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Der Volksgarten als Drogen-Mekka?

in VIERTEL(ER)LEBEN von

Ist der schlechte Ruf des Parks gerechtfertigt? Liegt das eigentliche Problem in der Asylpolitik oder im Drogenhandel? Unter dem Titel „Brauchst du was?“ wurde bei einem Annentalk vor Ort gemeinsam versucht, Antworten zu finden.

 

Der dritte Annentalk des Jahres wurde unter freiem Himmel im Ort der Thematik abgehalten. Fereydun und Werner Miedl redeten über das "Volksgartenproblem. (v.l.n.r.). © Markus Scheucher
Der dritte Annentalk des Jahres wurde unter freiem Himmel am Ort der Thematik abgehalten. Zahedi Fereydoun und Werner Miedl redeten über das „Volksgartenproblem“. (v.l.n.r.). © Markus Scheucher

„Der Volksgarten hat kein Sicherheitsproblem, der Hotspot für Polizeieinsätze ist die Grazer Diskothek Bollwerk“, stellte Sicherheitsexperte Werner Miedl vom Verein Sicher Leben gleich zu Beginn klar. Trotzdem sei der Park für viele Anrainer kein „Wohlfühlort“. Das seien aber rein subjektives Empfinden der Menschen. Eine Tatsache hingegen sei das Problem der Lautstärke: „Es muss besser vermittelt werden, dass es in einem Park in der Nacht nicht so laut sein darf“, so Werner Miedl. Mit ihm diskutierte Zahedi Fereydon von der „Drehscheibe Volksgarten“ am Annentalk, der über die Situation für junge Migranten in Österreich aus eigenen Erfahrungen erzählen konnte.

Werner Miedl ist Geschäftsführer des Vereins Sicher Leben in Graz, der den DESSI-Prozess initiiert hat. (Die Annenpost berichtete darüber)
Werner Miedl ist Geschäftsführer des Vereins Sicher Leben in Graz, der den DESSI-Prozess initiiert hat. (Die Annenpost berichtete darüber)

Situation für Flüchtlinge alles andere als einfach

„Ohne Möglichkeiten auf Arbeit oder das Erlernen der deutschen Sprache haben es Flüchtlinge sehr schwer“, wusste der gebürtige Afghane Fereydoun, der mittlerweile seit dreizehn Jahre in Österreich und seit 2009 in Graz lebt. Seit 2012 arbeitet er als Sozialbetreuer und Mitte Mai 2015 wurde er bei der „Volksgarten Drehscheibe“ tätig. Zusammen mit seiner Kollegin Julia zeigt Fereydoun Asylwerbern Perspektiven zur Integration auf, organisiert Sprachkurse und ist auch als Jobvermittler tätig. „Bei einem Deutschkurs waren zuletzt 35 Teilnehmer. Das war ein schönes Zeichen für mich. Die Flüchtlinge kommen nicht mehr um zu dealen, sondern um sich zu treffen und auszutauschen“, erzählte er stolz. Werner Miedl nickt zustimmend: „Ich bin froh, diese sogenannten „Drogendealer“ in die Drehscheibe zu bringen. Wir haben aber auch eine verflixte Verantwortung. Sie kommen zu uns und wollen wirklich Hilfe!“

Fereydun gibt Flüchtlingen Hoffnung auf ein geregeltes Leben fern von ihrer Heimat.
Fereydoun gibt Flüchtlingen Hoffnung auf ein geregeltes Leben fern von ihrer Heimat.

Keine Arbeit, aber Drogen?

Dennoch stellte sich folgende Frage für das Publikum: „Weswegen müssen Flüchtlinge eigentlich mit dem Dealen von Drogen beginnen?“ Fereydoun antwortet nachdenklich: „Es passiert meist in absoluten Notsituationen, oft fehlt das notwendige Geld aufgrund der langen Wartezeit für einen positiven Arbeits- beziehungsweise Asylbescheid. Man sollte aber die Zeit nützen, um die deutsche Sprache zu lernen, um sich besser zu integrieren und um Kontakte zu knüpfen“, sagte er und ergänzte: „Denn mit der Sprache beginnt alles“. Eine ältere, honorige Dame fragte anschließend, wo Asylwerber wohnen. „Zum einen in Heimen, zum anderen in geförderten Wohnungen“, erklärte Miedl, „nur bei subsidiär Schutzberechtigten wissen wir das nicht so genau, die sind arm dran.“

Vertrauen statt Anzeige

Es wurde auch über alternative Formen der Kontrolle gesprochen. Miedl erklärt eine davon, das Community Policing. Früher musste die Polizei kriminalisieren, um ein Problem zu lösen, erläutert Miedl. Community Policing bedeute Vertrauensarbeit. Man solle Betroffenen helfen, anstatt sie anzuzeigen. Generell habe man keinen Erfolg mit den jetzigen Mitteln im Kampf gegen die Drogenszene, denn „wo Käufer vorhanden sind, wird es auch immer Händler geben“, meinte Miedl. Eine Wortmeldung aus dem Publikum fand große Zustimmung. Man solle die Anrainer und die Asylwerber besser informieren, dazu könnte schon der „gute, alte Flugzettel“ reichen. „Genau diese Informationsarbeit wird jetzt über das Community Policing betrieben. Gespräche mit Anrainern und Bürgern hat es so vorher nicht gegeben“, antwortet er.

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Konstruktive Anliegen der Zuhörer wurden bei Werner Miedl vorgebracht.

Kluge Worte statt scharfe Waffen

Ob der Verein „Sicher Leben“ von der Stadt ernst genug genommen wird und ob genug Ressourcen vorhanden sind, war die abschließende Frage. „Prinzipiell ja, fallweise aber zu wenig. Es fehlt an Geldern seitens der Stadt“, antwortet Miedl in der „Arena“ im Volksgarten. Anders als in einer Arena wurde am dritten Annentalk aber nicht mit scharfen Waffen gekämpft, sondern mit klugen Worten konstruktiv diskutiert. Die sommerlichen Temperaturen und die Freiluftkulisse des Volksgartenparks gaben der Veranstaltung ein südländisches Flair.

 

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Zusammengefasst: Video zum Annentalk „Brauchst du was?“

Kamera & Schnitt: Christoph Madl
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Kreativ. Pragmatisch. Bedacht. Beschreibungen, die auf ihn zutreffen. Hat ein Händchen für die schönen Dinge im Leben. Zudem ein Liebhaber der elektronischen Musik.

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