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Podcast als Sprachrohr für Zeitzeug:innen

Lesezeit: 2 Minuten

Im Projekt „VergissMeinNicht“ trifft Geschichte auf Gegenwart. Drei Schülerinnen der HLW Schrödinger haben sich das Ziel gesetzt, historische Ereignisse aus der NS-Zeit für junge Generationen greifbarer zu machen.

Autor:innen: Katharina Gubo, Marie Jost, Julia Klösch

„Am 11. März 1958 wurde ich nach Graz einberufen, in die ehemalige SS-Kaserne in Wetzelsdorf. Dort habe ich erlebt, wie grausam die militärische Ausbildung ist. Es war die Hölle“, erzählt Oberst Manfred Oswald. Er ist einer der vier Zeitzeug:innen, deren intime Einblicke im Podcast „VergissMeinNicht“ in die Öffentlichkeit gerückt werden. Hanna Pechmann, Laetitia Schriebl und Lena Neuwirth steckten viel Zeit und Energie in das Projekt, welches im Rahmen ihrer Diplomarbeit, die sie an der HLW Schrödinger schreiben, entstand.

Zeitzeug:innen vor dem Mikrofon

Der 1940 geborene Oberst Oswald setzt sich schon während seiner Dienstzeit unter anderem dafür ein, dass den Massenerschießungen am Feliferhof, dem Schießplatz westlich der Kaserne, Aufmerksamkeit geschenkt wird. Bis heute engagiert er sich für die Aufarbeitung von Militärverbrechen in der NS-Zeit. Die Schülerinnen der HLW Schrödinger bringen ihn und drei weitere Kinder der Kriegs- und Nachkriegszeit vor das Mikrofon und geben so Erinnerungsarbeit ein modernes Format. Dadurch ermöglichen sie einen generationenübergreifenden Austausch.

Lucia Heilmann erzählt im Podcast ebenfalls von ihrer prägenden Vergangenheit. Aufgrund der Ausgrenzung und Verfolgung der Juden durch die Nazis musste sie jahrelang versteckt und in großer Angst leben. „Frau Heilmann wurde im Gespräch immer wieder emotional. Man hat gemerkt, dass sie die Erinnerungen sehr schmerzen“, erzählt Lena, eine der Schülerinnen. Trotz ihrer leidvollen Vergangenheit ließ die Frau sich nicht unterkriegen. Nachdem Heilmann ihre Freiheit zurückgewann, studierte sie Medizin in Wien und widmete sich fortan der Arbeit als Ärztin. Im Podcast erhalten außerdem auch die Kinder der Nachkriegszeit eine Stimme. Kurt und Gilda, die Großeltern der Schülerinnen, erzählen ihre persönliche Geschichte und ermöglichen so einen Einblick in die Herausforderungen, mit denen „die stille Generation“ konfrontiert war.

Die Schülerinnen arbeiten am Laptop und planen ihr Projekt.
Die Schülerinnen planen die nächsten Schritte ihres Projekts. – Foto: Marie Jost

Moderner Zugang zu historischen Themen

In den Gesprächen mit den Zeitzeug:innen werde deutlich, wie stark politische Umstände persönliche Lebensrealitäten prägen. Den Schülerinnen ist es deshalb wichtig, die Erinnerungen dieser Menschen zu bewahren: „Mit Bildung sichern wir nicht nur Demokratie, wir sichern die Freiheit, die Menschenwürde und den Frieden für kommende Generationen. Es liegt an uns, diese Verantwortung anzunehmen.“

Da im Schulunterricht die persönlichen und lokalen Berührungspunkte oft fehlten, haben es sich die Schülerinnen in ihrem Podcast zur Aufgabe gemacht, einen emotionalen Zugang zu den Zeitzeug:innen und der Thematik zu schaffen. „Man hört das, was in Berlin und in Wien passiert ist.  Aber der eigene Bezug fehlt“, so Lena.

Gefragt nach dem Ziel ihres Projekts, antwortet Laetitia: „Wir möchten dazu motivieren, sich mehr einzusetzen für die Demokratie und allgemein für den Frieden, der leider nicht selbstverständlich ist. Jugendlichen soll bewusst sein, dass sie vielleicht etwas verändern können.“

Alle Generationen sollten, unabhängig von ihren eigenen Geschichten, ein größeres Interesse an den Biografien anderer zeigen. Dieser Meinung ist auch Gerald Lamprecht, Professor für Jüdische Geschichte und Zeitgeschichte an der Universität Graz. Als Ansprechperson für erinnern.at im Raum Steiermark leistet er schon jahrelang Aufklärungsarbeit in Bezug auf Antisemitismus. Bei der Premiere des Podcasts, die am 10. Oktober 2025 im Museum Graz stattfand, steuerte Lamprecht den notwendigen historischen Kontext bei. Anschließend an das Event ist der Podcast auf einer eigenen Website verfügbar.

 

Titelbild: Hanna Pechmann, Lena Neuwirth und Laetitia Schriebl, die Gründerinnen des Projekts. – Foto: Marie Jost

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