Trendsport Volleyball – ein Spiel gegen die Kapazitäten

Lesezeit: 4 Minuten

Volleyball sorgt derzeit in Graz für hohe Anmeldezahlen. Vor allem junge Mädchen begeistern sich vermehrt für den Teamsport. Doch die enorme Nachfrage bringt heimische Vereine an ihre Grenzen.

Autor:innen: Stella Passegger, Klemens Bernhardt

Seit einigen Jahren wird Volleyball in der Steiermark gerade bei jungen Menschen immer beliebter. Die Anmeldezahlen bei heimischen Vereinen schnellten nach der Corona-Pandemie regelrecht in die Höhe. „Als die Lockdowns vorbei waren, hatten wir das Gefühl, wir konnten uns gegen den Ansturm nicht mehr wehren”, beschreibt Daniel List die Situation. Er ist hauptberuflich Volksschullehrer und seit 2016 als Trainer beim ATSE Graz tätig. Der Sportverein aus Eggenberg bietet neben Volleyball auch noch andere Sportarten wie etwa Basketball oder Leichtathletik an und verfügt darüber hinaus über Zweigvereine für Hockey– und Cheersport.  

Der Verein konnte den steigenden Anmeldezahlen anfangs kaum noch nachkommen und reagierte mit Wartelisten, auf denen zeitweise bis zu 50 Personen standen. Mittlerweile führt der ATSE eine sogenannte Wartelistengruppe, die sich einmal pro Woche trifft. „Es ist quasi ein dauerhaftes Kennenlernen. Wenn ein Platz in der regulären Gruppe frei wird, können wir jederzeit Spielerinnen nachmelden”, erklärt Daniel. 

Auch am Tag unseres Besuchs im ASKÖ Center Eggenberg folgt Training auf Training. Alle Einheiten unter einen Hut zu bringen, wird zunehmend zur Herausforderung. Wir haben uns das Training der Mannschaft „ATSE Graz 2” vor Ort angesehen und Stimmen aus dem Nachwuchssektor des Vereins eingeholt.

In der Halle A des ASKÖ Center Eggenberg können bis zu drei Mannschaften zeitgleich trainieren – Foto: Klemens Bernhardt

Lockdowns entfachten das Feuer

„Ein Grund für diesen Boom könnte unter anderem die gesteigerte Wertschätzung für gemeinsame Bewegung sein”, analysiert der 35-jährige Trainer. Auch auf die Frage, warum ausgerechnet Volleyball so im Trend ist, hat er eine Antwort: „Gerade das Miteinander ohne aktives Gegeneinander ist bei Volleyball so zentral, dass es vermutlich einen Zusammenhang gibt.” Nach den Pandemie-bedingten Restriktionen und Ausgangssperren habe Teamsport insgesamt einen ganz neuen Stellenwert bekommen.

Das beweisen auch die Anmeldezahlen. In der Saison 2017/18, vor den Lockdowns, trainierten beim ATSE Graz 54 Spielerinnen in den Mannschaften unterhalb der Bundesliga. In den darauffolgenden Wettkampfphasen stieg die Anzahl der Vereinsmitglieder enorm. In der Saison 2023/24 hatte der Volleyballverein mehr als doppelt so viele Athletinnen – 113 an der Zahl.

Bereits während der Lockdown-Phasen wurde Beachvolleyball immer beliebter, da im Gegensatz zu anderen Sportarten die damals geltenden Abstands- und Personenregelungen eingehalten werden konnten – zumindest in der Theorie. Ob auf das gängige Abklatschen mit Teamkolleg:innen wirklich verzichtet wurde, bleibt natürlich offen. 

Auch medial bekam der Sport in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit. Großveranstaltungen, wie das A1 Beach Pro Vienna oder Bundesliga-Spiele, die im TV übertragen werden, trugen womöglich zur wachsenden Popularität bei. 

Teamgeist statt Körperkontakt

Dass Volleyball primär bei Mädchen beliebt ist, lässt sich gerade im Nachwuchsbereich des ATSE gut beobachten. Die Volleyball-Sektion des Vereins besteht aktuell aus insgesamt zehn reinen Mädchen- und Damenmannschaften und nur einem Mixed-Team. „Insbesondere junge Mädchen schätzen den Teamzusammenhalt und den gemeinschaftlichen Umgang miteinander”, beobachtet Daniel List.

Darüber hinaus ist Volleyball eine Sportart, die ohne direkten Kontakt zum Gegner auskommt, was vielen Jugendlichen wichtig ist. „Ich wollte eigentlich Basketball spielen, aber es war mir zu viel Körperkontakt, dadurch bin ich zum Volleyball gekommen”, erzählt beispielsweise die ATSE-Nachwuchsspielerin Lilly Bauer, die sich an diesem Tag bereits vor dem Training mit ihren Freundinnen in der Halle getroffen hatte.

Auch ihre Mitspielerin Stefanie Lutfi übte zuvor andere Sportarten aus und wechselte dann im Sommer 2023 zum ATSE. „Es war die beste Entscheidung, mit Volleyball anzufangen”, sagt die 14-Jährige heute. Das Miteinander und die Freude am Sport stehen für sie im Mittelpunkt. 

In vielen Fällen begeistern sich Freundinnen auch gegenseitig für den Sport. „Manchmal schaue ich Bundesliga-Spiele in der Halle an und nehme Freunde mit, die dann auch mit Volleyball beginnen möchten”, berichtet die 12 Jahre alte Diana Crivelli. 

Der Kampf um die Hallen

Das hohe Interesse hat allerdings auch seine Kehrseite. Grazer Vereine müssen immer wieder um Hallenzeiten kämpfen. “Angeblich lassen manche Vereine ihren Teil der Halle lieber ein paar Wochen oder Monate leer stehen, als ihn abzugeben. Sie wissen einfach, dass sie ihn nicht wieder zurückbekommen, wenn sie ihn einmal aufgegeben haben”, schildert Daniel die Situation. 

Auch im Bereich der Trainer:innen kommt es oftmals zu zeitlichen und personellen Engpässen. Im Falle des ATSE Graz werden daher vermehrt Spielerinnen aus höheren Mannschaften für das Training eingeteilt. Alina Groß ist eine dieser Spielerinnen. Sie selbst spielt seit 2014 beim Verein und ist mittlerweile Kapitänin ihrer Mannschaft in der 2. Landesliga. Allerdings lohne sich dieser zusätzliche Zeitaufwand finanziell eher wenig. „Man macht das alles quasi ehrenamtlich und der Verdienst ist ehrlich gesagt nicht mal Taschengeld”, fasst die 22-Jährige zusammen. Um mehr Trainer:innen für den Verein anzuwerben, müsse der Aufwand angemessener entlohnt werden. Auch bei der Abstimmung zwischen Vereinen und dem Steirischen Volleyballverband sieht Alina Verbesserungspotential, vor allem bei der Festlegung der Spieltermine.

Alina Groß (hinten) ist Führungsspielerin in ihrer Mannschaft. – Foto: Klemens Bernhardt

Neue Wege einschlagen

Die Hallensituation ist besonders schwierig zu bewältigen, wenn sich verschiedene Altersklassen einen Raum teilen. Während im Jugendbereich beispielsweise ein Hallendrittel für das Training ausreicht, wird im Erwachsenensport die gesamte Spielfläche der ASKÖ-Halle benötigt. 

Hier zeigt Volksschullehrer Daniel List Eigeninitiative, um Lösungen zu finden. „Ich versuche die fehlenden Hallenzeiten so auszugleichen, dass das Volleyballtraining direkt an den Schulen angeboten wird.” Dennoch sei eine Erweiterung der Kapazitäten im gesamten Stadtgebiet notwendig, um allen Sportbegeisterten angemessene Trainingsmöglichkeiten zu bieten. Nur durch gemeinsame Bemühungen könne sichergestellt werden, dass die Vereine in der Steiermark auch in Zukunft den Ball im Spiel halten können. 

 

Titelbild: Die Mannschaft “ATSE Graz 2” beim Training – Foto: Klemens Bernhardt

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

16 − sieben =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Der Lendwirbel lebt!

Letzter Post in SPORT