Von Mai bis Oktober wird aus der Prankergasse ein bunter Erlebnisraum: Einmal im Monat erobern Kinder die Straße zurück – mit Spielsachen, Kunst und viel Raum zum Toben und Entdecken.
Statt hupender Autos rollen heute bunte Spielfahrzeuge über den grauen Asphalt. Kreidezeichnungen schmücken den Boden, während Kinder lachend mit Tüchern wirbeln oder auf Stelzen durch die Straßen balancieren. Neben Picknickdecken stapeln sich bunte Bausteine, Pädagog:innen unterhalten sich mit Eltern, die den Nachmittag sichtlich genießen. Für ein paar Stunden wird die Prankergasse zu einer kleinen Oase inmitten städtischer Hektik. Ein Freiraum, der ganz den Kindern gehört.
Hinter dem Projekt steht das Grazer Spielmobil FratzGraz in Kooperation mit Künstler:innen, Pädagog:innen und dem Amt für Jugend und Familie. Ihr gemeinsames Ziel: Dem urbanen Raum temporär eine neue Bedeutung zu schenken und einen Ort zu schaffen, an dem Kinder unbeschwert erkunden, ausprobieren und Gemeinschaft erleben dürfen.

Spielen, wo sonst Autos fahren
Alessa Köck ist Projektleiterin bei FratzGraz und an diesem Nachmittag mit dem Aufbau von Spielgeräten beschäftigt. Während sie eine Spielbahn vorbereitet, flitzen die ersten Kinder bereits gut gelaunt durch die autofreie Straße. „FratzGraz versucht, Spielmöglichkeiten im urbanen Raum zu schaffen“, erklärt sie. „Es geht quasi darum, dass sich Kinder die Straße zurückerobern dürfen.“
Eine Anmeldung oder Eintrittskarte ist nicht nötig, denn das Motto lautet: Einfach vorbeikommen und mitmachen! Auf die Kinder wartet eine bunte Auswahl an Spielmaterialien: Bälle, Stelzen, Kreide, Seile, Tücher, Diabolos und vieles mehr lädt zum Ausprobieren, Experimentieren und Bewegen ein.Viele Familien besuchen die Veranstaltung regelmäßig, nicht nur wegen des Spielangebots, sondern auch, weil hier etwas entsteht, das im städtischen Alltag oft verloren geht: Begegnung mit anderen Familien.
„Oft kommen die gleichen Leute. Die Familien verabreden sich oder kennen sich schon, weil sie im gleichen Wohnhaus leben oder die Kinder auf dieselbe Schule gehen“, erzählt Köck. So entsteht nach und nach ein Gefühl von Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenhalt. Dies ist gerade in Stadtteilen, in denen es kaum Grünflächen oder sichere Spielräume für Kinder gibt, besonders wichtig.

Ein Ort für Kindheit
Patzi, eine Mutter aus der Nachbarschaft, ist heute mit ihrem 20 Monate alten Sohn Albert dabei. „Wir wohnen ganz in der Nähe und haben die Spielstraße schon öfter gesehen, heute wollten wir sie endlich ausprobieren“, erklärt sie. Sie sieht die Veranstaltung vor allem als gemeinschaftsfördernd: „Wenn Kinder zusammenkommen, sprechen auch Erwachsene miteinander. Man lernt neue Leute kennen.“ Was sie besonders schätzt: Der Spielraum liegt direkt vor der Haustür. „Gerade für Familien, die nicht jeden Tag Zeit haben, in den Park zu gehen, ist das ideal.“ Außerdem macht das Projekt darauf aufmerksam, dass Kinder in der Stadt Raum brauchen. Das ist nicht überall selbstverständlich.“
Eine Mutter, die gemeinsam mit ihren zwei Kindern vor Ort ist, berichtet: „Wir sind jetzt schon zum dritten Mal hier, da die Großmutter der Kinder in der Nähe wohnt. Den Kindern gefällt es jedes Mal richtig gut.“ Auch sie selbst freut sich über die vielen Spiele, die sie noch aus ihrer eigenen Kindheit kennt. Eine Kleinigkeit scheint sie allerdings zu stören: „Es findet etwas zu selten statt, dass die Kinder hier feste Freundschaften schließen können. Wenn es öfter stattfinden würde, wäre das leichter.“ Ein Wunsch, den mehrere Besucher:innen an diesem Nachmittag äußern.
Der Ruf nach mehr Raum
Auch Köck appelliert für mehr Spielstraßen: „Man muss Gelegenheiten schaffen, um den Kindern das Spielen zu ermöglichen.“ Sie sieht in dem Projekt die Möglichkeit, mehr Zusammenhalt in den Nachbarschaften zu schaffen und Kindern mitten in der Stadt Das-nach-draußen-Gehen zu ermöglichen. Was bleibt, ist mehr als bunte Kreide auf dem Asphalt, es ist die Hoffnung auf mehr Spielflächen für Kinder im urbanen Raum.
Titelbild: Gemeinsam Spiele ausprobieren. – Foto: Luisa Wassnig