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Lokaljournalismus im Homeoffice

in Allgemein/VIERTEL(ER)LEBEN von

Recherche und Vernetzung im Annenviertel werden durch die Corona-Pandemie zur Challenge. Das betrifft auch unser lokaljournalistisches Projekt – die Annenpost.

Der größten journalistischen Stadtredaktion von Graz wird der Semesterstart nicht leicht gemacht. Nach einer intensiven Startphase an der Fachhochschule befindet sich die Annenpost-Redaktion, 40 Journalismus-Studierende, seit 1. November im Homeoffice. Ohne Aussicht auf baldige Änderungen. Die Erstsemestrigen versuchen am Puls der Stadt zu bleiben, obwohl fast die Hälfte der Redaktion weit über die Grenzen des Annenviertels verstreut ist. So veröffentlichte Paul Koren seinen Artikel zu einem Eggenberger Wohnbau von Voitsberg aus und Friedrich Hainz recherchierte am Ritten, Südtirol, einen Bericht zu den Grazer Soundscapes.

Recherche aus der Ferne

„Da einige der StudentInnen aktuell nicht in Graz sind, zählt es zu unseren Aufgaben alle mit möglichen Geschichten zu versorgen. Das ist ziemlich herausfordernd, weil man versuchen muss möglichst viel aus dem Viertel mitzubekommen, um es an die KollegInnen weiterzuleiten“, sagt Chefredaktionsmitglied Markus Lösel aus Graz. Um ihrer Verantwortung nachzukommen, trifft sich die Chefredaktion regelmäßig zu Onlinemeetings. Zur Orientierung versendet sie redaktionelle Leitfäden und Social Media Guides an Mitstudierende.

Anna-Magdalena Druško ist ehemalige Annenpost-Chefredakteurin und heute Mitorganisatorin des Vereins Stadtteilprojekt Annenviertel, eines zentralen Vernetzers in den Bezirken Gries und Lend. Sie bringt die wichtigsten Probleme des journalistischen Arbeitens im Homeoffice auf den Punkt: „Zum einen findet man Geschichten vor der Haustür und nicht daheim in den eigenen vier Wänden. So wie Stadtteilarbeit lebt auch Journalismus davon, dass man rausgeht. Zum anderen findet man Geschichten im Gespräch und durch Kontakte, die im Homeoffice online nicht so gut aufgebaut werden können wie in echt.“

Annenpost-Redakteurin Marlene Borkenstein auf Recherche bei der Grazer Synagoge – Foto: Fanny Gasser

Digitale Zusammenarbeit

Aus den StudentInnen  des jeweiligen ersten Semesters „Journalismus und Public Relations (PR)“ formt sich jährlich eine Redaktion, deren Mitglieder im Annenviertel recherchieren und Texte für die Annenpost verfassen. Die einzelnen Personen fungieren als angehende JournalistInnen, vier von ihnen gehören zusätzlich der Chefredaktion an. Thomas Wolkinger betreut das Studienprojekt, er redigiert Artikel vor der Veröffentlichung und leitet die dazugehörige Lehrveranstaltung. Doch bei den Erstsemestrigen des Jahrgangs 2020 herrschte schon im Oktober die nicht unberechtigte Sorge, dass face-to-face-Gespräche nicht mehr lange möglich sein werden. Möglichst schnell galt es einander kennenzulernen, um später als funktionierende Redaktion qualitative Texte veröffentlichen zu können.

Mit der sechsten Studienwoche wurden die Befürchtungen zur Realität und der Studienbetrieb wurde beinahe ausnahmslos auf Fernlehre umgestellt. Sophie Aster ist gerade erst von Salzburg nach Graz gezogen und ist Mitglied der Chefredaktion der Annenpost. Sie meint „durch die Online Lehre fehlt der Kontakt zu KollegInnen und die direkte soziale Interaktion sehr“. Ein großes Manko ist also die fehlende direkte Kommunikation der Redaktionsmitglieder. Die Absprache über Social Media kann so manche Diskussion am gemeinsamen Tisch nur schwer ersetzen.

Von der Straße in den Zoom Raum

Anna-Magdalena Druško war von 2013 bis 2014 gemeinsam mit Sandra Suppan, heute beim ORF Steiermark,  Chefredakteurin der Annenpost. Druško arbeitet heute als Pressereferentin beim Annenviertel-Verein und erlebt das Viertel momentan ähnlich ungewohnt still wie die StudentInnen. Auch ihre Arbeit veränderte sich schon im ersten Lockdown. „Ein Großteil der Stadtteilarbeit geschieht niederschwellig, in Gesprächen beim gemeinsamen Tischtennisspielen oder in einer Strickrunde. Ideen werden geboren, wenn Menschen zusammenkommen und eben das war, auf den ersten Blick, im Frühjahr nicht möglich. Zusammengefasst beeinflusste uns die Pandemie also primär im Raum, in dem wir uns engagieren – wir wanderten von der Straße in den Zoom Room und mussten leider einige coole Ideen auf der Liste „mit nach Covid“ vermerken.”

Titelbild: Chefredaktionsmitglied Sophie Aster: „Durch die Online Lehre fehlt der Kontakt zu KollegInnen und die direkte soziale Interaktion sehr“ – Foto: Martin Aster

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