Pass Egal Wahl Zebra
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„Desinteresse ist keine Ausrede“

in POLITIK & WIRTSCHAFT von

Die einen dürfen wählen, tun es aber nicht. Die anderen wollen wählen, dürfen aber nicht. Viele AnnenviertlerInnen haben mangels österreichischer Staatsbürgerschaft kein Wahlrecht. So auch der 17-jährige Kushtrim Alili.

Von: Martin Pfandl, Stefanie Moser und Viktoria Petritsch

Kushtrim Alili wohnt seit über acht Jahren im Annenviertel, ist mit seinen 17 Jahren für sein Alter äußerst politisch interessiert und geht in seiner Freizeit ehrenamtlichen Tätigkeiten nach: Er ist Mitglied der Organisation Heroes, die sich mit Workshops für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in jenen Kulturkreisen einsetzt, bei denen die Familienehre oft an höchster Stelle steht. Im Interview mit der Annenpost betont der HAK-Schüler seine Leidenschaft für die Politik und seinen Wunsch, wie seine österreichischen Freunde auch wahlberechtigt zu sein. Doch Kushtrim darf nicht wählen – er stammt ursprünglich aus Mazedonien. Und obwohl er sich als richtiger Grazer fühlt, wird er erst in zwei Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können.

Kushtrim Alili
Interview mit Kushtrim Alili – Foto: ©Radioigel & IgelTV

Wählen – Eine Frage von Wollen oder Dürfen

Aufgrund des hohen Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund ohne österreichischer Staatsbürgerschaft in den Bezirken Gries und Lend, sind dort über 20.000 AnwohnerInnen über 16 nicht wahlberechtigt. Andererseits sank bei der Nationalratswahl in diesen Vierteln die Wahlbeteiligung unter den ÖsterreicherInnen auf 46 bzw. 50 Prozent. Damit sind sie die Bezirke mit der geringsten Wahlbeteiligung der Stadt. Da stellt sich die Frage: Warum wählen einige nicht, die es dürfen, und warum dürfen einige nicht, die es wollen?

So wie Kushtrim kann österreichweit mehr als eine Million Menschen aufgrund ihres Migrationshintergrundes nicht zur Wahl gehen. Den größten Anteil machen Deutsche aus, gefolgt von serbischen, türkischen und rumänischen StaatsbürgerInnen. Schätzungen von SOS Mitmensch zufolge würden sich rund die Hälfte der MigrantInnen ohne österreichischen Pass gerne an den politischen Entscheidungen beteiligen.

Pass Egal und nicht Wahl-Egal

Aus diesem Grund gab es dieses Jahr zum ersten Mal in allen Bundesländern Österreichs die Pass Egal Wahl.  Am 24. September fand diese symbolische Wahl auch am Grazer Mariahilferplatz statt. Ziel war es, den nicht-wahlberechtigten BewohnerInnen ein Gefühl politischer Mitbestimmung zu geben. Um ein Zeichen zu setzen, gingen rund 400 Menschen an diesem Dienstag wählen. In der Steiermark führte die im Annenviertel angesiedelte Organisation Zebra die Pass Egal Wahl durch. Geschäftsführerin Alexandra Köck sagt, es sei nicht nur ein politisches Statement, sondern auch emotional wichtig für die WählerInnen, denn: Nicht wählen zu dürfen, sei „eindeutig ein Ausschluss aus der Demokratie.” Köck findet, man müsse den Weg zur österreichischen Staatsbürgerschaft vereinfachen.

Noch stärker als nicht wählen zu dürfen, stört Kushtrim, dass so viele Menschen nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. “Desinteresse ist keine Ausrede”, so Kushtrim: “Die Wahl betrifft uns alle!”

 

Beitragsbild: ©Zebra Graz

 

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