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Die Ruhe vor dem Sturm

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Mehr Flaniercharakter, Grünflächen, Einkaufsflair – die Aufwertung der Annenstraße soll es möglich machen. Bis die ambitionierten Projekte in der ehemaligen Prachtstraße realisiert sind, werden Baustellenfahrzeuge, Lärm und genervte Passanten ihr Erscheinungsbild prägen. Theoretisch sollten die Anrainer wissen, wofür sie diese Einschränkungen in Kauf nehmen. Die Praxis sieht aber anders aus.

 Von Andreas Lackner

 

Erster Lokalaugenschein

Der Metahofplatz: Radständer, Bäume, Sträucher, eine kleine Rasenfläche. Sitzgelegenheiten? Fehlanzeige. Wie die meisten Plätze entlang der Annenstraße wirkt auch der Metahofplatz nicht gerade einladend. Der dringende Umgestaltungsbedarf ist unübersehbar. In Blickrichtung Bahnhof sind Bauarbeiter bereits mit Arbeiten an der neuen Straßenbahnunterführung beschäftigt, in Richtung Zentrum erstreckt sich die Straße gut einsehbar bis zum Roseggerhaus. Der ideale Standpunkt, um Anrainer und Passanten über ihren Wissenstand zum Thema „Aufwertung der Annenstraße“ zu befragen.

Der Metahofplatz
Der Metahofplatz in der Nähe des Hauptbahnhofes

 

Der erste Passant ist ein älterer Herr, der sich für Immobilien in der Annenstraße interessiert. Er wundert sich selbst, dass er noch nichts von den Umgestaltungsplänen der Stadt Graz gehört hat: „Klar weiß ich, dass der Hauptbahnhof umgebaut wird – hat ja jeder mitbekommen – aber dass sonst auch noch etwas gemacht wird, wusste ich nicht. Ich wohne ja auf der anderen Seite der Mur.“ Abschließend fügt er  hinzu: „Das hätten sie vor 25 Jahren machen müssen – da hätte es noch was gebracht.“

Dominik, ein junger Verkäufer aus der Hans-Resel-Gasse, hat sich zwar nicht über die Maßnahmen informiert, sieht den Bauarbeiten aber positiv entgegen. „Es kann ja nur besser werden“, meint er lakonisch.

Eine ältere Dame, die schon ihr ganzes Leben im Annenviertel wohnt, bezweifelt vor allem die Sinnhaftigkeit der geplanten Straßenbahnunterführung: „Ich finde es blöd, dass sie diese Unterführung bauen. Das ändert doch überhaupt nichts. Ich brauche dann nach wie vor zehn Minuten bis zum Hauptbahnhof.“ In Bezug auf die weiteren Projekte kann sie keine Details nennen: „Schade, dass mir das niemand gesagt hat. Gerade die Anrainer sollten doch etwas davon mitbekommen.“

Christina Breitfuß, eine 22-jährige Studentin, erzählt, dass sie neben der medienwirksam angekündigten Neugestaltung des Hauptbahnhofes zumindest von einem Projekt gelesen hat, das den schmalen Gehsteigen in der Straße durch Verbreiterung wieder Flaniercharakter verleihen soll.

 

Christina Breitfuß hat von der geplanten Verbreiterung der Gehsteige gehört
Christina Breitfuß ist teilweise über die geplanten Aufwertungsmaßnahmen informiert

 

Der zweite Anlauf

Lokalbetreiber und Geschäftsleute in der Annenstraße werden von den Umgestaltungsmaßnahmen noch stärker eingeschränkt als Anrainer. Sie sollten daher auch besser über die Planung informiert sein.

Birgit Kniebeiss arbeitet im neu eröffneten Café „Fotograf“ direkt an der Haltestelle am Esperantoplatz. Sie ist über die Pläne informiert und weiß zum Beispiel, dass die größeren Plätze verschönert werden sollen und mehr Raum für Grünflächen geplant ist. Außerdem ist ihr bewusst, dass die Aufwertung in mehrere Bauphasen vonstatten geht.

 

Birgit Kniebeiss, Geschäftsführerin des Café Fotograf
Birgit Kniebeiss, Geschäftsführerin des Café Fotograf

 

Die Trafikantin gegenüber gibt sich bedeckter. „Genau, da wird ja umgebaut“, mehr ist ihr nicht zu entlocken. Entlang der Annenstraße ist Margit Adam damit beschäftigt, Falschparker abzustrafen. Als Aufsichtsorgan der Stadt Graz ist sie über das Stadtgeschehen bestens informiert: „Die Bauarbeiten werden voraussichtlich bis Ende 2013 dauern. Was genau geändert wird, kannst du dir im Internet und in verschiedenen Infofoldern anschauen.“ Auf die Frage, warum die Unterführung in Richtung Bahnhof errichtet wird, antwortet sie ausweichend: „Ach ja, für die Autos. Nein warte, das ist doch für die Straßenbahnen, oder?“

Es gibt noch viel zu tun

Der Lokalaugenschein zeigt, dass zumindest die Geschäftsleute in der Straße darüber Bescheid wissen, was sie in Kürze erwartet. Keiner der Befragten sieht den Vorhaben der Stadt Graz negativ entgegen. Die Hoffnung auf eine schönere, stärker frequentierte Annenstraße lässt die Gedanken an kurzfristige Umsatzeinbußen nahezu vergessen.

Grund zur Sorge bereitet die Tatsache, dass kaum einer der befragten Passanten etwas über die geplanten Aufwertungsambitionen weiß – nur wirklich Interessierte haben sich bislang detaillierter über die anstehenden Projekte informiert. Die große Mehrheit wird das wohl erst machen, wenn die ersten Baumaschinen durch die Annenstraße rollen.

 

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