Extreme Hitze, Tropennächte und Unwetter nehmen zu – die Folgen des Klimawandels sind auch in Graz spürbar. Doch wie begegnet die Stadt der zunehmenden Hitzebelastung? Und welche Maßnahmen könnten künftig helfen?
Barfuß auf dem schwarzen Asphalt stehen: schmerzhaft. Gefühlt verbrennen die Fußsohlen. Also lieber in den Schatten gehen. Doch der ist rar. An der Bushaltestelle drängen sich die Menschen dicht zusammen. Nicht weil zu wenig Platz ist, sondern weil zu wenig Platz schattig ist. Viele klagen über die Hitze, meiden tagsüber das Freie oder suchen Zuflucht in Parks wie dem Volks- und Augarten oder dem Stadtpark. Dort sind die heißen Tage erträglicher. Denn Grünflächen tragen – so zeigt es auch die Heat Map für Graz – erheblich zu einer Abkühlung der Umgebung bei.
Besonders heiße Stadtteile
„Stark versiegelte, unbeschattete Flächen sind die, die sich am stärksten erhitzen. Die dicht bebauten inneren Stadtteile zählen damit zu den heißesten in Graz“, so Oliver Konrad, Referent für Stadtentwicklung und Flächenwidmung. Im Annenviertel seien das konkret die Bezirke Lend und Gries, „insbesondere der Lendplatz, die Bahnhofsgegend und der Griesplatz”. Für vulnerable Personengruppen – darunter Kinder, ältere Menschen, chronisch Kranke und Obdachlose – stellt die Hitze eine weitere, zusätzliche Belastung dar.
Um jene Stadtteile sichtbar zu machen, in denen sich hohe Temperaturen mit einem hohen Anteil vulnerabler Gruppen überschneiden, gibt es eine öffentlich einsehbare Hitzestressanalyse-Karte des Klimainformationssystems. Besonders auffällig ist die Annenstraße: In der Darstellung zeigt sich entlang der gesamten Straße eine hohe Hitze-Vulnerabilität. Die Gründe dafür liegen in schlecht gedämmten Gebäuden, wenigen Grünflächen – fast alles ist versiegelt – sowie einem niedrigen sozioökonomischen und gesundheitlichen Standard.
Grün wirkt
Wie schnell Begrünung etwas verändern kann, zeigte sich am UNIQUA-Gebäude in der Annenstraße. Die seit 2019 begrünte Hauswand hat nachweislich eine kühlende Wirkung auf ihre Umgebung. „Sie schafft eine Reduktion von 0,4 bis 0,8 Grad in der näheren Umgebung. Das ist schon spürbar“, so Oliver Konrad. „Das hat uns durchaus erstaunt, den Effekt von punktuellen begrünten Fassaden entlang eines Straßenzuges erfassen und deren Wirkung aufzuzeigen zu können.“
Auch wenn der Effekt geringer ist als bei anderen Maßnahmen, leisten Fassadenbegrünungen einen wichtigen Beitrag – zur Temperaturregulierung, zur Biodiversität, zur optischen Aufwertung des Stadtbilds und zum Wasserhaushalt. Durch die Rückhaltung von Regenwasser und die Erhöhung der Verdunstungsrate entsteht eine Schwammwirkung.
Fassaden haben großen Einfluss: Je nach Farbe, Oberfläche, Material oder Begrünung verändert sich die gefühlte Temperatur am Boden deutlich. „Liegt die Lufttemperatur bei ca. 30 Grad, fühlt es sich auf einer unbeschatteten Straße mit dunklen Fassaden schnell an wie 40 Grad und mehr“, sagt Konrad.
Begrünung kann dem entgegenwirken, stößt aber oft auf Hindernisse: Denkmalschutz, Brandschutz, hohe Kosten und Platzmangel seien typische Herausforderungen. Dazu kommt, dass „Fassadenbegrünungen effektiver sind, wenn sie erdgebunden sind. Dafür braucht man aber mehr Platz.“
Auch Dachbegrünungen können – sofern unter 15 Metern Höhe – den Straßenraum kühlen. Liegen sie höher, merke man weiter unten nichts mehr davon. „Der Kühleffekt ist aber trotzdem spürbar für angrenzende Wohnungen“, so der Referent der Stadt Graz.
Neue Begrünungspflichten
In Graz gilt seit Juli 2023 eine stärkere Begrünungspflicht: Früher galt diese ab 300 m² Dachfläche, jetzt bereits ab 60 m². Das Substrat muss mindestens 15 cm dick sein. Auch wenn das Grün auf Dächern unten nicht merkbar ist, hat es positive Wirkungen. „Es ist gleichzeitig Schutz vor lokaler Überflutung und dient der Entlastung der Kanalsysteme, indem Regenwasser gedrosselt abgleitet werden bzw. dort direkt versickern kann.“
Weitere Begrünungsmöglichkeiten sind Grasbetten entlang der Straßenbahngleise. „Französische Städte sind da Vorreiter”, doch in Graz sei das laut Konrad schwierig, da Streusalz im Winter das Gras angreift und Busse im Ersatzverkehr die Flächen beschädigen könnten.
Mehr Bäume
Jeden Tag einen zusätzlichen Baum – 2025 also 365 zusätzliche Bäume. So die Idee der Stadt Graz. Finanziert wird das von Baumpatenschaften, die die Bevölkerung aktiv an einem nachhaltigen Stadtumbau teilhaben lassen sollen. Es gibt unterschiedliche Patenschaftsmodelle mit Preisen zwischen 50 und 1.000 Euro.
Auch wenn die Wirkung neuer Pflanzungen nicht direkt spürbar ist, wird sie in Zukunft erwartet. Seit 2022 wurden insgesamt bereits 2.600 Bäume gepflanzt.
Außerdem sichert sich Graz Vorkaufsrechte in dicht besiedelten Gebieten. Werden diese Grundstücke verkauft, kann die Stadt sie erwerben und in Parks umwandeln – so der Plan. Ziel ist es, langfristig stark versiegelte Bereiche zu entsiegeln und grüne Oasen zu schaffen.
Kampf gegen die Hitze
Die Stadt Graz hat einen Hitzeaktionsplan entwickelt, um besonders vulnerable Gruppen vor extremer Hitze zu schützen. Maßnahmen wie gezielte Begrünung, Trinkbrunnen und Schattenplätze gehören dazu. Auch Information spielt eine große Rolle: Über Hitzewarnsysteme und Kampagnen sollen Menschen rechtzeitig gewarnt und unterstützt werden. Ziel ist es, gesundheitliche Risiken zu minimieren und die Aufenthaltsqualität zu verbessern.

Frischluftschneisen erhalten
Frischluftschneisen sind entscheidend – besonders, da Graz in einem Kessel liegt. Die Stadt wird vor allem mit Kaltluft aus dem Murtal sowie aus östlichen und westlichen Seitentälern versorgt. Konrad meint, dass Graz ein großes Problem mit dem Luftaustausch bekäme, würden diese Luftkanäle verbaut, da die Kessellage eine eher windstille Situation schaffe.
Kaltluft bildet sich besonders über unbebauten Wiesenflächen ab einem Hektar. „Um die Luftschneisen und Kaltluftflächen zu erhalten, ist überregionale Zusammenarbeit mit dem Umland notwendig. Die Schneisen müssen vor dem Zubauen geschützt werden“, erklärt Konrad.
„Graz hat viele richtige Schritte gesetzt – besonders im öffentlichen Raum und bei Begrünungsvorhaben“, so der Referent. Trotzdem sei es angesichts des Klimawandels zu spät, um wieder niedrigere Temperaturen zu erreichen. Konrad betont jedoch den regionalen Schutz von Frischluftzufuhren und das Pflanzen älterer, großkroniger Bäume als zentrale Maßnahmen für ein besseres Stadtklima: „Auch die Sensibilisierung der Bevölkerung ist ein wichtiger Teil, um mit dem Klimawandel umzugehen. Wir werden mit vielen heißen Tagen leben müssen.“ Projekte wie der Hitzeaktionsplan helfen dabei, das Klima erträglicher zu machen und gefährdete Gruppen zu schützen. Es ist entscheidend, dass die Bevölkerung über diese Maßnahmen informiert ist, um von deren Existenz Gebrauch zu machen.
Titelbild: Blick auf die grüne Fassade in der Annenstraße – Foto: Stefanie Groß