Jüngeren Grazern ist Brave Wabnegg als Gründer und Betreiber von „Voodoo Tattoo“ am Grieskai ein Begriff, viele tragen etwas an ihrem Körper, das seinem Kopf entsprungen ist. Dass sich die Interessen eines Tätowierers nicht zwingend auf den ihm gesellschaftlich zugedachten Sex-Drugs and Rock’N’Roll-Lebensstil beschränken müssen, sollen die folgenden Zeilen verdeutlichen.
Von Nino Groß
Zweiradaffinität: Gegeben
Viel Alkohol, viel Tabak, harte Raufereien und harte Musik. So oder so ähnlich stellt man sich den Lifestyle eines typischen Tätowierers der alten Schule landläufig vor. Diese Beschreibung mag auch heute noch auf viele Vertreter dieser Branche zutreffen, für Brave Wabnegg könnte sie falscher nicht sein, zumindest was die ersten beiden Dinge anbelangt. Der gebürtige Kalsdorfer, der „Voodoo Tattoo“ im Jahr 2000 eröffnete, raucht nicht. Er ist seit 16 Jahren verheiratet und Vater zweier Kinder. Wenn er Alkohol trinkt, dann ein Bier nach einem Radrennen – wegen der Elektrolyte. Brave fährt Mountainbikemarathons, vor zehn Jahren begann er damit. Der Gesamtsieg beim steirischen Hobbycup 2010 und ein dritter Platz in der Gesamtwertung der „Track Challenge“ waren Belohnungen für jahrelanges hartes Training.
Im Renneinsatz
Diese Leidenschaft für Ausdauersport kommt vor allem seinen Kunden zugute, denn wer ihn jemals bei der Arbeit gesehen hat wird bezeugen, dass die Geschwindigkeit, mit der er tätowiert, verblüffend ist. Das sehen auch seine Kunden so: „Du kommst mit ein paar Motiven zum Termin und denkst du hast eine gute Vorstellung davon, wie dein Tattoo aussehen wird. Brave redet kurz mit dir, und es scheint, als würde er immer sofort wissen, wie du es haben möchtest. Dann verschwindet er für eine Weile mit den Entwürfen und kommt mit etwas viel Besserem, etwas Genialem zurück. Er zeigt es dir, du bist begeistert und er fängt sofort an. Er strahlt totale Sicherheit aus“, sagt die junge Grazerin Isabella. Brave’s Style ist unverkennbar, satte Linien und knallige bunte Farben machen ihn vorrangig aus. Ein weiteres Markenzeichen: Das bei vielen Tätowierern übliche „Nachstechen“, also das Nachbessern von Farbe, die beim ersten Stechen nicht in der Haut blieb, gibt es bei ihm nicht. Brave sticht einmal und die Farbe bleibt drin.
Der Meister in seiner Schaffensstätte
Eines von Wabnegg’s Werken
Am Studioeingang
You gotta give it, to get it
Klischeesprengmeister Brave war im Alter von 19 Jahren über die Bikerszene, in der er mit einer vom Vater aus Amerika importierten 1976er-Harley unterwegs war, zum ersten Mal mit Tattoos in Berührung gekommen. Für die ersten vier Tätowierungen an seinem Körper war Tattoo-Star Mario Barth verantwortlich, Brave arbeitete damals noch als Innenausbauer. Eines Abends im Jahr 1995 erreichte ihn ein Anruf von Mario Barth mit der Frage, ob er in dessen Grazer Studio zu tätowieren beginnen wolle. Brave sagte zu und besuchte Barth zuerst in den USA, da dieser in Nebraska ebenfalls ein Studio betrieb, das erste des heutigen Barth-Tattoo-Imperiums auf amerikanischem Boden. Nach zwei Wochen Visite in Übersee daheim in Österreich angekommen, sei die Lehre im Grazer Barth-Studio von eigenartigen Vorgehensweisen seitens der Studioleitung geprägt gewesen, wie sich Brave Wabnegg im Gespräch erinnert. Er habe vor Beginn seiner Tätigkeit eine Art Vertrag unterzeichnen müssen, erzählt er, in dem ihm untersagt wurde, mit anderen Tätowierern Erfahrungsaustausch zu betreiben, oder im Umkreis von 60 Kilometern sein eigenes Studio zu eröffnen. Auch eigenes Tätowier-Equipment habe er nicht bekommen. Auf drei Jahre Arbeit folgte der unerwartete Rausschmiss und Brave stand mit leeren Händen da. Er verkaufte sein Auto um sich sein eigenes Tätowier-Equipment kaufen zu können und eröffnete ein Studio im Bezirk Voitsberg. Nach zwei Jahren mäßigem Betrieb zog er einen Schlussstrich und wagte in Graz einen Neubeginn: die Eröffnung von Voodoo-Tattoo. Um das nötige Kapital aufzubringen, war Brave zu einem weiteren schmerzlichen Verkauf gezwungen, dem seiner beiden Harleys.
Das Team von Voodoo Tattoo
Heute läuft das Geschäft gut, die sehr guten Arbeiten und damit verbundene Mundpropaganda ließen ein großes Netzwerk an Kunden und Freunden entstehen, sagt Wabnegg. Demnächst eröffnet er in Deutschlandsberg ein zweites Voodoo-Tattoo-Studio. Doch die ersten Jahre waren hart, 6-Tage-Wochen und ständige Existenzängste setzten ihm zu. „Ich hab nicht ohne Grund keine Haare mehr am Schädel“, sagt der früher langhaarige Tattookünstler über diese Zeit. Aber man schaffe eben alles, was man schaffen will, ein kompromissloser Wille sei die einzige nötige Voraussetzung. „Bleib dir selbst treu und verkauf‘ dich nicht, egal was kommt, alles andere ist nicht so wichtig.“