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Skateverbot: „Wir lassen uns nicht verdrängen“

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Seit Kurzem wird auf dem Lend- und dem Kaiser-Josef-Platz ein Skateverbot exekutiert. Das sorgt für Ärger bei den Skater*innen und nun auch für dringliche Anträge im Gemeinderat. Eine unklare Gesetzeslage lässt die Skater-Community hoffen. Wie die Stadtregierung das Verbot aufheben könnte.

Zunächst standen die Zeichen auf Entspannung. Für den Lendplatz einigten sich Anrainer*innen und Skater*innen, unter Moderation von Sportstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) und dem Grazer Friedensbüro, auf Ruhezeiten. An Sonn- und Feiertagen und nach 21 Uhr sollten am Lendplatz die Skateboards Pause haben. Ein Erfolgsmodell, daher sollte für den Kaiser-Josef-Platz, der im Lockdown zum zweiten Skateboard-Hotspot der Stadt avanciert war, eine ähnliche Lösung gefunden werden. Doch noch bevor es auch dort zu einer vollständigen Einigung kam, brachten Ende April zwei rechtskundige Anrainer, die einen Verstoß gegen §88 der Straßenverkehrsordnung orteten, die Sache erneut ins Rollen. Und die Polizei dazu, diesen Paragraphen nun auch zu exekutieren.

Die FPÖ, mit der ÖVP in einer Koalition, machte – unter anderem auf einer eigenen Website – zusätzlich mobil gegen die Skater*innen. Seither ist der Lendplatz-Kompromiss Geschichte und die Polizei straft Skater*innen, die sich nicht ans „Verbot” halten, mit je 15 € ab. Der Grazer Rollbrett Ästheten Bund hat sich bereit erklärt die Organstrafen zu übernehmen. Er unterstützt auch jene Skater*innen, die eine Anzeige in weitere Instanzen bringen wollen.

Skater mit ihren Skateboards.
Stamm-Skater am Lendplatz lassen sich ihre Leidenschaft nicht nehmen. -Foto: Elisabeth Michalek

Unklare Gesetzeslage

Wirklich klar scheint diese Gesetzeslage dennoch nicht. In Kürze: Grundsätzlich ist laut §88 der Straßenverkehrsordnung das Spielen auf Straßen verboten – es sei denn, die Behörde verordnet dazu eine Ausnahme und macht sie zu Spielstraßen”. Auf Gehsteigen oder Gehwegen wiederum ist das „Befahren mit fahrzeugähnlichem Spielzeug und ähnlichen Bewegungsmitteln” nur erlaubt, wenn dadurch niemand gefährdet wird. Die Auslegung dafür liegt laut Ministerium aber bei den Bundesländern. Die aktuelle Interpretation seit der Anrainer-Anzeigen” und der FPÖ-Aktion: Nur das bloße Fahren mit einem Skateboard ist erlaubt, das Ausüben von Tricks jedoch nicht.

Ausnahme statt Verbot

Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, aber auch eine Verordnung der Stadt könnte daher eine Ausnahme für die beiden Grazer Marktplätze erwirken. Darauf setzt auch die Ärztin Lisa Veith, Obfrau der „Skater*innen-Vertretung” GRÄB: „Wir hoffen, dass die Stadt eine Ausnahme für die zwei Plätze genehmigen wird und wir den Kompromiss, den wir eigentlich schon fast fixiert hatten, doch noch schaffen.” GRÄB ist seit dem De-Facto-Verbot jedenfalls in engem Kontakt mit Sportstadtrat Hohensinner und Sportamtsleiter Thomas Rajakovic, die in Aussicht gestellt hatten, dass der Ausbau beziehungsweise die Renovierung mehrerer Grazer Skateparks vorgezogen würde. „Wenn das alles so umgesetzt wird, dann sind wir, was die Skate-Infrastruktur angeht, auf jeden Fall zufrieden“, sagt Lisa Veith. Jedoch bezweifelt sie, dass dadurch die Skater*innen von den beiden Marktplätzen fernbleiben. 

„Wir lassen uns nicht verdrängen”

Für die Skater*innen ist das jetzige Verbot kein Grund, sich von den Plätzen vertreiben zu lassen. Das Fahren und Beisammensitzen ist ja weiterhin erlaubt. Benny, regelmäßiger Skater am Lend- und Kaiser-Josef-Platz, meint: „Wir lassen uns sicher nicht aus dem öffentlichen Raum drängen und werden weiterhin skaten.“ Er vermutet, dass sich der Lärmpegel verschlechtern könnte. Möglicherweise halten  sich die Skater*innen jetzt auch nicht mehr an die früher ausgemachten Zeiten. Lisa Veith sieht in der Aussprache des Verbots auch keine Lösung der eigentlichen Lärmproblematik: „Das Verbot ist aberwitzig. Allein wenn man nur rollt, macht das schon Lärm.” 

Skater fährt am Lendplatz.
Benny übt trotz Skateverbots seine Tricks. – Foto: Elisabeth Michalek

Proteste von allen Seiten

Unterstützung bekommen die Skater*innen mittlerweile aus vielen Richtungen. Etwa von Ralph, einem Fotografen, der auf Instagram die Fotostrecke „Eure Sündenböcke” unter dem Motto „Skateboarding is not a crime” präsentiert. Derselbe Slogan wurde nachts auch auf einige Grazer Gebäude projiziert, um  so ein Zeichen des Protests zu setzen. Mit einem offenen Brief meldeten sich vergangene Woche Grazer Universitätsprofessor*innen zu Wort. Darin heben Sebastian Ruin, Markus Tilp und Sylvia Titze vor allem die Wichtigkeit von Sport bei Jugendlichen hervor und den Pandemie-bedingten Rückgang von jeglicher Bewegung. “Das jetzt in Graz ausgesprochene Verbot von Skateboardtricks auf öffentlichen Plätzen ist ein schmerzhafter Rückschritt im Kampf gegen Bewegungsarmut”, heißt es da. Die Wissenschaftler*innen vom Institut für Bewegungswissenschaften, Sport und Gesundheit plädieren für einen Kompromiss zwischen Anrainer*innen und Skater*innen anstelle des Verbots. 

Politischer Rückenwind

Von politischer Seite können die Skater*innen auf Unterstützung hoffen. Für die Gemeinderatssitzung am 20. Mai bringen sowohl die SPÖ als auch die Grünen einen dringlichen Antrag ein. Laut Gemeinderat Karl Dreisiebner (Grüne) sollen die Kompromissgespräche fortgesetzt werden. In weiterer Instanz, möchte man, „dass das Straßenamt eine Verordnung formuliere, die die Ausnahmen für den Kaiser-Josef- und Lendplatz ermögliche und dann von der Stadtregierung beschlossen werden kann”, so Dreisiebner. Gemeinderätin Anna Robosch (SPÖ) fordert in ihrem dringlichen Antrag einen runden Tisch zum Thema „Skaten in Graz” , um eine andere Lösung als das aktuelle Verbot zu finden.

 

Titelbild: Elisabeth Michalek

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