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Schlusspfiff für den GSV Wacker

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Mit Ende Juni stellt der GSV Wacker, einer der ältesten Fußballvereine in Graz, seinen Spielbetrieb ein. Am Samstag liefen die Spieler des notorisch erfolglosen Amateurklubs zum letzten Mal auf. Die Annenpost war vor Ort.

Das Walter-Niederkofler-Stadion in Pachern. Die Sonne brennt bei unerbittlichen dreißig Grad vom wolkenlosen Himmel. Vom Parkplatz des benachbarten Eisstadions tönt fröhliche Kirchtagsmusik Richtung Platz. Nur ein paar Eingeweihte scheinen zu wissen, dass hier auch ein Fußballspiel stattfindet. Und nicht nur irgendeines. Es ist das allerletzte für den GSV Wacker aus Graz.

Es geht im letzten Spiel der Meisterschaft am 15. Juni für keine der beiden Mannschaften mehr um etwas. Der SV Pachern II liegt in der 1.Klasse Mitte Gruppe B im soliden Mittelfeld, die Gastmannschaft vom GSV Wacker steht abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Doch für die Kampfmannschaft des Grazer Sportvereins ist es dennoch ein sehr emotionales Match.

Der älteste Verein in Graz

Mit dem 30. Juni stellt der GSV Wacker seinen Spielbetrieb ein. Dabei hat der Klub eine lange Tradition. Im Jahr 1896 gegründet, ist er der älteste Fußballklub der Stadt Graz. Zumindest pro forma. Denn die Grazer Sportvereinigung Wacker aus dem 19. Jahrhundert hatte mit dem GSV Wacker, der 1929 gegründet wurde, außer dem Namen nichts gemein. Im Jahr 1929 nahm man auch erstmals am Liga-Betrieb teil. Sportlich konnte man den großen Vereinen der Stadt nie Konkurrenz machen. Ganz im Gegenteil. Der GSV Wacker spielte seit Jahren nur in der untersten steirischen Liga mit und rangierte dort regelmäßig auf dem letzten Platz. Seit der Saison 2012/13 war man jedes Jahr das Schlusslicht. So auch in dieser Spielzeit, in welcher der GSV mit einem einzigen Punkt aus 25 Spielen schon lange vor dem letzten Spieltag die rote Laterne sicher hatte.

Dementsprechend läuft es auch beim letzten Saisonspiel in Pachern. Die GSV-Kicker werden von Anfang an hinten eingekesselt und dreschen in letzter Not Bälle aus dem eigenen Strafraum. Zwei Aluminiumtreffer retten die Mannschaft vor einem frühen Rückstand. Fast kommt dann doch noch die Offensive der Grazer zu einem Torerfolg. Als Torwart und Verteidiger von Pachern II sich nicht einig werden, wer den Ball annimmt. Doch der Ball geht am Tor vorbei. Nach etwas mehr als einer halben Stunde wird dem GSV Wacker dann ein Freistoß zum Verhängnis und kurz vor der Pause findet der Ball auch zum zweiten Mal seinen Weg ins Netz der Auswärtsmannschaft.

Die Kampfmannschaft des GSV Wacker (rechts) nimmt Aufstellung zu ihrem letzten Spiel
Die Kampfmannschaft des GSV Wacker (rechts) nimmt Aufstellung zu ihrem letzten Spiel – Foto: Florian Niedermair

Fehlende Nachwuchsspieler

Doch der Erfolg der Kampfmannschaft war und ist vereinsintern sowieso zweitrangig. Der Klub konzentrierte sich hauptsächlich auf seine erfolgreiche Jugendarbeit. Zu Glanzzeiten hatte der Verein über hundert Jugendspieler. Profi-Kicker wie Valentino Lazaro, Christian Klem und Sturm-Legende Mario Haas begannen hier ihre sportliche Laufbahn. Außerdem verstand der Verein Fußball als Integrationsprogramm und arbeitete eng mit Flüchtlingsprojekten zusammen. Gerade wegen seiner breit aufgestellten Jugendabteilung war es für den GSV Wacker bitter, als man aufgrund des Baus des Raiffeisen Sportparks in der Hüttenbrennergasse 2016 von dort wegziehen musste.

Am neuen Standort auf dem Postplatz in der Herrgottwiesgasse nahm die Anzahl der Nachwuchsspieler rasant ab. Von den acht Jugendmannschaften, die der Klub 2015 noch hatte, blieben heuer gerade einmal drei übrig. „Das Hauptproblem war, dass die Stadt Graz nicht auf uns geschaut hat. Man hat uns den Platz weggenommen und uns danach immer weiter vertröstet“, sagt der Spielertrainer der Kampfmannschaft, Florian Zechner. Seit einem halben Jahr sei intern schon über eine mögliche Auflösung des Vereines gemutmaßt worden. „Die Spieler haben die Situation super gemeistert.“ Er sei den Spielern, die trotz dieser schwierigen Situation noch gekommen seien, dankbar.

Dass es jetzt mit dem 30. Juni zur Einstellung des Spielbetriebs kommt, sei „ewig schade“. Ähnlich enttäuscht ist auch Thomas Niederwieser, der seit 1999 beim GSV Wacker aktiv war: „Wenn man so lange mit einem Verein unterwegs ist, identifiziert man sich irgendwann damit, da tut es natürlich weh, wenn das dann alles zu Ende geht“. Niederwieser war beim Spiel in Pachern trotz einer Verletzung dabei, um die Mannschaft von der Seitenlinie zu coachen. Er erzählt, dass es in der Kampfmannschaft immer nur um den Spaß gegangen sei und nie darum, dass man dafür auch noch Geld bekäme, so wie das bei vielen anderen Vereinen der Fall sei.  

Eine Spielsituation des Matches SV Pachern II gegen GSV Wacker
Eine Spielsituation des Matches SV Pachern II gegen GSV Wacker – Foto: Florian Niedermair

Was machen die Spieler jetzt?

Wie viel Spaß die Spieler des GSV in der zweiten Hälfte hatten, darf dahingestellt sein. Denn während der SV Pachern II in der ersten Hälfte noch zahlreiche Torchancen liegen ließ, schossen sie nach dem Seitenwechsel präziser. So wurde aus dem Zwei-Tore-Rückstand innerhalb von zwanzig Minuten ein Sechs zu Null. Doch die Anzahl der Gegentore ließ die Spieler des GSV Wacker ziemlich kalt. Dafür echauffierte man sich nach Spielschluss über einen nicht gegebenen Treffer. „Der Ball war doch eindeutig hinter der Linie“ war sich die Mannschaft einig. Der Schiedsrichter hatte dazu eine andere Meinung.

Der Klub hat in dieser Saison schon schlimmere Pleiten erlebt. Etwa beim Auswärtsspiel gegen Edelstauden vor rund einem Monat, als die Mannschaft mit 21:0 unter die Räder geriet. Damals trat der GSV allerdings nur mit acht Spielern an.

Wie es mit den Kickern des Vereines weitergeht, wüssten viele seiner Mitspieler noch nicht so genau, so Niederwieser. „Ich habe jetzt zum Schluss nur noch Fußball gespielt, weil es eben mein Jugendverein ist”. Ähnlich sieht das auch Spielertrainer Florian Zechner. Er wisse auch nicht, ob er weitermache. „Für mich war es eine schöne Zeit, Spaß haben wir auch gehabt und es immer mit Humor genommen“. Er meint, dass die Jugendtrainer sicher einen anderen Verein finden würden, bei dem sie weitermachen könnten und die Kicker, die weiterspielen, würde man auch irgendwo unterbringen können. Der Ball rollt also auch nächstes Jahr weiter, nur leider nicht mehr beim GSV Wacker.

Ein leidenschaftlicher Eisstocksportler, der, wenn er nicht gerade beim Online-Schach untergeht, sich gerne mit Thrash-Metal die Ohren betäubt.

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