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Lend Mix: Mit Mut zur Geschäftseröffnung

in VIERTEL(ER)LEBEN von

In ihrer Pension haben Karin Kapp und Erika Hausberger den Second-Hand-Shop Lend Mix eröffnet. Sie zeigen, dass eine Geschäftseröffnung auch noch im Alter möglich ist und geben Jung und Alt den Tipp, mutig zu sein.

Die graue Fassade des Gebäudes wirkt unscheinbar. Das violette Schild mit der weißen Aufschrift Lend Mix, welches den Platz über dem Schaufenster ziert, passt perfekt in die Umgebung. Auf der gläsernen Eingangstür befindet sich der Hinweis, dass aktuell nur ein*e Kund*in im Shop erlaubt ist. Im Inneren entdeckt man neben der Verkaufstheke noch Kleiderstangen mit bunten Kleidungsstücken, verschiedene Schuhe und ein Regal mit Dingen wie Vasen, Schüsseln und Schmuck. Hinter diesem kleinen Raum steckt ein Herzensprojekt von Erika Hausberger und Karin Kapp. Seit 1. April 2021 hat der Second-Hand-Shop Lend Mix in der Mariahilferstraße 23 seine Türen für Jung und Alt geöffnet.

Die letzten zwei bis drei Jahre ist in Kapp die Idee gereift, in ihrer Pension etwas völlig Neues zu machen: „Ich habe Erika davon erzählt und sie war direkt begeistert.“ Kapp hatte schon immer Gefallen an der Idee, jenes, was sich über Jahre angesammelt hat, weiterzugeben. Auch das Thema Nachhaltigkeit war hier für die Grazerin ein springender Punkt. Die beiden ergänzen sich als Geschäftspartnerinnen, wie auch als Freundinnen perfekt. Schon knapp 24 Jahre verbindet die beiden eine gute Freundschaft. „Noch bevor ich Erika gekannt habe, habe ich ihren jetzigen Partner gekannt“, beginnt Kapp zu erzählen. Während sie damals im Ausland war, hat er seine große Liebe gefunden: ihre heutige Geschäftspartnerin Erika. Von Beginn an hat die Neugierde etwas Neues auszuprobieren, die zwei verbunden. „Wir sind oft exotisch Essen gegangen. Unsere Männer haben das nicht so gemocht, also sind wir zu zweit gegangen“, erklärt Hausberger.

Schuhe die im Lend Mix zum Verkauf angeboten werden.
Auch Schuhe können im “Lend Mix” erstanden werden – Foto: Anja Treitler

Mutig sein

Die zwei Frauen bekommen durchwegs Zuspruch, jedoch verstehen einige nicht, warum sie sich in ihrer Pension noch zum Arbeiten verpflichten. Für die beiden ist es aber vielmehr ein Hobby. Kapp erklärt: „Wir wollten einfach unter die Leute, und vor allem unter junge Leute.“ Außerdem hätten sie beide ohnehin noch andere Verpflichtungen, erklären sie. „Ich bin frisch gebackene Oma“, verrät Kapp.

Der beste Tipp für eine Geschäftseröffnung laut Hausberger: Mut. Zwar solle man vorher kalkulieren, sich aber dennoch etwas trauen. Vor allem wollen sie die jungen Menschen anspornen. „Wenn sich sogar die Alten trauen, dann trauen wir uns das auch“, sehen die beiden als Motivationsspruch. Immer wieder kommen auch Frauen in ihrem Alter in das Geschäft und verraten, dass ein eigenes Geschäft auch ihr größter Traum gewesen sei, sie sich aber nie getraut hätten. So auch eine Frau Ende 70. „Wir haben zu ihr gesagt, wenn wir aufhören, kann sie das Geschäft übernehmen“, erzählt Kapp lachend.

Glück im Unglück

Im Dezember 2019 waren Hausberger und Kapp bereits kurz davor ein anderes Geschäftslokal zu kaufen. Jedoch war jenes bereits jemand anderem versprochen, was im Nachhinein ein Glück war. „Wenig später ist der Lockdown gekommen und das letzte Jahr wäre eine Katastrophe gewesen“, erklärt Hausberger. Aufgrund von Corona hat es viele Lieferverzögerungen gegeben. Vor allem bei Möbeln, die aus dem Ausland geliefert wurden. Die beiden Freundinnen haben sich aber dennoch nicht unterkriegen lassen: „Am 1. April diesen Jahres haben wir gesagt, wir öffnen trotzdem.“

Aktuell verkaufen Hausberger und Kapp Ware aus ihrem eigenen reichhaltigen Fundus. Mit jenem würden sie laut Hauberger auch noch einige Zeit auskommen. Der Plan für die Zukunft: „Es ist angedacht, dass wir dann schöne, gepflegte Bekleidung in Kommission übernehmen.” Komplett ist das Geschäft aber noch nicht, denn in Zukunft soll es neben den Second-Hand-Stücken auch Ausstellungsstücke von Künstler*innen geben. „Wir haben viele befreundete Künstler*innen. Im Laufe der Zeit werden wir auswählen, was wir ausstellen möchten“, erklärt Kapp, die selbst ein Händchen für Kunst hat. Während des Lockdowns hat sie sich mit dem Erstellen von Pappmaschee-Objekten beschäftigt. In der kommenden Zeit will sie diese Werke ebenfalls im Shop präsentieren. Eile haben die beiden aber nicht, wie Kapp klarstellt: „Wir wollen den Shop mit der Zeit erweitern, es aber dennoch luftig halten, weil der Raum sehr klein ist.“

Das Geschäft Lend Mix von außen.
Hausberger und Kapp wollten ihr Geschäft unbedingt im Lend eröffnen – Foto: Anja Treitler

„Wir wollten genau hier her!“

Die Freundinnen haben sich bei ihrer Suche explizit nach Geschäftslokalen im Lendviertel umgeschaut. Kapp ist selbst hier zur Volksschule gegangen und hat bei ihrer Großmutter gelebt. So hip wie heute sei der Bezirk damals zwar nicht gewesen, aber dennoch wollte Kapp unbedingt wieder zurück nach Lend. „Wir wollten genau hier her!”, stellt sie klar. Das ganze Viertel sei laut Kapp sehr hilfsbereit, unkompliziert und vor allem bunt gemischt. Viele junge Menschen, die in den umliegenden Geschäften arbeiten, sind neugierig und kommen bei ihnen vorbei. Ein Teil der Kleidergrößen, die sie verkaufen ist für viele vielleicht zu groß, aber Kapp stellt fest: „Oversize ist zurzeit ja modern und das nimmt vor allem die jüngere Kundschaft gut an.“ Für sie sei es außerdem erstaunlich, wie viel Zuspruch sie bekommen. Wenn am 19. Mai die Gastronomiebestriebe wieder öffnen, rechnen sie aber damit, dass es bei ihnen im Lend Mix noch lebendiger wird.

Titelbild: Anja Treitler

Lend Mix

Der Second-Hand-Shop Lend Mix in der Mariahilferstraße 23 hat von Mittwoch bis Samstag von 10:00 bis 13:00 Uhr und von 14:30 bis 17:00 Uhr geöffnet.

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