Der Jägermeister im Annenviertel

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Geschicktem Marketing sei Dank. Lange Zeit hatte er den bitteren Beigeschmack eines altmodischen Kräuterlikörs – nur etwas für  Altherren sozusagen. In den 1990ern verschafften klug eingesetzte Kampagnen dem Jägermeister dann den Ruf, den er heute hat: Er gilt als Kultgetränk. Seitdem trinkt ihn nicht mehr nur die ältere Generation, um  nach dem Essen besser zu verdauen. Auch Jugendliche in Feierlaune mischen das Kräuterdestillat in ihre Longdrinks oder trinken die würzige Spirituose pur aus der Flasche. „Man bekommt ihn in der Oper genauso wie in traditionellen Lokalen – einfach überall“,  erzählt Gert Podrepsek, Mitarbeiter der Destillerie Franz Bauer, umgeben von mit Jägermeister befüllten Lagerbehältern. Im Zuge des Annenviertel-Spaziergangs stellt er den Traditionsbetrieb in der Prankergasse einer Gruppe von rund 20 Interessierten vor.

Gert Podrepsek zeigt der Gruppe die Brennerei

Neben einem italienischen Unternehmen ist die Destillerie Franz Bauer das einzige nichtdeutsche, das den Kräuterlikör abfüllen darf. Im Keller der Destillerie wird der Jägermeister aufbereitet und abgefüllt. „Wir bekommen ein Konzentrat aus Deutschland, bereiten es mit Zucker, Wasser und Alkohol auf und füllen es ab“, erklärt Podrepsek. Es sei keine Selbstverständlichkeit, die Lizenz dafür zu bekommen. „Einige Destillerien“, so der Rundgangsleiter,“ haben ihre Lizenz wieder verloren, weil sie die hohen Auflagen nicht erfüllten“.

Der Weg in den Jägermeisterkeller ist kaum zu verfehlen

Die Destillerie Franz Bauer scheint seit 1963 durchgehend den hohen Ansprüchen des Produktionskonzerns gerecht zu werden. Seit damals füllt sie Jägermeister aus ihren Kesseln ab. Den Likör selber zu produzieren, sei nicht möglich. Weil Jägermeister eine Weltmarke ist, müssen die Kräuter immer vom selben Ort kommen. „Sonst würde er nicht überall gleich schmecken“, erklärt Podrepsek. Doch auch ihn einfach nur abzufüllen, scheint ein großes Geschäft zu sein. Die Destillerie Bauer produziert nur für den österreichischen Markt. Und das ist eine Menge. „Wir füllen circa 30 Millionen kleine Flaschen im Jahr ab“, legt Podrepsek Produktionszahlen offen. Die Gruppe um ihn herum staunt. Die Destillerie Bauer sei zwar mit nur circa drei Prozent an der weltweiten Produktion beteiligt, in Österreich werden jedoch mehr kleine Jägermeister-Flaschen verkauft als im gesamten Rest der Welt.

Im Shop der Destillerie gibt es eine eigene Jägermeister-Ecke

Auch wenn der Jägermeister das Zugpferd der Destillerie ist und er zusammen mit dem hauseigenen Wodka Stroganoff zwei Drittel der Produktion ausmacht, hat der Betrieb noch zahlreiche andere Spirituosen anzubieten, wie Podrepsek in der Brennerei erklärt. Es scheint ihm ein Anliegen zu sein, zu vermitteln, dass die Liköre, Brände und Schnäpse der Destillerie einen wesentlichen Platz in der Produktion einnehmen. Das Unternehmen sei nicht nur auf den Jägermeister zu beschränken. „Wir legen Wert auf Qualität und nicht auf die Menge“, sagt er und erklärt der Gruppe, dass Bauern aus der Region das frische Obst liefern und wie dieses dann zu Maische verarbeitet wird.

Neben Regionalität fest in der Unternehmenssprache der Destillerie Franz Bauer verankert ist die Tradition. Detailliert spricht Podrepsek von der Geschichte des Betriebs. Die Destillerie gibt es bereits seit 1920. Das Gebäude in der Prankergasse wurde 1932 von einer Bierbrauerei übernommen. Seit 1960 gehört die Destillerie der Familie Schlichte. Franz Bauer hatte keine Nachfahren. Er bestand aber beim Verkauf darauf, dass das Unternehmen weiterhin seinen Namen trägt.

Den Gemäuern in der Brennerei und den Kellern sieht man die lange Geschichte des Unternehmens an. Historische Kellergewölbe umgeben moderne Rohrsysteme. „Die Ziegel werden speziell lackiert, um zu verhindern, dass sie bröckeln – das würde den Sicherheitsvorschriften widersprechen“, sagt Podrepsek und zeigt an die Decke der Brennerei. Um den Standort beibehalten zu können, obwohl der Betrieb im Laufe der Jahre immer größer wurde, hat die Destillerie Kellerräume von Nachbarsgebäuden angemietet. Sogar Kellernischen werden genützt, um jeden vorhandenen Platz auszureizen. Es scheint also gesichert, dass der Jägermeister weiterhin Annenviertler bleibt.

Adrian "Zwitscher" Engel ist ein Multitalent. Vormittags Journalist für die Annenpost, Nachmittags Topstürmer seines Vereins JSV Mariatrost. Und nachts? Da verwandelt er sich in einen Partytiger und tanzt in einer der Grazer Discos zu schrillen Techno-Beats. Als Ausgleich zum sonst so stressigen Alltag genießt der 19-jährige Urgrazer die ruhigen Wochenendtage vor seinem warmen Kamin. "Einfach mal die Seele baumeln lassen. Die Zeit vergessen."

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