Inszenierte Natur: Zwischen Bild, Körper und Raum

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 „Angenehm für das Auge, weich für die Füße ist Simona Obholzers aktuelle Ausstellung. Mit ihren Werken lädt die Künstlerin im „Space03 des Kunsthauses dazu ein, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen. Im Zentrum steht der Rasen, ein Sinnbild für die inszenierte Natur.

Der Raum der Ausstellung im Kunsthaus ist niedrig, dunkel, fast vollständig mit schwarzem Teppich ausgekleidet – eine bewusste Wahl der Künstlerin. Die Schritte der Besucher:innen werden zu kaum hörbaren Lauten gedämpft. Während unseres Interviews spricht Simona Obholzer ruhig und überlegt. Ihr Blick ist auf das zentrale Motiv ihrer Ausstellung gerichtet – den Rasen. Für sie stellt er eine Projektionsfläche widersprüchlicher Empfindungen dar: Seine gepflegte, einladende Erscheinung suggeriere Zugänglichkeit, seine Perfektion aber markiere gleichzeitig eine Grenze, die unbetreten bleiben soll. 

Die Schöpferin des Diagonale’25-Trailers beschäftigt sich in ihren Werken mit der Wechselwirkung zwischen Bild- und Erfahrungsraum. Durch ihre Installationen möchte Obholzer neue Perspektiven auf das Zusammenspiel von Kunst, Natur und Wahrnehmung eröffnen und das Bewusstsein für Raum und Körper schärfen.

Momente, in denen der menschliche Körper in Beziehung zum Bild tritt, faszinieren die Künstlerin. Sie finden Ausdruck in den fünf Werken ihrer Ausstellung. Obholzer setzt sich in ihren Arbeiten mit der Frage auseinander, wie Naturbilder unsere Wahrnehmung und Erwartungen beeinflussen und wie der Körper auf das Zusammenspiel von Bild und Umgebung reagiert.

Kontrollierte Natur: Wie der Rasen unser Handeln lenkt

Die Imitation von Natur ist ein zentrales Element in Obholzers Kunst. Bereits in früheren Werken beschäftigte sie sich mit künstlichem Schnee oder Wellengang. Nun nimmt sie den Rasen ins Visier. Die Künstlerin stellt die Fragen: Was bedeutet es, wenn Natur zum gestalteten Bild wird? Welche Erwartungen projizieren wir in diese idealisierten, oft hochgradig inszenierten Landschaften?

Rasen ist keine naturbelassene Wildnis. Er ist geordnet, kontrolliert und bedarf ständiger Pflege. In urbanen Räumen wird er in strenge Muster integriert, oft in Kombination mit Beton. Diese vorgegebene Ordnung bestimmt, wie wir uns bewegen. Wo dürfen wir hintreten? Wo bleiben wir stehen? In ihrer Arbeit „Park“ thematisiert Obholzer diese subtile Steuerung unseres Verhaltens durch städtische Freiraumgestaltung.

Rasen und Beton
Rasen und Beton – Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek (c) Bildrecht, Wien 2025

„The Lawn is the Most Pleasant Sight in the Scenery“

Parallel zur Ausstellung gestaltete Simona Obholzer den offiziellen Festival-Trailer für die Diagonale’25. „The Lawn is the Most Pleasant Sight in the Scenery“ ist eine Weiterführung ihres Films „DIN 18035“. Auch hier steht der Rasen, als inszenierte Natur, im Zentrum. Das Video zeigt Schutzfolien über einer Rasenfläche – eine irritierende Szenerie. Was zunächst wie eine filmische Illusion erscheint, entpuppt sich als reale Aufnahme. „Ich liebe es, wenn sich Bilder erst langsam entschlüsseln“, sagt Obholzer. Die Erwartungshaltung der Betrachter:innen wird spielerisch hinterfragt und verschoben. Die Künstlerin ist fasziniert von Bildern mit starker Wirkung. Sie hinterfragt, wie unsere Erwartungshaltungen geformt werden und welche Irritationen entstehen, wenn das Bild sich nicht so verhält, wie wir es erwarten. „Ich mag Reibepunkte”, sagt sie. „Wenn etwas atmen muss, aber unter Plastik liegt – es sind diese kleinen Verschiebungen, die unsere Wahrnehmung schärfen.“

Ein weiteres wesentliches Element des Trailers ist der Ton. Ursula Winterauer, Sounddesignerin des Videos, hat eine zentrale Komponente hinzugefügt: den Atem. Das sanfte, rhythmische Heben und Senken des Tons verstärkt die Illusion einer lebendigen Natur. Doch wem der Atem gehört, bleibt den Zuschauer:innen überlassen: Ist es der Rasen, der atmet, oder doch eine Person?

Körperwahrnehmung im Kunstraum

Eine Ausstellung zu besuchen bedeutet oft, Bilder nur mit den Augen wahrzunehmen. Obholzers Werke fordern jedoch eine aktive Auseinandersetzung mit dem Raum. Besucher:innen sind eingeladen sich hinzulegen, sich anders zu bewegen als in einer klassischen Galerieumgebung. Diese Erfahrung soll den Blick auf ihre Umgebung verändern. Wahrnehmung ist persönlich und stets mit der eigenen Haltung verbunden. „Als Kinder liegen wir oft auf dem Boden. Als Erwachsene tun wir das nicht mehr“, so Obholzer. „Doch Bodenkontakt verändert die Art, wie wir unseren Körper wahrnehmen. Ich möchte diese ursprüngliche Erfahrung zurückholen.“

 

Infobox

Ausstellung: Angenehm für das Auge, weich für die Füße, Simona Obholzer
Ort: Kunsthaus Graz, Space03
Laufzeit: 28. März – 21. April 2025
Kuratiert von: Katia Huemer
Kooperation mit: Diagonale ’25
Trailer: The Lawn is the Most Pleasant Sight in the Scenery

Mehr Informationen unter: https://www.museum-joanneum.at/kunsthaus-graz/unser-programm/ausstellungen/event/diagonale-25-simona-obholzer-1  

Titelbild: Simona Obholzer und der Rasen. – Foto: Karla Schwarz

Hi/Jambo/Hola, mein Name ist Karla und ich studiere seit Oktober 2024 Journalismus & PR an der FH JOANNEUM und bin somit auch Teil der Annenpost. In meiner Freizeit liebe ich es, neue Orte zu entdecken und spannende Reiseerfahrungen zu sammeln.

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