Von links nach rechts: Bianca Rexeis (Lektorin), Raffael Hiden, Julia Knaß, Kathrin Pflegerl (Illustrationen) - Foto: mischen
Lesezeit: 3 Minuten, 37 Sekunden

Neue Literaturzeitschrift „mischt“ das Annenviertel auf

in KULTUR von

Am Donnerstag, 24.1., präsentieren Julia Wurzinger und Raffael Hiden im Café Wolf ihr neues Literaturmagazin “mischen”. Und setzen auf explosive Texte und liebevolle Handarbeit.

Von Sarah Kouba und Walburga Plunger

Was die Anzahl der hier verlegten Literaturzeitschriften angeht, muss Graz keinen Vergleich scheuen. Neben den altehrwürdigen „manuskripten“, die 1960 im Umfeld des Forum Stadtpark entstanden, wäre da der „Sterz“ (1977) zu nennen, außerdem die ebenfalls 1977 und zwar in Bad Ischl als Schülerzeitung gegründete „perspektive”, dann die „Lichtungen” mit ihren internationalen Länder- oder Städteschwerpunkten (1979) oder das Feuilleton-Magazin Schreibkraft (1998). Thematisch und grafisch durchaus „bunter” gestaltet Christian „Motor” Polansek seit 2015 seinen „Bikinifisch” – mit Redaktionssitz in der Metahofgasse. Ebenfalls im Annenviertel präsent ist schließlich die Wandzeitung „Ausreißer”, die es seit 2004 gibt. Seit Mai 2018 ist das Annenviertel um einen weiteren Verein zum Thema Literatur reicher. „mischen“ heißt er und „mischen” nennt sich auch die dazugehörige Zeitschrift, deren erste Ausgabe jetzt erscheint. Die Idee der Gründer Julia Wurzinger* und Raffael Hiden ist es, verschiedene Texte zu mischen und sie miteinander interagieren zu lassen.

Es begann mit einem Gespräch

Julia und Raffael erwarten uns in Julias Wohnung im Annenviertel. Auf dem Boden stehen Kartons, darin stapeln sich die Hefte der ersten Ausgabe der Zeitschrift. Knallrot ist sie, sonst aber grafisch eher schlicht gehalten. Am Esstisch liegt ein Plakat: „mischen Heftpräsentation mit Mona Kospach & Mikhail Gusev“ steht darauf. Hier nimmt ein von langer Hand geplantes Projekt konkrete Formen an.

Die beiden Grazer lernten sich 2014 im Kulturreferat der ÖH in Graz kennen. Julia studierte Germanistik und Interdisziplinäre Geschlechterstudien, Raffael Soziologie. Was sie verband, war das Interesse an Literatur. „Wir haben uns immer über Literatur ausgetauscht. Was wir gerade lesen. Später auch über unsere eigenen Texte”, sagt Julia. Im Zuge ihrer Arbeit im Kulturreferat organisierten sie auch erste gemeinsame Veranstaltungen. Es sollte allerdings noch einige Zeit dauern, bis die beiden vor einem Jahr die Idee zu einer Literaturzeitschrift hatten. Im Frühjahr 2018 konkretisierten sie ihre Vision.

Der Name „mischen“ stand rasch fest, den meisten Aufwand verursachte die Gründung des Vereins. Vergangenen Sommer suchten die beiden erstmals nach AutorInnen. Für das erste Heft wandten sich Julia und Raffael noch an SchreiberInnen, von deren Texten sie wussten, dass sie ihnen gefallen, um das Auswahlverfahren etwas einfacher zu gestalten. Ab der zweiten Ausgabe kann jeder und jede, egal ob erfahren oder nicht, seine Texte einsenden. Deadline: 16. Februar. Eine Themenvorgabe gibt es nicht, auch wenn für die beiden Herausgeber im ersten Heft inoffiziell „Identität” das verbindende Thema war. Einige der Texte drehen sich um Identität und um die Frage, was die Figuren im Text ausmacht.

200 Hefte wurden für die erste Auflage von „mischen“ gedruckt. Foto: Sarah Kouba

Mischen um des Mischens Willen

Julia und Raffael schreiben selbst Texte, die sie gerne veröffentlichen wollen. Mehr als um die fertigen Texte geht es den beiden aber um den Prozess des „mischens” an sich. Sie wollen einen Raum für Texte schaffen, die untereinander interagieren, wenn man sie in eine Reihenfolge bringt. Julia drückt es schließlich so aus: „Die Fortsetzung eines Gesprächs über Literatur in Form einer Zeitschrift.“ Mit unterschiedlichen Texten, deren Reihenfolge und Zusammenstellung erst durch den Leser an Bedeutung gewinnt und etwas Neues entstehen lässt.

Was genau „mischen“ ihnen bedeutet, schrieben Julia Wurzinger und Raffael Hiden auch in einem Dialog nieder, der ihren üblichen Gesprächen über Literatur ähnelt und als Vorwort der ersten Ausgabe dient. Darin heißt es:

„Ob Gemischtes mehr als eine Variation ist? In unserem Fall würde ich das – vielleicht ist es vermessen – wie du Bejahen. Unsere Baustoffe, unsere Stoffe sind Texte, die wir in ein Verhältnis bringen. Dadurch können neue Stoffe entstehen, alte sich auflösen. In einer Steigerung ist Mischen ein Sprengstoff: Begriffe, Methoden, Narrative können zur Explosion gebracht werden.“ Und weiter: „Mischen, der Akt, ist Interagieren von Substanzen, Florieren von Elixieren miteinander, füreinander, auch gegeneinander.“

Alles Handarbeit

Nicht nur das Aussuchen der Texte übernehmen Julia und Raffael selbst, Handarbeit steht bei den Gründern insgesamt hoch im Kurs. Vom Drucken der Zeitschrift in der Werkstatt von Risograd im Schaumbad über das händische Zuschneiden bis hin zum Zusammenfügen der Seiten – alles machen die beiden selbst. Qualität ist ihnen besonders wichtig, der persönliche Bezug zum ersten eigenen Heft wird damit noch größer.

Gemischt wird auf mehreren Ebenen. Im ersten Heft finden sich bereits veröffentlichte Texte und unveröffentlichte, deutsche wie englische, Literatur ebenso wie Malerei. Kathrin Pflegerl, die Illustratorin von „mischen“, las die Texte und schuf zu einigen davon Bilder, die ihre Gedanken zu den erzählten Geschichten widerspiegeln.

Auch bei der Präsentation der ersten Ausgabe im Café Wolf wird ordentlich gemischt. Die Schauspieler Mona Kospach und Mikhail Gusev führen durch den Abend. Theater trifft auf Literatur. Man dürfe sich auf die ganz persönlichen Interpretationen einiger Texte durch die Schauspieler freuen, sagt Julia Wurzinger. „Wir wollen auch die Räume mischen“, ergänzt Raffael. Neben dem Café Wolf, sollen für zukünftige Präsentationen auch andere Locations in Frage kommen.

*Julia Wurzinger veröffentlicht ihre Texte unter dem Namen Julia Knaß, dem Mädchenname ihres Vaters

mischen Heftpräsentation
Die Präsentation der ersten Ausgabe von „mischen“ findet am 24. Jänner 2019 um 20 Uhr im Café Wolf statt.

Texte können jederzeit und für das zweite Heft bis zum 16. Februar eingesendet werden. E-Mail: redaktion@mischen.at

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