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ÖH-Wahl 2023: „Unsere Macht kommt von den Studierenden!“

in POLITIK & WIRTSCHAFT von

Vom 9.-11. Mai wählen die Student:innen erneut in ganz Österreich ihre Interessenvertretung. Auch an der FH Joanneum ist der Wahlkampf sichtlich spürbar, die Fraktionen verteilen Goodie-Bags und organisieren Wahlpartys. Warum ist es so wichtig, von seinem Stimmrecht Gebrauch zu machen, und wie kann die ÖH sichtbarer für die Studierenden werden?

Wahlkampfplakate in jeder Ecke, Graffiti am Boden und Stände, an denen sich die Infobroschüren stapeln. Im Eingangsbereich der FH Joanneum ist unschwer zu erkennen, dass die ÖH-Wahl vor der Tür steht. Die Fraktionen versuchen mit gratis Trinkflaschen und Wahlpartys Stimmen zu sammeln. Noch-Vorsitzender der ÖH Joanneum, Martin Kohlmayr, rechnet mit mehr Wahlbeteiligung als 2021. Er selbst ist Mandatar der Hochschul- und Bundesvertretung bei den JUNOS und ist sich des Kommunikationsproblems und der fehlenden Vermarktung der ÖH bewusst.

Wie funktioniert die ÖH-Wahl?

Die Student:innen wählen die Österreichische Hochschülerschaft auf drei Ebenen. Bundes- und Hochschulvertretung sind Listenwahlen, bei der Studienvertretung wählen die Studierenden den Kandidaten/die Kandidatin direkt. Die Bundesvertretung vertritt die Interessen der Student:innen gegenüber der Politik und steht im Austausch mit dem Bildungsministerium. Die Hochschulvertretung verhandelt mit dem jeweiligen Rektorat über die Anliegen der Studierenden. Die höheren Ebenen würden aber oft Themen behandeln, die auf den ersten Blick nicht sichtbar genug für viele Student:innen sind, meint Martin Kohlmayr. „Die greifbarste Ebene ist die der Studienvertretung, da geht es zum Beispiel um die Organisation von Veranstaltungen.“ Die Hochschulvertretung ist beispielsweise für die Finanzierung solcher Events zuständig. „Die Themen sind aber oft zu abstrakt, die Student: innen merken gar nicht was die ÖH auf allen drei Ebenen umsetzt“, ergänzt Kohlmayr. Für ihn fehlt kontinuierliche Sichtbarkeit außerhalb des Wahlkampfs. Damit begründet er unter anderem auch die niedrige Wahlbeteiligung.

Martin Kohlmayr studiert Energie-, Mobilitäts- und Umweltmanagement und ist im Vorsitzteam der ÖH Joanneum – Foto: Fabian Hasler

Minimale Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2021

Die Österreichische Hochschülerschaft wird alle zwei Jahre gewählt. 2021 bestritten bundesweit nur rund 15,8 Prozent der Student:innen in Österreich den Urnengang. Martin Kohlmayr: „Die Wahlbeteiligung 2021 kann man nicht schönreden, aber Corona spielte auf jeden Fall eine Rolle.“ Durch das Homeschooling waren viele Studierende nur selten an der FH und fühlten sich deshalb von den Leistungen der ÖH nicht angesprochen. Die stimmenstärksten Fraktionen der Hochschulvertretung an der FH Joanneum nach der Wahl 2021 waren die JUNOS, die Aktionsgemeinschaft (AG) und der Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ). Die Liste der Kandidaten der Fachhochschul- und Studienvertretung für die Wahl 2023 findet ihr hier. Auch 2019 gaben nur knapp ein Drittel der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das Verständnis für die Arbeit der ÖH fehlt bei vielen Student:innen. Vor allem bei berufsbegleitenden Studien liegt außerdem der schnelle Abschluss des Studiums und nicht das typische Studentenleben im Vordergrund. Eine Evaluierungsumfrage von über 1300 Student:innen an der FH Joanneum im April 2022 ergab, dass viele Services der ÖH, wie der Sozialfond oder die Wohnrechtsberatung, oft mehrheitlich unbekannt sind. 

Fehlende Sichtbarkeit und mangelnde Öffentlichkeitsarbeit

Die Themen der ÖH betreffen oft direkt den Alltag von zahlreichen Studierenden. Als Beispiel nennt Martin Kohlmayr das fehlende vegetarische und vegane Menü in der Mensa der FH Joanneum oder den Mental Health Topf, aus dem Kosten von psychotherapeutischen Behandlungen den Student: innen zurückerstattet werden. „Es passiert vieles, aber es wird nicht vermittelt: Das hat die ÖH gemacht!“ Der Umweltmanagement-Student sieht hier ein klares Kommunikationsproblem. Es brauche mehr Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für umgesetzte Projekte. Laut Kohlmayr ginge Marketing am besten bei Events: „Wenn du gemütlich beim Spritzerstand zusammen kommst, kannst du auch aktuelle Themen aufgreifen, so holen wir die Studierenden ab.” Lange Newsletter mit Unmengen an Infos liest keiner durch, zu den Spritzerständen kommen immer viele Leute“, ergänzt Kohlmayr. Ziel sei es, das Image der ÖH über das eines Organisators von Studentenpartys zu erweitern. Für große Projekte würden aber die Ressourcen fehlen. 

Begrenzte Ressourcen reduzieren die Umsetzungskraft der ÖH

Wie bei jeder Interessenvertretung steht nur begrenzt Personal und Geld zur Verfügung. Die ÖH basiert auf ehrenamtlicher Arbeit und finanziert ihre Projekte von den Semesterbeiträgen der Student:innen. Mit größeren Projekten, wie einem gratis Grazer Öffi-Ticket für Studierende, würde auch die Relevanz der Hochschülerschaft steigen. Doch Forderungen, wie die von Kohlmayr und den JUNOS, die Fernlehre an der FH auch nach Corona fortzusetzen, bleiben erfolglos. Kohlmayr verweist auch hier auf die Relevanz einer hohen Wahlbeteiligung: „Unsere Macht kommt von unten, von euch Hochschüler:innen.“ Eine stark gewählte Studentenvertretung tritt entschlossener auf und ist ein lauteres Sprachrohr gegenüber der Politik und dem Rektorat. Außerdem sei es doch ein katastrophales Zeichen für die Demokratie in Österreich, wenn die formal gebildetsten Menschen ihr Wahlrecht nicht nutzen würden!

 

Alle Infos zu den Wahllokalen an allen drei Standorten der FH Joanneum findet ihr hier.

 

Titelbild: Podiumsdiskussion der diesjährigen Spitzenkandidat:innen für die Vertretung der FH Joanneum – Foto: Fabian Hasler

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