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„Ich kann endlich das machen, was ich immer schon wollte“

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Die Familie Frühwirt ist außergewöhnlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Um sie dreht sich das neue Stück des Mezzanin Theaters, mit dem das inklusive Theaterfestival InTaKT eröffnet wird.

Ein Tisch, der überquillt von riesigen Säcken voller Utensilien, die die Familie braucht, um in den Urlaub fahren zu können. „Taxi ist da“ schreit jemand und alle rennen los, schnappen sich ein, zwei, manche sogar drei voll bepackte Tüten und sprinten zum Taxi. Aber da fehlt jemand, ein Familienmitglied bleibt seelenruhig am Tisch sitzen und hört weiter Musik. Ob so noch alle rechtzeitig in den Urlaub kommen?

Die Frühwirts in Action live im Theater
Jeder schnappt sich ein oder mehrere Tüten und auf geht´s zum Taxi. – Foto: Petra Schwarz

Die Frühwirts nennt sich das Theaterstück, das in einer Koproduktion des Mezzanin Theaters, dem InTaKT Festival und der Lebenshilfe GmbH Kunst und Kultur entstanden ist. Dieses Stück feiert zur Eröffnung des InTaKT Festivals (Integratives Tanz-, Kultur- und Theaterfestival) am 7. November Premiere. Erstmalig wird eine Uraufführung eines Stückes des Mezzanin Theaters das Festival feierlich eröffnen und wieder einmal beweisen, dass Kunst und Kultur Bereiche sind, in denen jeder und jede mitwirken kann. Auch Menschen mit Behinderung haben hier die Möglichkeit Stücke mitzukonzipieren und darin mitzuspielen. „Man muss mehr auf die Menschen eingehen, man muss sie dort abholen, wo sie ihre Stärken haben“, betont die Mitbegründerin des Theaters Martina Kolbinger-Reiner. Auch eine Schauspielerin verrät: „Hier kann ich endlich das machen, was ich immer schon wollte.“

Seit 30 Jahren spielt man im Mezzanin Theater

Das Mezzanin Theater besteht nun seit genau dreißig Jahren und war das erste in der Steiermark, das sich mit dem integrativen Gedanken im Theater beschäftigt hat und auch Menschen mit Beeinträchtigung ein Mitwirken ermöglichte. „Die Frühwirts“ ist ein integratives Stück und zum Jubiläum auch etwas Besonderes, wie Kolbinger-Reiner verrät: Diese Produktion ist größer als die meisten anderen und wird im Anschluss der Termine in Graz auch in Berlin im Ballhaus Ost aufgeführt werden.

In dem Stück wird die bunt zusammengewürfelte Familie gemeinsam mit dem Publikum verzweifeln, aber auch herzlich lachen. Eifersucht, Solidarität, Individualität und Gemeinschaft, als zentrale Themen einer chaotischen Familie im besten Sinne, all das bringen die acht SchauspielerInnen auf die Bühne. Sie laden ein, mit ihnen mitzufühlen und mitzufiebern. Das Stück spiegelt die verschiedenen Facetten unserer Gesellschaft wider, zeigt, wie Eltern trotz aller Bemühungen manchmal scheitern können und dass man Kindern durchaus zugestehen kann, ihren eigenen Weg zu gehen. „Die Frühwirts ist wie eine Art Show aufgezogen. Es ist auf jeden Fall ein Bildertheater, aber Sprache spielt eine Rolle. Es ist wirklich ein Mischmasch: Tanz, Bewegung, Sprache, wir haben auch Livemusik dabei. Es hat was Schräges, Witziges“, beschreibt Kolbinger-Reiner das Stück.

Familienmitglieder und ihre Eigenschaften im Theater
Jedes Familienmitglied hat, wie im wahren Leben eben auch, seine Besonderheiten. – Foto: Petra Schwarz

Geschrieben wurde das Stück gemeinsam: Kolbinger-Reiner setzte sich mit allen Mitwirkenden zusammen und jeder und jede trug Themen, Erlebnisse, Anekdoten und Geschichten zum Thema Familie bei. Hier kann schließlich wirklich jeder und jede mitreden. So entstand das Konzept Stück für Stück. Durch diese intensive Zusammenarbeit flossen auch Begebenheiten aus dem wahren Leben der SchauspielerInnen und von allen Mitwirkenden in die Produktion ein. Weiters entnahm die Gruppe manche Szenen oder Tanzeinlagen auch den Improvisationsübungen, wenn etwas besonders gut passte.

Aus Improvisation wird später Ernst

Improvisation gibt es auch bei jeder Aufführung. Neben dem fixen Rahmen, den das Skript vorgibt, haben die SchauspielerInnen immer einen gewissen künstlerischen Freiraum, bei dem sie improvisieren können. „Ich finde das Stück total toll, weil wir dabei tanzen und so richtig abshaken können“, sagt eine Schauspielerin. Auch bei den Proben wird das Improvisieren immer wieder geübt. „Wir hatten eine Improvisation zum Thema Geburtstag, da mussten wir alle eine halbe Stunde lang spielen. Das war so super, dass der Regisseur gesagt hat, er würde das gerne so im Kasten haben“, erzählt Martina Kolbinger-Reiner.

Sehen kann man die Frühwirts ab 7. November täglich bis einschließlich 9. November jeweils um 18 Uhr im Kristallwerk in Eggenberg. Das InTaKT Festival hat auch noch andere Aufführungen im Annenviertel im Programm. Unter anderem gibt es Impulsvorträge zu aktueller inklusiver Kunst im Kunsthaus.

Weitere Termine:

Do, 7.11 um 18:00, Premiere im Kristallwerk

Fr, 8.11 um 18:00 im Kristallwerk

Sa, 9.11 um 18:00 im Kristallwerk

Mo, 11.11 um 19:00 im Ballhaus Ost

Di, 12.11 um 19:00 im Ballhaus Ost

Karten können direkt über die Website des Mezzanin Theaters bestellt werden.

https://mezzanintheater.at/lineupentry/die-fruehwirts/

Impulsvorträge im Kunsthaus gibt es am 8.11. ab 10:00 Uhr zu besuchen.

Kreativ und unternimmt gerne Spaziergänge in der Natur. Wenn sie nicht gerade als rasende Reporterin unterwegs ist, taucht sie auch gerne in die Welt der Literatur ab. Meist fröhlich und immer für die Menschen da, die ihr am Herzen liegen.

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