Die Regisseurin Azlea Wriessnig steht in der Bar Beate vor einem Vorhang aus silbernem Lametta. Ihr neues Theaterstück dreht sich um Freund:innenschaft

Theater für die unterschätzte Liebe

Lesezeit: 3 Minuten

Das Theaterstück „Belly of the Best”, das von 14. bis 20. Juli in der Beate spielt, beleuchtet die Facetten platonischer Beziehungen und welche Schwierigkeiten dabei in der Kommunikation entstehen können. Die Regisseurin Azlea Wriessnig im Interview mit der Annenpost.

Was täte man ohne Freund:innen? Für den Großteil der Menschen gehören platonische Beziehungen zu den wichtigsten Lebensaspekten –  sagt zumindest eine Studie von Psycholog:innen aus Deutschland. Und doch ist ein Großteil der westlichen Kultur und Kunst auf romantische Beziehungen ausgelegt. Ein Kontrast dazu soll die Theaterproduktion „Belly of the Best“ darstellen, das von Azlea Wriessnig und weiteren Kunstschaffenden aus Graz entwickelt wurde. Hier werden ganz bewusst Freund:innenschaften in den Fokus gestellt.

Azlea Wriessnig arbeitet seit vier Jahren als Theaterschaffende in Graz. Sie ist als Theaterpädagogin im Kinder- und Jugendtheater tätig und wirkt in der freien Szene. Als Regisseurin war sie für Inszenierung von Schauspielen wie „196° Celsius“ im Theater am Lend und „WOLF“ im Zotl verantwortlich.

Wieso setzen Sie in dem Theaterstück den Fokus auf Freund:innenschaften?

In vielen Geschichten, die wir so erzählen – im Theater und im Film – ist das höchste Gut der menschlichen Verbindung die romantische Beziehung. Für mich persönlich haben die platonischen Freund:innenschaften genauso einen hohen Stellenwert. Sie sind ein springender Punkt für persönliches und gesellschaftliches Wohlergehen.

Wie wirkt sich diese Stellung von Romanzen auf platonische Beziehungen aus?

Ich glaube, dass diese oft zweitrangig behandelt werden. Wenn man zum Beispiel frisch verknallt ist, wird die Zeit mit Freund:innen hinten angestellt. Ich finde, man sollte seine Freund:innen so behandeln, als wären es Beziehungspersonen. Man soll den gleichen Aufwand für diese Personen betreiben, die gleiche Beziehungspflege. Ich möchte mit dieser Produktion den Blick darauf schärfen.

Hat Freund:innenschaft politische Relevanz?

Auf jeden Fall. Mit wem verbringe ich meine Zeit? Welche Ansichten haben die Leute, die mich als Mensch prägen und eine Basis dafür schaffen, wie ich auf die Welt schaue? Es ist relevant, wen man sich da aussucht – bewusst und unterbewusst –, mit wem man seine Zeit verbringt und mit wem man über politische Themen spricht. Da kommt auch der Bubble-Gedanke dazu.

Außerdem ist Freund:innenschaft ein Mittel, um Verbindungen zu schaffen. Darin wird der Umgang mit anderen geübt. Diesen Umgang überträgt man dann auf größere Menschengruppen und auf die Gesellschaft. Gesellschaft ist politisch.

Welche Rolle spielt Kommunikation überhaupt?

Ein Sprichwort lautet: „Communication is everything.“ Und das ist es wahrscheinlich auch. Es ist ein Werkzeug. Wie kann ich kommunizieren, wie spreche ich Themen an, wie spreche ich über Dinge, die mich beschäftigen und emotional machen? Diese Strategien muss man forcieren, denn das ist das, worum es geht. Wenn wir aufhören, miteinander zu reden, dann können wir einpacken.

Welche Fehler macht man bei der Kommunikation in Freund:innenschaften?

Natürlich passiert es, dass Dinge nicht kommuniziert werden. Ich denke aber, dass das Wort „Fehler“ nicht passend ist. Wir schauen nur, wie wir miteinander umgehen. Wir versuchen, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und dass es uns gemeinsam gut geht. Oft sind wir aber viel mit uns selbst beschäftigt. Es ist also wichtig, zu wissen, was man sagen möchte, und es ist wichtig, zuzuhören. Um Probleme zu vermeiden, muss man beide Positionen schärfen.

Gibt es momentan einen Trend hin zur Freund:innenschaft?

Ja, aber gruppenspezifisch. In vielen Zirkeln gibt es einen Trend, Freund:innenschaft mehr zu schätzen, in anderen rücken sie in den Hintergrund. Wenn ich die Generation meiner Eltern anschaue, fällt mir auf, dass sie viel weniger intensive Freund:innenschaften haben. Ich bin gespannt, wie es für meine Generation in zehn Jahren ist. Ich glaube, dass es sich ändern wird.

Wieso soll dieses Motiv künstlerisch thematisiert werden?

Was thematisiert man überhaupt künstlerisch? In dieser Arbeit geht es um persönliche Impulse. Ich hatte den Eindruck, Bindungen zu stärken und mich damit zu beschäftigen, passt gerade zu der Zeit, in der wir leben. Das ist abhängig von einem Gefühl – einem, das von mir kommt. Jetzt gilt es, abzugleichen, ob dieses Gefühl mit anderen Leuten resoniert.

Welche Rolle spielen Kabel in dem Schauspiel?

Man steckt ein Kabel auf einer Seite, dann auf einer anderen Seite an. So hat man eine Verbindungslinie geschaffen. Im Stück haben wir ganz viele verschiedene Kabel. Telefonkabel, Nabelschnurkabel, elektrische Kabel. Es interessiert uns, was auf dem Weg von der einen Position auf die andere Position so passiert. Was durchläuft die Kabel, was geht verloren, was kommt an?

Gibt es eine Lehre aus dem Theaterstück, die Sie persönlich für sich mitgenommen haben?

Ich finde es schön und wichtig zu bemerken, dass es immer darauf ankommt, mit welchen Menschen man zusammenarbeitet. Man kann vorbereiten, was man möchte, aber letztendlich muss man es auf die Gruppe anpassen – auf die konkrete Gruppe, die gemeinsam am Stück schafft. Es ist wieder ein Abgleich von Beziehungen. Es kann einfach sein – das ist es auch in ganz vielen Momenten – und es kann schwierig sein.
In unserer gemeinsamen Arbeit geht es ums Miteinander und darum geht es auch auf der Bühne.

 

Infobox:

Das Theaterstück „Belly of the Best“ wird vom 14. bis zum 17. Juli in der Beate aufgeführt.

 

Titelbild: Regisseurin Azlea Wriessnig in der Beate – Foto: Veronica Schulz

Geboren wurde ich 2004. Ich habe den Großteil meines Lebens in Weiz gewohnt und in Feldbach maturiert. Seit 2024 bin ich Teil des Journalismus und PR-Lehrgangs an der FH Joanneum.

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