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Raus mit dem Qualm aus der Gastro?

in POLITIK & WIRTSCHAFT von

Seit die neue schwarz-blaue Regierung im Dezember ankündigte, das Rauchverbot zu kippen, werden immer mehr Stimmen laut, die die Durchsetzung des Verbotes fordern. Zudem stellen viele Lokale von sich aus ihren Betrieb auf rauchfrei um. Die Meinungen sind gespalten. Ein Besuch in drei Lokalen im Annenviertel.

Wer den Gasthof Postl in der Annenstraße betritt, muss sich keine Sorgen machen, dass ihm der Zigarettenrauch den Appetit verdirbt. Den Gasthof gibt es bereits seit 1903. Vor drei Jahren hat ihn Erkan Güven, Inhaber und zugleich Koch und Kellner, übernommen. Er schwärmt von seinem Lokal als Ort, wo Menschen hinkommen, die „keine Fertigprodukte essen wollen, sondern Wert auf altsteirische Produkte legen“. Die ersten beiden Jahre führte Güven den Gasthof bereits als Nichtraucherlokal. „Wir wurden oft damit konfrontiert und mussten uns von Gästen ärgerliche Dinge anhören, die nicht verstehen wollten, dass das hier ein rauchfreier Betrieb ist“, erzählt er. Schließlich beschloss er, ab 14 Uhr das Rauchen im Lokal zu erlauben. Dieses Konzept verfolgte er bis vor drei Wochen. „Das Lokal stinkt, den Rauchgeruch bekommt man nie mehr raus und immer mehr Leute haben sich beschwert.“ Als weiteres Problem schildert er das gesundheitliche Risiko für seine MitarbeiterInnen, denn die Gefahr des Passivrauchens würde unterschätzt werden.

Im Juli 2015 beschloss die damalige Regierung um SPÖ und ÖVP ein neues Tabakgesetz. Für Lokale und Gasthäuser sollte ab Mai 2018 ein generelles Rauchverbot herrschen. Im Dezember wurde dieser Beschluss von der neuen schwarz-blauen Regierung aufgehoben. Somit bleibt die Regelung, wonach in abgetrennten Raucherbereichen geraucht werden darf, bis auf Weiteres bestehen. Grundsätzlich vertritt Güven die Meinung, dass es den WirtInnen selbst überlassen werden soll, ob sie bei ihnen das Rauchen erlauben möchten oder nicht. Eine Bevormundung durch den Staat lehnt er ab. „Ich als Raucher möchte die Wahl haben. Der Gesetzgeber soll nicht so weit ins Privatleben eingreifen.“ Auch wirtschaftlich sei es für viele Betriebe schwierig, beispielsweise in Bars, kleineren Gaststätten, Kaffeehäusern oder in reinen Raucherlokalen. „In diese Lokale gehen nur Raucher und wenn die nicht mehr kommen, müssen diese Betriebe zusperren.“

Gasthof Postl in der Annenstraße – Foto: Hannah Maier

Er zieht nach den drei Wochen rauchfrei Bilanz: „Uns geht es jetzt dadurch nicht schlechter. Die Raucher kommen nicht mehr, aber dafür die Nichtraucher, und die sind anscheinend in dieser Gegend mehr geworden.“ Anderen Lokalen kann er die Entscheidung, auf rauchfrei umzustellen, nicht zwingend empfehlen. Jede/r GastronomIn müsse selbst entscheiden, ob das Lokal es wirtschaftlich aushält.

„Ich kann mir das nicht leisten“

Genau dieses Problem hat Peter Kotynkowiecz in seinem Lokal „Sterz im Mohrenwirt“. 2015 hat er das Lokal in der Mariahilferstraße gemeinsam mit Matthias Kramer übernommen. Tagsüber herrscht hier striktes Rauchverbot. Ab 22 Uhr abends beginnt er dann, die Aschenbecher auf den Tischen und an der Bar zu verteilen. Er selbst und seine Angestellten sind Nichtraucher. Ob er gerne aus dem Mohrenwirt ein Nichtraucherlokal machen würde?: „Natürlich, das wäre ideal. Aber ich kann mir das nicht leisten. Das Problem haben nun mal kleinere Betriebe, bei den großen Ketten funktioniert es sicher gut, keine Frage.“ Bereits tagsüber bedauere er schon den Verlust vieler Gäste. „Häufig kommen Gäste herein und fragen, ob man hier rauchen darf. Ich sage ‘Nein‘ und sie drehen sich um und gehen wieder raus. Für Bars oder Lokale ist das Rauchverbot der Untergang. Die Leute kommen nicht mehr hin.“ Er würde die Umsetzung des Rauchverbots seitens der Regierung durchaus begrüßen. „Das ständige Hin und Her ist nervig. Wenn das Rauchverbot überall kommen würde, dann wäre das alles hier keine Diskussion mehr. Die Raucher hätten dann einfach keine andere Wahl und könnten sich keine Raucherlokale mehr suchen.“

Peter Kotynkowiecz im Sterz im Mohrenwirt – Foto: Hannah Maier

„Wir trauen uns nicht“

Eine ähnliche Situation findet sich im Café Pucher in Eggenberg. Das Café gibt es bereits seit 24 Jahren. Seit 19 Jahren führt Franz Pucher es gemeinsam mit seiner Frau. Im gesamten Gastraum darf geraucht werden und hier wird das Klischee des rauchenden Kaffeetrinkers mit der Tageszeitung am Tisch gut vor Augen geführt. Pucher selbst und seine Frau sind Nichtraucher. Auf die Frage, ob er vorhabe, sein Lokal auf rauchfrei umzustellen, blickt er zuerst nach links, dann nach rechts und antwortet lachend: „Hier neben mir sitzen zwei Raucher, was soll ich jetzt antworten?“ Momentan würde er sich nicht trauen, bei sich das Rauchverbot umzusetzen, denn die Angst vor finanziellen Schwierigkeiten wäre zu groß. Würde im Mai das Verbot, wie ursprünglich geplant, in Kraft treten, würde er natürlich mitziehen. Pucher sieht das Problem ähnlich wie Kotynkowiecz: „Solange es noch Raucherlokale gibt, setze ich kein Rauchverbot um, da die Leute ja noch immer die Wahl haben, woanders hinzugehen, wo sie rauchen dürfen.“

Franz Pucher führt das Café bereits seit 19 Jahren – Foto: Hannah Maier

Das Thema „Rauchverbot“ sei noch lange nicht vom Tisch, denn Politik und Gesundheit machen zu viel Druck, sind sich alle drei Lokalbesitzer einig. Tatsächlich zählt die Online-Petition der Österreichischen Krebshilfe für das Nichtrauchergesetz bereits über 440.000 Unterschriften. Des Weiteren verkündete die Wiener Ärztekammer in einer Aussendung am 5. Jänner, ein Volksbegehren für die Beibehaltung des Nichtrauchergesetzes starten zu wollen. „Ich bin gespannt, wie das enden wird. Die Debatte, die um dieses Thema ausgebrochen ist, ist enorm, das hätte ich nie so stark erwartet“, sagt Kotynkowiecz.

liest für ihr Leben gerne (unter anderem auch den "Kitsch" von Nicholas Sparks) und würde am liebsten jede Katze adoptieren, die ihr über den Weg läuft.

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