Mit der Arbeit “Bezirk 5” gelingt es dem österreichischen Fotografen Elias Holzknecht, die Diversität des Bezirks Gries fotografisch einzufangen. Im Rahmen des Kunstfestivals Steirischer Herbst setzt er bewusst auf Lokalität.
Autorinnen: Elisabeth Umbauer, Alissa Tschann, Elena Pausch
In einem kahlen Ausstellungsraum in der früheren Schnapsfabrik Bauer steht ein Tisch, auf dem Bilder und Geschichten ausgelegt sind. Zwischen Gesetzestexten und Fakten zum österreichischen Wahlrecht finden sich Fotografien eines improvisierten Wahllokals und Portraits verschiedener Persönlichkeiten im Gries. Im zweiten Raum hängen Fotos des Migrant:innenbeirats, österreichischer Beisl und eines Klassenzimmers, in dem vergangenes Jahr Wahlen stattfanden – ein Querschnitt verschiedener Milieus im Gries.
Eine Frage der Perspektive
Elias Holzknecht, dessen Arbeit hier im Rahmen der großen Herbst-Ausstellung im “BAU” zu sehen ist, lebt selbst in Graz. Bei einem Treffen erzählt er mit großer Leidenschaft über die Hintergründe seiner Arbeit. Die Fotografien sollen zeigen, wie unterschiedlich und vielschichtig soziale Lebensräume sein können. Dabei stellt der Künstler bewusst die Frage, wie Orte und Menschen wahrgenommen werden und was dabei übersehen wird. Er legt großen Wert darauf, dass ein Ort oder Lebensraum nicht in ein spezifisches Narrativ gesteckt werden kann. Das hat Holzknecht auch in seinem Buch “Micheldorf Micheldorf Micheldorf Micheldorf“ gezeigt, in dem er die vier gleichnamigen Orte in Österreich fotografiert. Dabei macht er deutlich, wie schwer es ist, einem sozialen Zusammenleben mit Momentaufnahmen gerecht zu werden.
Während beim Steirischen Herbst vor allem globale gesellschaftliche Themen dargestellt werden, steht “Bezirk 5” im Zeichen des Lokalen. Holzknecht schafft es dadurch, die Menschen aus der Nachbarschaft um den BAU direkt in die Ausstellung zu integrieren. Ein Aspekt seiner Arbeit dreht sich um die politische Vertretung in Gries. Beispielsweise waren bei der Landtagswahl 2024 weniger als 50% der Bewohner:innen wahlberechtigt und von diesen machte nur ein Viertel tatsächlich ein Kreuz auf dem Wahlzettel. Holzknecht zeigt sich betroffen, dass in Gries die Minderheit über die Mehrheit bestimmt.

Im zweiten Ausstellungsraum hängen Bilder von einem bunten Lokal und österreichischen Beisln. – Foto: Elisabeth Umbauer
“Verkehrte Zustände in Gries”
Als Beispiel erzählt Holzknecht die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter ohne österreichische Staatsbürgerschaft, die er im Zuge seiner Recherchen im Bezirk kennengelernt hat. Sie lebe bereits seit 20 Jahren in Österreich und arbeite von früh bis spät als Reinigungskraft. Trotz aller Bemühungen blieb ihr dabei zu wenig Zeit, um auch noch Deutsch zu lernen. Sie ist nur eine von vielen Bewohner:innen in Gries, die aufgrund ihrer Herkunft von der demokratischen Mitbestimmung ausgeschlossen sind. “Dass es solche verkehrten Zustände wie in Gries direkt bei mir vor der Haustüre gibt, das hat mich dann schon sehr berührt”, erzählt Holzknecht.
Bei weiteren Gesprächen lernte der Künstler viele Bewohner:innen mit unterschiedlichen Perspektiven auf ihren Bezirk kennen. Während sich laut Holzknecht manche komplett von der Politik verabschiedet hätten, würden andere gerne aktiv mitbestimmen. Auch Vereine wie der Migrant:innenbeirat der Stadt Graz versuchen, eine gerechtere Interessenvertretung zu schaffen.
“Bezirk 5” handelt nicht von Krieg und Frieden in fernen Ländern, sondern bringt das diesjährige Herbst-Thema “Never Again Peace” in die unmittelbare Nachbarschaft. Demokratische Mitbestimmung ist laut Holzknecht kein festes Konzept, sondern ein menschengemachtes. “Und wenn wir Menschen das gemacht haben, können wir das auch verändern.”
Titelbild: Elias Holzknecht erzählt inmitten seiner Ausstellung vom “Bezirk 5” – Foto: Alissa Tschann
Weitere Informationen finden Sie unter Steirischer Herbst
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