Der heilige Abend am 24., die Geschenke unterm Christbaum, der Familienwahnsinn am 25. und 26. Dezember. Unmengen Kekse, „Stille Nacht“ und Glühwein. Was für uns ein ganz normales Weihnachtfest ist, ist für andere Kulturen eine Besonderheit.
Heiliger Abend ohne Tanne und Kekse? Wie feiern eigentlich all die Annenviertler, die Weihnachten nicht nach steirisch-katholischer Tradition begehen?
Mariam, ein junges koptisch-orthodoxes Mädchen aus Ägypten, lebt inzwischen seit mehr als 10 Jahren in Österreich. Sie erklärt, dass sich nicht alle Religionen bezüglich des genauen Tags der Geburt Jesu einig sind. Anhänger der koptisch-orthodoxen Glaubensrichtung feiern dieses Fest am 7. Jänner – mit einer fünfstündigen Messe am Abend. Anschließend erwartet sie ein großes Festessen, da sie die 43 Tage zuvor mit strengem Fasten verbracht haben. Die Geschenke werden bereits am Morgen verteilt. „Da wir nun schon so lange in Österreich sind, hat der 24. Dezember für meine kleineren Geschwister auch eine Bedeutung. Allerdings feiern wir diesen Tag nicht. Wir gehen ins Kino oder unternehmen etwas mit der Familie.“
Eine junge Frau aus China, die auf der Annenstraße ein Gespräch mit uns beginnt, lacht auf die Frage, welche Rituale sie zu Weihnachten pflegt. Sie erwidert nur: „Ich werde mit Freunden ausgehen, Geschenke austauschen und mich betrinken.“ Seit über zehn Jahren ist sie nun in Österreich, wodurch ihr die Bräuche aus der Heimat fremd geworden sind. Dort wird der Weihnachtsmann „Dun Che Lao Ren“ genannt und steckt den Kindern wie in Amerika Geschenke in aufgehängten Socken. Noch kann sie sich aber nicht dazu durchringen, das „österreichische“ Weihnachten zu feiern. Weihnachtsbaum stellt sie keinen auf, dekorieren tut sie trotzdem ein wenig.
Halici besitzt ein türkisches Geschäft in der Elisabethinergasse. Auf die Frage nach seinem Weihnachtsabend zuckt er nur mit den Achseln. Er erklärt, dass ihn Weihnachten nicht betreffen würde, da er die Feste seiner eigenen Religion -wie Ramadan feiert. Der 24. Dezember sei ein Tag wie jeder andere, den er wahrscheinlich abends vor dem Fernseher verbringen wird. „Ich respektiere allerdings jede andere Religion und deren Traditionen“, versichert er.
Marija Druško, eine Kroatin aus Bosnien-Herzegowina, ist bereits vor vielen Jahren nach Österreich gekommen, wird aber immer noch jedes Jahr zu Weihnachten von Heimweh geplagt. Sie vermutet, dass es die vielen Bräuche und Traditionen sind, die in ihrem Dorf, Mandino Selo, und innerhalb ihrer Familie Zusammenhalt und Geborgenheit symbolisierten. Einen dieser Bräuche erklärt sie genauer: „Höhepunkt unseres religiösen Festes war ein Besuch im Stall. Nach längerem Beten und einer Segnung wurde ein Laib Brot mit den Tieren geteilt. Der Vater nahm vom Stall einen großen Sack Stroh mit, der in der Küche auf den Boden ausgestreut wurde.“
Auch in Russland wird Weihnachten erst am 6 und 7. Jänner gefeiert werden, berichtee die Ladenbesitzerin des „Kaukasus“ in der Elisabethinergasse. „Es gibt ein großes Festessen. Viele verschiedene Kuchen und Speisen sollen das repräsentieren, was für das ganze Jahr mitgenommen werden soll – Reichtum und Vielfalt.“ Eine besonderes Spezialität ist zum Bespiel das Kutja. Dabei handelt es sich um ein sehr altes russisches, breiähnliches Gericht aus Weizen und anderen Getreidekörnern, manchmal mit Rosinen, Honig und Mohn, das Hoffnung symbolisieren soll.
Der religiöse Aspekt rücke bei der russischen Weihnachtsfeier eher in den Hintergrund, stattdessen ähnle das ganze einem großen Familienfest.