Zwei Frauen sitzen in einem Radio-Studio. In der Mitte der holzvertäfelten Wand hängt ein grünes Radio Helsinki Logo auf schwarzem Untergrund. Im Vordergrund sind Schaltpulte, Bildschirme und Mikrophone.

30 Jahre Radio Helsinki – Unabhängigkeit, die bleibt?

Lesezeit: 2 Minuten

Radio Helsinki wird 30, doch gestrichene Förderungen lassen das freie Medium in eine finanziell unsichere Zukunft blicken. Als ältestes freies Radio Österreichs wollen die Sendungsmacher:innen trotzdem weiter bestehen. 

Autorinnen: Mailin Hartlieb, Svenja Illek

Seit drei Jahrzehnten ist Radio Helsinki mit seinem vielfältigen Programm Bestandteil der freien Medienlandschaft. Doch just im Jubiläumsjahr hat die Landesregierung Teile der Förderungen gestrichen. Lilly Jagl, Betriebsrätin und Leiterin der KULTURredaktion von Radio Helsinki, betont, dass genau diese Förderungen für das nicht-kommerzielle Radio ein wesentlicher Bestandteil ihrer Einnahmen sind und somit essentiell, um Sendungen und Projekte zu ermöglichen. Das schränkt also die inhaltliche Arbeit des Senders ein.

Es war im Jahr 1995, als aus den Piratensendern Radio ZARG und Radio Dauerwelle ein legal sendender Grazer Radiosender geworden ist. Inhaltlich bietet Radio Helsinki heute mit 17 Angestellten eine Plattform für Stimmen, Sounds und Perspektiven abseits von Quoten, Werbung und Mainstream. Das Programm wird von über 270 Sendungsmachenden ehrenamtlich gestaltet. Darüber hinaus organisiert Radio Helsinki Workshops für die Radioproduktion sowie Schulprojekte und Diskussionsformate zu gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Themen.

Keine Stütze für Projekt Pflegestützpunkt

Eine dieser Stimmen gehört Karin Schuster. Sie ist seit 13 Jahren Sendungsmacherin, war ehemals im Programmrat tätig und möchte mit ihrem Projekt „Pflegestützpunkt“ Pflegekräfte in ihrem Alltag repräsentieren und unterstützen. Dieses Projekt beinhaltet sowohl eine vierwöchentliche Radiosendung als auch verschiedene Veranstaltungen rund um Pflege, Betreuung und Gesundheitskompetenz. Doch momentan ist ungewiss, wie lange das Projekt noch bestehen kann: „Mit dem Projekt sind wir möglichst nah an den Menschen dran”, sagt Karin. „Wenn die finanzielle Unterstützung wegfällt, fehlt auch dieses Sprachrohr, das wir den Pflegekräften bieten – es ist enorm wichtig, dass diese sich bei den Herausforderungen, mit denen sie täglich zu schaffen haben, gehört wissen.”

Das Projekt wird gänzlich von Förderungen finanziert. Stadt Graz und die Arbeiterkammer würden weiter fördern. „Aber die Landesförderung wurde zu 100 Prozent gestrichen” , sagt Karin. „Bezüglich einer Förderung des Sozialministeriums ist die Antwort noch ausständig. Momentan schauen wir, welche Finanzierungsmöglichkeiten wir abseits der Fördertöpfe haben, die einfach immer kleiner werden.”

Projekte geraten ins Wanken

Am Beispiel des Grrrls Kulturvereins erklärt Lilly Jagl die ungewisse Situation: Nach dem Regierungswechsel in der Steiermark, bei dem die FPÖ gemeinsam mit der ÖVP eine neue Landesregierung bildete, strich die Frauenabteilung des Landes  – unter politischer Verantwortung von Andrea Koller – die bisherige Dreijahresförderung. Alternativ muss sich der Verein nun um einjährige Förderungen bemühen. „Es war schon zu erwarten, dass wir dann (Anm. d. Red.: mit dem Regierungswechsel) nichts mehr bekommen. Wir wissen bis April nicht, ob wir überhaupt etwas bekommen. Wie sollen wir da Acts buchen, wenn wir nicht einmal wissen, ob wir sie bezahlen können?”, kritisiert Lilly. Bei Grrrls ist sie im Vorstand und im Radio gestaltet sie eine Sendung mit queerfeministischer Musik.

Die Streichung der Förderung ist ein schwerer Schlag, durch den eventuell Projekte und Sendungen eingestellt werden müssen. Trotzdem lässt sich das Helsinki-Team die Feierlaune zum 30. Geburtstag nicht nehmen: „Wir wollen die Arbeit feiern, die die Sendungsmacher:innen momentan erbringen. Wir wollen feiern, dass wir überhaupt bestehen können, und das schon seit 30 Jahren.“

Viele Musiker stehen und sitzen auf einer Bühne. Alles ist in blaues Licht getaucht, ein roter Lichtstrahl durchbricht das Ganze.
Die HTU Big Band spielt am 30-Jahre-Helsinki-Fest. – Foto: Mailin Hartlieb

Radio Helsinki feiert

Am 22. November 2025 lädt Radio Helsinki zu seiner Geburtstagsfeier in das Forum Stadtpark ein. Von 14 bis 5 Uhr morgens erwartet die Gäste ein vielseitiges Programm. Der Nachmittag startet um 14:15 Uhr mit einer Gesprächsrunde mit der Medienkünstlerin Reni Hofmüller sowie Auftritten des Grrrls Chors und des KopfHerzHand-Kollektivs. Ab 19:45 Uhr folgen im Untergeschoss musikalische Acts wie die HTU Bigband, Sun People, Ranküne und Antifa Angela. Der Eintritt ist frei.

 

Titelbild: Betty Kummer (Hauptorganisatorin Radio Helsinki-Fest) und Lilly Jagl im Live-Studio. – Foto: Mailin Hartlieb

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