Die georgische Flagge und ein Foto von Andrea Plank
Lesezeit: 3 Minuten, 3 Sekunden

Corona im Ausland: Tiflis

in VIERTEL(ER)LEBEN von

Eigentlich kommt Andrea Plank aus dem Annenviertel, seit letztem September lebt sie aber in der Hauptstadt Georgiens und macht dort eine Arbeitspause. Sie berichtet von der Corona-Krise in Tiflis.

Annenpost: Danke Andrea, dass du dir Zeit für unsere Unterhaltung genommen hast. Über Georgien hört man in Österreich sehr wenig. Kannst du die Lage kurz beschreiben?

Andrea Plank: Im Vergleich zu Österreich hat Georgien irrsinnig schnell reagiert. Angeblich wurden die ersten zwei Corona-Infizierten an der Grenze bereits identifiziert. Der Stand der Infizierten war sehr lange sehr niedrig. Es haben von sich aus, ohne einen Regierungserlass, Geschäfte, Restaurants und Bars geschlossen. Dazu muss man aber sagen, dass viele von den Touristen abhängig sind. Außerdem gibt es von neun Uhr abends bis sechs Uhr früh ein Ausgangsverbot und der öffentliche Verkehr wurde auch eingestellt. Das ist für Arbeitende eine Katastrophe.

Wie bist du dann unterwegs?

Zu Fuß oder mit dem Taxi. Das ist noch erlaubt.

Tragen die Menschen auf der Straße Schutzmasken?

Der Großteil ja. Da bin ich eine der wenigen, die das nicht tut, aber ich suche mir dafür immer die ganz leeren Straßen. Mir ist das schon letztes Jahr aufgefallen, als ich das erste Mal in Georgien war. Die Georgier nutzen die Gesichtsmasken, beziehungsweise den Mund-Nasen-Schutz, wie ich es in österreichischen Medien lese, auch wenn sie eine normale Grippe haben. Das hab ich letztes Jahr noch gar nicht verstanden, das ist ein komisches Bild. In den größeren Supermärkten stehen jetzt immer junge Frauen und desinfizieren die Hände von jedem. Es gibt auch Blockabfertigung. Nach der Desinfektion bekommt man Plastikhandschuhe und darf erst dann in den Supermarkt. Das ist schon großartig. Es gibt einem zumindest ein gutes Gefühl.

Hast du Angst um deine Gesundheit? Und was hältst du vom Gesundheitssystem in Georgien?

Ich war erst einmal im Krankenhaus, wegen einer Augenentzündung im Jänner. Es gibt haufenweise Krankenhäuser und ich hatte eine sehr gute Ärztin. Ich war da so begeistert und baff, das war lässiger organisiert als bei uns. Auf der anderen Seite sagte eine Georgierin gestern zu mir, sie habe Angst davor, dass sie oder ihre Familie krank werden würde. Die Betten und Zimmer in den georgischen Krankenhäusern seien so schlecht, dass sie wirklich Angst hat. Ob es tatsächlich schlechter als in Österreich ist, kann ich nicht sagen.

Andreas Blick aus dem Fenster
Andreas Ausblick auf Tiflis. – Foto: Andrea Plank

Das Leben in Österreich findet derzeit digital statt. Ist das Internet bei euch schnell genug, um von zuhause aus arbeiten und lernen zu können?

Ja, wenn man so privilegiert wie ich lebt, dann schon. Das Durchschnittseinkommen in Georgien liegt zwischen 300 und 400 Euro. Die Lebenskosten sind natürlich nicht mit unseren vergleichbar. Miete, Gas und Strom sind günstiger. Die Georgier müssen auf jeden Lari schauen. Ich lebe nach europäischen Standards und nicht nach georgischen. Und natürlich ist mein Internet dementsprechend gut. Viele Georgier arbeiten im Homeoffice, das scheitert aber oft am Internet zu Hause. Oft mangelt es auch an der Ausstattung, also an den Computern.

Was hamstern die Menschen während der Corona-Krise in Tiflis?

Es gibt zwei Gruppen: Die eine Gruppe kauft Tiefkühlpizza, Sekt, Erdbeeren, Süßigkeiten, Knabberzeug und das alles gleich in mehreren Packungen. Ein Typ vor mir an der Kassa hatte einen Haufen an in Plastik verpackten Kräutern wie Petersilie und Schnittlauch. Nach ihm war dann nichts mehr da, der hat das wirklich leer geräumt. Und es gibt die anderen. Die füllen sich Sackerl voll mit Mehl, Reis, Buchweizen oder Nudeln. Es wurde wahnsinnig viel Obst und Gemüse gekauft, bei Zugezogenen eher die Ananas und bei den Georgiern Äpfel und Bananen.

Andreas Lieblingsgegenstand in der Corona-Krise: Ihr Kindle
Aufs Lesen und den Kindle kann Andrea momentan nicht verzichten. – Foto: Andrea Plank

Eine letzte Frage: Gibt es einen Gegenstand, den du in der Krise lieb gewonnen hast und auf den du nicht verzichten könntest?

Meinen Kindle. Ich bin die volle Leseratte und da bin ich jetzt ziemlich glücklich. Ich muss gestehen, ich gehe wenig außer Haus. Aber ungefähr jeden dritten Tag bin ich draußen, sonst bekomme ich einen Lagerkoller. Ohne meinen Kindle würde ich es nicht schaffen.

Danke Andrea für das Interview und die Einblicke!

Zahlen und Fakten über die aktuelle Lage in Georgien

Bestätigte COVID-19 Fälle: 394

Genesen: 86

Tote: 4

Stand: 19.04.2020, Aktuelle Zahlen und Updates

In zwei anderen Artikeln erfährst du, wie es Annenviertlerinnen in Moskau und Ljubljana während der Corona-Krise geht. Und hier schreibt Andrea Plank über ihr Leben in Tiflis.

Wohnt im Flixbus zwischen Graz und Hamburg, macht gerne Sport und hasst es, Biografien über sich selbst zu schreiben

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