Heiße Mahlzeiten und eine warme Stube – das bietet das Marienstüberl seit bald 30 Jahren in 8020. Leiter Adam Lamprecht und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen über Herausforderungen, neue Initiativen und die wachsende Bedeutung des Marienstüberls.
Gerade einmal 800 Meter sind es vom Grazer Hauptbahnhof zur Kleiststraße 73, dem Eingang des Marienstüberls. Seit 30 Jahren betreten hunderte Menschen täglich diese Einrichtung der Caritas. Manche kommen für die kostenlosen warmen Mahlzeiten, andere für die sichere Unterkunft. „Vom Mindestpensionisten bis zum Obdachlosen haben wir ein sehr breites Spektrum an Gästen“, sagt Adam Lamprecht, der das Marienstüberl seit Dezember 2023 leitet.
Ein sicherer Hafen im Alltag
Um 14 Uhr ist der große Ansturm bereits vorüber. Die Essensausgabe ist vorbei, nur mehr vereinzelte Besucher:innen sitzen an den Tischen. Ein paar schlafen auf den Bänken, andere unterhalten sich und genießen den Schutz vor Kälte und Regen. „Viele verbringen den Tag bei uns, weil es warm ist. Natürlich auch, weil es sicher ist im Vergleich zur Straße“, so Lamprecht. Während in der Küche der Abwasch gemacht wird, erzählt er von einem typischen Tagesablauf. Vom süßen Frühstück um 9 Uhr, dem Mittagessen um 12 und 13 Uhr und der Lebensmittelausgabe. „Unsere Lebensmittelausgabe ist ein Tafelsystem, bei dem wir Lebensmittel von Supermärkten sammeln, sortieren und aufbereiten. Damit versorgen wir ungefähr 240 Haushalte pro Woche“, erklärt der Leiter. Lamprecht betont auch die katholische Ausrichtung des Marienstüberls: „Egal was passiert, im Marienstüberl wird um 12 und um 13 Uhr gebetet. Ich denke, das ist für viele Menschen auch der einzige Anker.“ Trotz all der Routine gibt es immer wieder neue Aktionen: Durch den „Umgekehrten Adventkalender” kamen 4,5 Tonnen Spenden zusammen – eine von vielen Initiativen der Caritas, die Bedürftige das ganze Jahr über unterstützen.

Auf dem Rücken des Ehrenamts
Eine weitere Konstante: der hohe Stellenwert der ehrenamtlichen Arbeit. Täglich sind allein bei der Essensausgabe drei bis vier Ehrenamtliche im Einsatz, das Tafelsystem wird allein von Freiwilligen aufrechterhalten. „Ohne die Freiwilligen würde das hier nicht gehen“, betont Lamprecht. Im abgelaufenen Jahr seien 18.000 Stunden an freiwilliger Arbeit geleistet worden.
Marianna Lackner ist hier seit mehr als acht Jahren ehrenamtlich tätig. „Ich bin alleinstehend und habe hier die Möglichkeit, einmal in der Woche wo hinzugehen, wo ich etwas Gutes tun und andere Leute treffen kann“, erklärt sie. Sie hat auch bereits so einiges miterlebt. Besonders erschreckend findet sie den Wandel der Klientel: „Es ist erschütternd, dass immer mehr Drogenabhängige und Alkoholiker:innen kommen. Vor allem sind es immer mehr junge Leute.“ Birgit Rauch ergänzt: „Man muss das als Krankheit sehen. Sie können nichts dafür, es ist eine Krankheit.“ Rauch begann letztes Jahr mit der freiwilligen Arbeit im Marienstüberl und stellt den sozialen Aspekt in den Mittelpunkt: „Ich möchte den Leuten das Gefühl geben, dass jemand da ist.“ Manchmal reiche es schon, ein Lächeln zu schenken oder die Gäste zu fragen, wie es ihnen geht, erklären die beiden Frauen.

Unterstützt werden die Freiwilligen von vier Zivildienern. Einer von ihnen ist Nikolaus Birnstingl, der seit knapp vier Monaten im Marienstüberl tätig ist. Nach seiner Ausbildung in einer Tourismusschule wollte er im Zivildienst eine Stelle, bei der er seine Kompetenzen einsetzen kann. „Ich habe mich informiert und bin aufs Marienstüberl gestoßen. Dann habe ich einen Probetag gemacht und mir gesagt, passt, das mach ich fix“, erklärt er. Bereut habe er seine Entscheidung nicht. Besonders gefällt Nikolaus, wie abwechslungsreich der Alltag in der Einrichtung ist: „Man weiß in der Früh nie, was auf einen zukommt und ich genieße das sehr. Natürlich ist es auch immer schön, wenn man anderen Menschen helfen kann.“

Ein Blick in die Zukunft
Das Marienstüberl bietet seit drei Jahrzehnten Schutz und Wärme für Bedürftige und wird dies auch in Zukunft noch tun. Das angekündigte Sparpaket der neuen Bundesregierung könnte aber dazu führen, dass noch mehr Leute die Angebote in Anspruch nehmen. „Ich kann mir vorstellen, dass dann mehr Menschen hilfsbedürftig sind, wenn die Sozialleistungen zurückgehen“, sagt Lamprecht. Zugleich betont er: „Ich bin mir ganz sicher, dass – wenn es so weit ist – wir die Möglichkeiten finden, die Leute dennoch zu versorgen.“ Zu viele Gedanken mache sich der Leiter darüber aktuell noch nicht. Das 30-jährige Jubiläum, das im Dezember gefeiert wird, beschäftigt ihn da schon eher: „Ob es eine große Feier gibt, weiß ich jetzt nicht. Aber es wird ganz sicher einen Festakt geben.“
Titelbild: Marienstüberl-Leiterl Adam Lamprecht mit den Freiwilligen Birgit Rauch und Marianna Lackner. – Foto: Nico Kammeritsch
Das Marienstüberl ist seit 1995 ein Zufluchtsort für Bedürftige. Täglich werden rund 320 Mahlzeiten ausgegeben.
Neben dem Frühstück und dem Mittagessen gibt es noch eine Lebensmittelausgabe, die 240 Haushalten hilft. Dazu gibt es noch Duschgelegenheiten, medizinische Beratung und Hilfestellungen bei Wohnungs- und Arbeitssuche.
Neben normalen Spenden kann man im Marienstüberl auch als Kochgruppe helfen.
Adresse: Kleiststraße 73, 8020 Graz
Telefon: 0676 88015 8267