Das Tanzkollektiv will mit ihrem Projekt über den Sommer im Volksgarten Bewegung in die Debatte um Sichtbarkeit, Inklusion und Feminismus bringen.
Die Obsession Sisters laden diesen Sommer zu einem ungewöhnlichen Tanzprojekt in den Grazer Volksgarten: Unter dem Titel Dance With the Fans öffnen sie an vier Terminen ihre Proben für alle, die mitmachen wollen – kostenlos, ohne Anmeldung. Gebraucht wird nur ein „tanzbares Outfit, etwas zu trinken und ein Handtuch“, wie sie auf ihrer Website schreiben. Und den Mut, sich auf der Wiese in Bewegung zu setzen.
Entstanden ist das Format gemeinsam mit dem Stadtteilprojekt ANNENViERTEL. Der Verein engagiert sich seit 2007 für sozialen Zusammenhalt, Teilhabe und kulturelle Vielfalt im Grazer Annenviertel. Durch künstlerische, soziale und nachbarschaftliche Projekte bringt er Menschen unterschiedlicher Herkunft miteinander in Kontakt und stärkt das Miteinander im Stadtteil. Dabei steht immer das Ziel im Vordergrund, den öffentlichen Raum gemeinsam zu gestalten und zu beleben. Erst durch kontinuierliche Präsenz im Viertel, durch Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen könne ein echtes Miteinander entstehen.
Ziel dieses Projektes ist es, durch das gemeinsame Tanzen und einen regen Austausch Sichtbarkeit zu schaffen – mit einem klar feministischen Anspruch und dem Versuch, gesellschaftliche Teilhabe auch abseits etablierter Bühnen zu ermöglichen.
Vom Wohnzimmer auf die Bühne
Zum Tanzen gekommen sind die langjährigen Freundinnen und Obsession Sisters wie viele andere auch: Durch pure Freude an der Musik. Ob beim Fortgehen, auf Partys oder einfach zu Hause: Was als privates Hobby begann, wurde über die Jahre offiziell und ab dem Jahr 2003 zu einem performativen Kollektiv. 2007 traten sie erstmals beim steirischen herbst auf, seither treten sie regelmäßig – meist zu fünft oder sechst – bei Events in und um Graz auf. „Wir sind eine Hobbytruppe“, sagt Eva Martischnig, eine der Mitbegründerinnen. Genau das sei auch der Grund dafür, Mut zum Mitmachen zu erzeugen. „Der Volksgarten wird von vielen Grazer:innen noch immer gemieden. Projekte wie diese sollen genau das verändern und den Park als offenen, gemeinschaftlichen Raum erlebbar machen”, meint Martischnig.

Feministischer Freiraum im Park
Dass Tanz verbinden kann, ist für Eva Martischnig keine Floskel. „Wenn man tanzt, ist man ausgelassen, präsent – man zeigt sich. Sichtbarkeit ist hier nicht Selbstzweck, sondern ein feministisches Statement. „Wir wollen Raum einnehmen, sichtbar sein, uns nix scheißen – und einladen.“ Die offene Probe wird so zur Geste: „Wir sind da. Ihr könnt mitmachen. Oder einfach nur zuschauen.” Das Publikum bei der ersten Probe? Durchaus interessiert, aber zurückhaltend. Die meisten, die kamen, kannten die Obsession Sisters über Social Media, wo sie Ausschnitte ihrer Choreographien posten. Getanzt wird, was groovt: Meist Pop, aber grundsätzlich alles, was in die Beine geht.
Wer tanzt – und wer (noch) nicht?
Gerade darin liegt die Spannung des Projekts: Wie inklusiv ist ein Format wirklich, das alle willkommen heißt, aber zugleich viel Mut voraussetzt? „Die Hemmschwelle ist Vielen zu groß, leider“, sagt Martischnig. Dabei will die Tanzgruppe genau jene erreichen, die oft übersehen werden, oder sich selbst nicht eingeladen fühlen.
Nach den offenen Proben im Volksgarten planen die Obsession Sisters im Herbst ihre jährliche große Party, dieses Jahr in der Helmut List Halle am 8. November. Das Event verspricht eine Nacht voller Tanz, Musik und Energie – ein Höhepunkt für alle, die die Gruppe live erleben möchten. Bis dahin bleibt der Volksgarten ihre Bühne. Es ist ein Raum für Experimente und vielleicht ein Anfang für mehr Bewegung, mehr Sichtbarkeit und ein bisschen weniger Berührungsangst im öffentlichen Raum
23. Juli – 18: Uhr
07. August – 18:30 Uhr
04. September – 18:30 Uhr
02. Oktober – 18:30 Uhr
Titelbild: Die Obsession Sisters im Volksgarten. – Foto: Maximilian Reichmann