges. „Ihr wurde immer wieder nachgepfiffen, sogar Drogen wurden ihr angeboten“, erzählt er kopfschüttelnd.
Neben ihm steht Eda Kamensek, die die Aggressivität der Dealer anspricht: „Es war eine Katastrophe, ständig wurde etwas beschädigt. Die Mistkübel stehen noch immer schief und sind kaputt“, berichtet sie und deutet auf die Überreste einiger Abfalleimer in der Nähe. Trotzdem sind sich die Hundebesitzer einig: Die Situation hat sich verbessert. „Es ist wieder viel ruhiger geworden, und die Menschen trauen sich zurück in den Volksgarten“, sagt Kamensek erleichtert.
Ivan Velkovski und seine Bekannten Anessa Niko im Park mit den Hunden. – Foto Marcus Edlinger
Auf einer Bank am Rand des Parks sitzt Katharina Schurl, die auf jemanden wartet. „Wenn ich jetzt keinen Termin hätte, würde ich nicht herkommen“, gesteht sie leise. Dieses Gefühl des Unbehagens teilen auch viele andere, besonders jene, die in unmittelbarer Nähe des Parks leben. „Früher war alles von Dealern belagert und überall lag Müll herum”, erinnert sich Christa Carina Kokol. Sie begrüßt die Verlängerung der Schutzzone, wünscht sich aber langfristige Lösungen. „Es bräuchte mehr Integration, vielleicht sogar Ansätze, die aus ihren eigenen Reihen kommen“, schlägt sie nachdenklich vor.
Denkfabriken und Blubbergespräche
Mit der Suche nach langfristigen Lösungen für den Park hat im Mai des Vorjahres Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) das Grazer Friedensbüro betraut. Seit Juni 2024 ist auch die Ordnungswache verstärkt im Park unterwegs. Und seit Oktober veranstaltet das Friedensbüro “Denkfabriken”, um Anrainer:innen zu vernetzen, Projekte zu planen und ihre Umsetzung zu begleiten. Dafür arbeitet das Team von Friedensbüro-Leiterin Jutta Willfurth auch mit den Ämtern der Stadt, NGOs und Vereinen zusammen. In den vergangenen Monaten sei beispielsweise das Projekt der „Blubbergespräche“ aufgekommen, das im Moment gemeinsam mit den Anrainer:innen entwickelt wird, wie Ursula Hauszer vom Friedensbüro auf Anfrage erzählt. Durch Gespräche, die voraussichtlich im Volksgarten stattfinden werden, soll es zum Austausch zwischen den verschiedenen Gruppen im Park kommen.
Was sich die Menschen für den Park wünschen, ist seit Längerem bekannt: Bereits im Frühjahr 2023 wurden Anrainer:innen durch den Verein SICHER LEBEN zur Situation im Park befragt. Insgesamt 98% der Befragten antworteten, dass sie sich im Park “sehr sicher “ oder “sicher” fühlen. Auf die Frage, wie die Sicherheit im Volksgarten verbessert werden könnte, äußerte sich die Hälfte der insgesamt 106 Befragten (53 Personen) dahingehend, dass sie keinen Bedarf für Verbesserungen sehen oder keine konkreten Vorschläge haben. Die andere Hälfte (53 Personen) sah Handlungsbedarf und machte konkrete Vorschläge. Diese lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen: Erstens das Entfernen störender Personen (23 Nennungen) sowie verstärkte Kontrollen zur Einhaltung von Verhaltensregeln (17 Nennungen), zweitens Maßnahmen zur Eindämmung des Drogenhandels (13 Nennungen), und drittens die Verbesserung der nächtlichen Beleuchtung (9 Nennungen). Sonst wünschten sich die Befragten von der Stadt vor allem “Aktionen und Initiativen zur Belebung“.
Was neu kommt
Im Volksgarten kam es in den letzten Monaten auch zu baulichen Veränderungen, weitere Anpassungen sollen noch folgen. Ursula Hauszer vom Friedensbüro berichtet, dass die Renovierung der WC-Anlagen in den vergangenen Monaten fertiggestellt wurde. Seit Dezember gibt es auch eine Bücherbox vor der Kreuzkirche, die Parkbesucher:innen benutzen können. Weiters wurden Zäune erneuert, die Lichtanlage saniert und Buschwerk entfernt, wodurch der Park „durchsichtiger“ wirken soll.
Der Pressesprecher der Bürgermeisterin Georg Fuchs, erklärt telefonisch, dass es zukünftig unter anderem zu einer neuen Beschilderung kommen soll. „Wir wollen auch Bänke umstellen, damit sich die dunklen Ecken verändern“, meint Fuchs. Es wird auch über eine Surfwelle im Mühlgang nachgedacht. Zuständig für dieses Projekt ist die Abteilung für Grünraum und Gewässer. Diese berichtet, dass es zwar noch keine konkreten Pläne gibt, aber im Februar eine Sitzung diesbezüglich stattfinden wird.
Neues Bücherregal bei der Kreuzkirche. – Foto: Anna Fiala