Diagonale25: Indoor-Kino statt Street Cinema

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Ein Kinoerlebnis der besonderen Art bietet seit Jahren der Street Cinema Walk bei der Diagonale. Dieses Jahr spielte das Wetter jedoch nicht in die Karten der Veranstalter:innen und so wurde das Lendhotel kurzfristig in einen Kinosaal umfunktioniert. Woher die ursprüngliche Idee zum Street Cinema Walk kam und welche Filme gezeigt wurden.

In ganz Graz schüttet es in Strömen. Klitschnass sind die Straßen und ein kräftiger Wind bringt Kälte in die Stadt. Die wenigen Menschen, die es bei diesem Wetter hinaus verschlagen hat, eilen eingemummt und mit Regenschirmen ausgestattet durch die trübe Stadt. Ganz anders ist die Atmosphäre im Lendhotel. Die Lobby, für den heutigen Abend umfunktioniert zu einem kleinen Kinosaal, ist voll besetzt. Der Raum ist gefüllt mit Gesprächen und Gelächter. Von Volksschulkind bis Pensionist sitzen sie alle eng beisammen und warten mit Aperol, Gösser Bier und Roter Rakete in der Hand gespannt auf einen Abend voller österreichischer Filmkultur.

Eigentlich wäre für das Street Cinema Graz 2025, das jährlich im Rahmen der Diagonale stattfindet, eine Kurzfilmwanderung durch den Bezirk Lend geplant gewesen. An verschiedenen Orten im Freien, wie beispielsweise vor dem Lendhotel oder beim Wildmoser, wären Mauern und Fassaden in temporäre Kinoleinwände verwandelt worden. Doch dieses Jahr machte das regnerische Wetter den Veranstalter:innen einen Strich durch die Rechnung. „Wir haben es die Tage davor schon kommen sehen. Aber bis zur letzten Stunde habe ich gehofft, dass es noch ein Regenfenster gibt“, bedauert einer der Veranstalter. „Wir hatten jetzt einfach Pech. Aber das gehört dazu.“ 

Während es draußen schüttet, versammeln sich Filmbegeisterte im Lendhotel. – Foto: Theresa Kapper

Rettung durch Spontanität

Eva Theuerl, Max Presker, Bettina Riedler, Jakob Isselstein, Anna Ederer, Christina Töpfer und Paula Schmidt sind die Mitglieder des siebenköpfigen Teams des Street Cinema Graz. Ursprünglich kam die Idee für den Spaziergang von Christina Töpfer: Sie hat diese Art von Veranstaltung schon vor Jahren mit ihren Freunden in Leipzig organisiert und brachte diese Idee dann nach Graz.

Seit 2013 findet das Street Cinema jährlich ein bis zwei Mal statt. Von weit über 15 Veranstaltungen im Freien war es heuer erst das zweite Mal, dass das Wetter andere Pläne hatte. Trotzdem gab das Team des Street Cinema Graz ihr Bestes, um ihren Gästen einen schönen Abend zu bieten. Durch die Spontanität der Veranstalter:innen konnte das Street Cinema dieses Jahr, wenn auch unter anderen Umständen, trotzdem stattfinden. Das Motto war heuer „Back to the roots“, da das Street Cinema dieses Jahr wieder in jenes Viertel zurückkehrt ist, in dem 2013 die allererste Kurzfilmwanderung stattfand.

Im Rahmen des Street Cinema Walk wurden sechs Kurzfilme von jungen Filmemacher:innen gezeigt. – Foto: Theresa Kapper

Kurzfilme, die begeistern

Insgesamt wurden dem Publikum dieses Jahr sechs Filme gezeigt. Alle waren von jungen österreichischen sowie internationalen Filmemacher:innen.

In ‚World at Stake‘ von Susanna Flock, Adrian Jonas Haim und Jona Kleinlein werden drei Sportwettkämpfe gezeigt, die alle einen unerwarteten Verlauf und unerwartete Konsequenzen aufweisen. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob wir unter den Erwartungen der Gesellschaft wirklich frei leben. 

Der Film ‚Night of Passage‘ widmet sich dem Thema Migration: Reza Rasouli erzählt die Geschichte von drei Geflüchteten aus Teheran, die von ihrem Schlepper kurz vor der österreichischen Grenze abgesetzt werden und von einer dramatischen Wendung, die die Wege der jungen Erwachsenen trennt.

Ausgangspunkt von Simon Spitzers Kurzfilm ‚Rudiburg‘ ist ein Schaukasten am Brigittaplatz. Eine Pappburg von Rudolf Bauer ist aufgrund von Platzgründen des Museums dort ausgestellt. Gemeinsam mit dem Zuschauer erkundet Simon Spitzer die Umgebung, zeigt Menschen in Alltagssituationen und erzählt Geschichten des Stadtteils Brigittenau.

Michael Heindl nimmt in ‚Weiße Bänder‘ Bezug auf die künstlichen Skipisten in den Alpen, die trotz des mangelnden Schnees geschaffen werden. Der Film zeigt Straßen, Wiesen und Felsen, an denen ein weiße Flüssigkeit langsam abwärts läuft. Dabei sollen die Widersprüche des menschlichen Handelns gezeigt werden.

Soap&Skin alias Anja Plaschg covert den David Bowie Song “Girl loves me”. In dem Musikvideo, in dem Ioan Gavriel und Anja Plaschg Regie führten, geht es um den Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit. Der Wunsch nach Freiheit wird beleuchtet und die Frage, ob Freiheit gleich Chaos bedeutet, wird aufgeworfen.

Im Kurzfilm ‚Everyone Deserves a Slice of the Pie‘ verbindet die Regisseurin Sasha Pirker den 100. Geburtstag der 16mm-Bolex Kamera und den 110. Geburtstag des ersten Tortenwurfs in einem Stummfilm. Sie geht dabei auf den Zusammenhang von Aktivismus und Kino ein, zeigt Tortenwurf in alten Filmszenen von Tom und Jerry und den Simpsons, sowie editierte Clips von Personen, die ihrer Meinung nach noch heute eine Torte im Gesicht verdient hätten.

Von Musikvideo bis Spielfilm reichte das Angebot des Abends. – Foto: Theresa Kapper

Titelbild: Die Veranstalter:innen sind sehr zufrieden mit ihrem Ersatzprogramm. – Foto: Theresa Kapper

2005 in der Südoststeiermark geboren, seit 2024 studiere ich Journalismus und PR an der FH JOANNEUM in Graz
Ich liebe es zu Texten, zu Planen und zu Träumen.

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