Kampf gegen den Leerstand – RE:SPACE Annenstraße

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Sechs Studierende versuchen sich an einer Aufgabe, an der die Stadt seit Jahren scheitert – am Kampf gegen den Leerstand. Das Ziel: eine nachhaltige Belebung der Annenstraße.

Autor:innen: Amelie Kurien, Leah Graf

Österreich zählt zu den Spitzenreitern, was versiegelte Flächen angeht, wobei geschätzt 40.000 Hektar an Gebäudeflächen leer stehen. So steht es in der Projektbeschreibung von RE:SPACE, einem Projekt, das von der Stadt Graz gemeinsam mit Studierenden umgesetzt wird. 

Gerade in der Annenstraße ist der Leerstand ein ewig wiederkehrendes Thema – die Annenpost berichtete zuletzt im Februar in einem großen Schwerpunkt. Auch für die Stadt Graz ist das Problem kein neues, sie hat in der Vergangenheit und beginnend mit dem großen Umbau 2012 wiederholt in die Neugestaltung und Aufenthaltsqualität der Straße investiert. Dennoch bleiben zahlreiche Flächen ungenutzt, die letzte Erhebung der Annenpost vor einem Jahr ergab 17 Leerstände, dazu zwei Zwischennutzungen und eine wachsende Zahl von Automatenlokalen. Dazu kommt nun jedenfalls der Raum des früheren „Gummineger”, aus dem im Sommer der ukrainische Kulturverein Ridna Domivka ausziehen musste.

Die Ursachen für den Leerstand liegen weniger am Standort selbst, sondern an anderen Hürden: So stehen Eigentümer:innen etwa oft vor hohen Sanierungskosten. Zusätzlich steht in der Annenstraße selbst nur wenig freie Fläche im öffentlichen Raum zur Verfügung, was den Spielraum für Aufwertungsmaßnahmen wie zusätzliche Fahrradabstellplätze, Ruhebereiche oder Gastgärten einschränkt, so Martina Gugl. Insgesamt beschäftigen sich sechs Studierende der Universität Graz im Rahmen der Sustainability Challenge zwei Semester lang mit der Frage, wie die Leerstände in der Annenstraße nachhaltig genutzt werden können. Dabei werden sie von Expert:innen von Ökoprofit unterstützt, dem städtischen Umweltprogramm, das Unternehmen auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit berät. Die interdisziplinäre Sustainability Challenge wird von sieben österreichischen Universitäten getragen und soll Studierenden Erfahrung im Umsetzen nachhaltiger Projektideen vermitteln. 

RE:SPACE-Team, Foto: Martina Gugl

Was RE:SPACE verändern will 

Im Projekt RE:SPACE Annenstraße wollen die Studierenden den Eigentümer:innen von Leerständen zeigen, wie Sanierungen erleichtert werden können, und sie dadurch zur Veränderung anregen. Maßnahmen, die das Projektteam zur Belebung der Erdgeschosszone erarbeitet hat, umfassen Informationen zu Fördermöglichkeiten, neue Mietmodelle für Start-ups sowie Impulse für neue Nutzungen und Sanierungen. 

Erste Wirkungen soll das Projekt im nächsten halben Jahr entfalten, gemeinsam mit Eigentümer:innen und lokalen Betrieben möchten die Studierenden mindestens ein bis zwei Leerstände mit neuen Nutzungsideen beleben. Ziel des Projekts ist es, Eigentümer:innen davon zu überzeugen, dass Sanierungen einen Mehrwert bieten. Dabei setzt das Team vor allem auf Ideen und Anliegen der Eigentümer:innen selbst, die im Rahmen von partizipativen Formaten erhoben werden sollen. „Für das Projekt wird es ausschlaggebend sein, sich mit Schlüsselpersonen, die wirklich etwas bewegen wollen, langfristig zu vernetzen“, so Roland Kloss aus dem Projektteam. Am Ende soll die Annenstraße wieder attraktiver für Besucher:innen werden. 

Die Fassaden und Erdgeschosszonen seien „das Gesicht der Stadt”, sagt Kloss. Erfahrungen aus ähnlichen Projekten in Wien zeigen, dass gemeinsame Eigentümerinitiativen viel bewirken können. Das weiß auch Roland Kloss, Ökoprofit-Chef, der die Studierenden mit Rat und Tat unterstützt. „Dieses Projekt ist genau das richtige für die Annenstraße, in Wien hat ein ähnliches Projekt bereits im Zuge von Eigentümergemeinschaften und eigenen Initiativen funktioniert”, sagt Kloss.

Der Blick der Studierenden

Martina Gugl berichtet im persönlichen Gespräch, dass die Studierenden im Rahmen verschiedener Analysen bestehende Gebäude, Leerstände und Eigentümerstrukturen untersucht hätten. Dabei sei deutlich geworden, dass Leerstand nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Auswirkungen habe und das Image der Straße negativ präge. Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass die vorhandene Verkehrsberuhigung, breitere Gehsteige und der vergleichsweise geringe Autoverkehr eine gute Ausgangssituation für neue Nutzungen bieten.

Annenstraße – Foto: Martina Gugl

Koralmbahn als Rückenwind 

Spätestens mit der Eröffnung der Koralmbahn, die Graz direkt mit Klagenfurt verbindet, gewinnt die Annenstraße als Zugang zum Hauptbahnhof enorm an Bedeutung. Aus Sicht von Roland Kloss verfüge die Straße bereits jetzt über eine hohe Passantenfrequenz und hätte großes Potenzial. Es soll künftig noch stärker als „Tor zur Stadt“ wahrgenommen werden. Mehr regelmäßige Pendler:innen und Tourist:innen könnten sich positiv auf die Wirtschaft in der Annenstraße auswirken. Das Projekt möchte diesen Schwung nutzen, doch dafür braucht es eine Kraft, die bislang gefehlt hat – die aktive Beteiligung der Eigentümer:innen. 

Infobox
respace.annenstrasse@gmail.com

 

 

Titelbild: Leerstände in der Annenstraße – Foto: Martina Gugl

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