Padre Darwin Rosario vor dem Pfarramt St. Andrä
Lesezeit: 3 Minuten, 3 Sekunden

Von Santo Domingo nach Sankt Andrä

in Allgemein von

In Graz leben 253 Menschen aus der Dominikanischen Republik, so viele wie aus keinem anderen Land Lateinamerikas. Aber wieso? Wir haben in der lateinamerikanischen Gemeinde der Pfarre St. Andrä nachgefragt.

Wenn man die Herkunftsländer der in Graz lebenden Süd- und MittelamerikanerInnen betrachtet, fällt ins Auge, dass die meisten Menschen aus der Dominikanischen Republik kommen. Sogar mehr als aus Brasilien – obwohl Brasilien 20-mal so viele Einwohner hat wie das kleine Land in der Karibik. Richtig sichtbar ist die dominikanische Community nicht. Sieht man einmal von dem traurigen Zwischenfall ab, der sich vor fünf Jahren vor dem damaligen Café Delphin am Griesplatz ereignete.

Doch wieso ist Graz überhaupt derart beliebt bei Zuwanderern aus der Dominikanischen Republik?

Treffpunkt St. Andrä

Dieses Bild kann nicht angezeigt werden
Der Gottesdienst in der Welschen Kirche ist vorbereitet – Foto: Walburga Plunger

In der Welschen Kirche am Griesplatz findet jeden zweiten Sonntag um 16 Uhr der katholische Gottesdienst der lateinamerikanischen Gemeinde der Pfarre St. Andrä statt. Die Gemeinde wurde vom heutigen Innsbrucker Bischof Hermann Glettler gegründet. Sie gibt LateinamerikanerInnen die Möglichkeit, ihre Religion in ihrer Muttersprache Spanisch zu leben und ist ein Treffpunkt für die Menschen fernab ihrer Heimat. In der Kirche feiern Menschen, die aus Mexiko nach Graz gekommen sind, gemeinsam mit Leuten aus Peru, Venezuela oder eben der Dominikanischen Republik. Die für SüdamerikanerInnen so typische Fröhlichkeit und Offenheit ist durchwegs spürbar: Jeder und jede ist willkommen und wird herzlich aufgenommen. Beim Pfarrcafé nach der Messe wird gelacht und geplaudert. Immer dabei ist auch der Priester aus der Dominikanischen Republik.

Padre Darwin Rosario lebt seit zweieinhalb Jahren in Graz. Hergeführt hat ihn sein Philosophiestudium und die Tatsache, dass die Pfarre St. Andrä auf der Suche nach einem spanischsprachigen Priester war. Mittlerweile kennt er die Menschen der Gemeinde, mit denen er täglich zu tun hat, und ist selbst der Frage nachgegangen, warum relativ viele DominikanerInnen nach Graz kommen.

Auf der Suche nach Arbeit

„Soweit ich das in Erfahrung gebracht habe, kamen viele zuerst in die Schweiz und über die Schweiz hierher. Vor allem für die Prostitution“, sagt Rosario. Das heißt aber nicht, dass die Leute wussten, dass sie in diesem Milieu arbeiten würden. Sie suchten nach Arbeit und landeten am Ende in Bars und Clubs. Das habe wohl in den 1980er-Jahren begonnen, glaubt der Padre. Auch heute noch sei der Handel mit Frauen in der Dominikanischen Republik weit verbreitet. Die Frauen in Graz würden nicht mehr als Prostituierte arbeiten, sondern häufig als Reinigungskräfte. Eindeutig erkennbar sei auch, sagt Rosario, dass hauptsächlich Menschen aus armen Verhältnissen kamen. „Ich kenne keine einzige Familie aus der Mittelschicht, die nach Graz gekommen ist.“ Manche DominikanerInnen hätten ihr Land oder ihre Häuser verkaufen müssen, um sich die Reise nach Europa leisten zu können.

Dass Arbeit ein wichtiger Grund für die Migration nach Österreich war, bestätigt auch eine Dominikanerin, die in der Annenpost nur als Rosi genannt werden will. Sie selbst kam vor fast 30 Jahren aus der Dominikanischen Republik nach Österreich. Nach einem Besuch bei ihrer Schwester, die bereits hier arbeitete, lernte sie ihren Ehemann kennen und blieb. „Die Leute kamen um zu arbeiten. Und wenn die Frauen einen Mann fanden, dann heirateten sie. Es waren häufig Frauen, die alleine unterwegs waren.” Direkt nach Österreich kam kaum jemand. Die meisten lebten zuerst in Spanien oder in der Schweiz.

Dieses Bild kann nicht angezeigt werden
Padre Darwin Rosario findet in seinem Beruf und in der Hilfe für andere sein Glück – Foto: Walburga Plunger

In Graz Fuß fassen

Sobald die Männer und Frauen in Graz Fuß gefasst hatten, holten sie ihre Kinder oder Verwandten nach. „Die Familien waren damals sehr kinderreich. Heute nicht mehr, aber damals schon. Es gab Frauen mit zehn oder zwölf Kindern“, erinnert sich Rosi. Die Zahl der DominikanerInnen wuchs rasch an, in der Karibik sprach es sich herum, dass das Leben in Österreich besser war. Das zog weitere Familien an.

Viele DominikanerInnen würden gerne ihr Land verlassen, sagt Rosario. Es gebe auch größere Gruppen in Wien und Linz, ergänzt Rosi. Die Menschen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen nach Österreich kamen, blieben schließlich hier. Bei Padre Darwin Rosario ist das anders. Er weiß, dass er nach dem Fertigstellen seiner Dissertation im Fach Philosophie in seine Heimat zurückkehren möchte. Das Thema seiner Arbeit: “Die Zeit als organische Realität”.

 

Gottesdienste der lateinamerikanischen Gemeinde
Der nächste spanischsprachige Gottesdienst in der Welschen Kirche findet am 25. November um 16 Uhr statt.
Alle Informationen zu kommenden Terminen finden Interessierte auch in der Facebookgruppe der lateinamerikanischen Gemeinde.
Loading Facebook Comments ...

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

*

5 × 3 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Das letzte von

Gehe zu Nach oben