Lesezeit: 4 Minuten, 32 Sekunden

Aller Anfang ist schwer – Außer im Explosiv

in KULTUR von

Viele Menschen träumen davon eines Tages Hallen oder sogar Stadien zu füllen und vor hunderten oder gar tausenden von Menschen mit ihrer Musik aufzutreten. Dahin ist es allerdings ein langer Weg voller harter Arbeit und Hingabe. Irgendwo muss man als junger Musiker auch die erste Chance bekommen. Ein Jugendverein hat es sich seit 30 Jahren zum Ziel gemacht, diesen Musikern ihre erste Chance zu geben.

In fünf Minuten geht es los. Die Gitarren sind gestimmt, das Schlagzeug aufgebaut, die Licht- und Toneinstellungen passen und die ersten Zuschauer haben sich bereits vor der Bühne versammelt. Für die Bandmitglieder gab es zuvor ein hausgemachtes Essen und Freigetränke. Motiviert treten sie auf die Bühne und werden jubelnd von ihren Fans, überwiegend bestehend aus Freunden und Familie, empfangen. Ein unbeschreibliches Gefühl für die jungen Musiker. So geht es den jungen Bands, wenn sie die Chance bekommen, im Jugendkulturzentrum Explosiv aufzutreten.

Egal ob Metal, Punk oder Alternative – das Explosiv bietet sich seit 30 Jahren als Startrampe für junge, ehrgeizige Musiker an. Ihr sechsköpfiges Team, bestehend aus Geschäftsführer Rene Molnar, Vorständin Ute Koller, ihrer Stellvertreterin Elisabeth Klöckl, den beiden Technikexperten Samuel Marsche (Sound) und Lukas Neubauer (Licht) und Booking Agent Romeo Ried, welcher sich auch als Ansprechperson für die Annenpost zur Verfügung gestellt hat, hat es sich zum Ziel gemacht, die Szene in Graz am Leben zu erhalten und zu fördern.

Es war ein längerer Weg, um zu einer der beliebtesten Locations für Musiker zu werden: 1988 gegründet, startete das Explosiv als bescheidenes Jugendzentrum in einem kleinen Raum über einer Druckerei. “Dort herrschte Wohnzimmeratmosphäre”, erzählt Ried, “Es gab nur eine kleine Bühne, ein Mischpult, eine Durchreiche für Getränke und kaum Platz für mehr als 80 Leute.” Die neue Auftrittsmöglichkeit brachte die damals eher kleine Metal- und Punkszene zum Wachsen und die Konzerte wurden zahlreicher besucht. Gut, dass die Druckerei im Erdgeschoss bald ihre Pforten schloss – so konnte das Explosiv weiter wachsen: Mit freiwilliger Hilfe der Bands wurde das Jugendzentrum ausgebaut und hatte bald Platz für über 100 Gäste.

2007 zog man dann weiter ins Annenviertel. Am Bahnhofgürtel 52 stand eine ehemalige Fabrik leer – ohne Strom und ohne Wasser. Drei lange Jahre dauerte der Umbau, um das Explosiv zu dem zu machen, was es heute ist.

Booking Agent Romeo Ried vorm Explosiv – Foto: Maximiliano Jiménez Arboleda

Fairness für alle Bands

Das Jugendzentrum besteht aus dem Café und Barbereich, zwei Bühnen, einem Tonstudio, Büroräumen, Proberäumen, einer Küche und einem großen Backstagebereich für die Bands mit Bad und Schlafmöglichkeiten. “Draußen im Garten pflanzen wir selbst Gemüse an und haben dort auch einen selbstgebauten Pizzaofen. Außerdem ist das gesamte Gebäude komplett barrierefrei. Das war uns besonders wichtig”, sagt Ried. Die Finanzierung läuft über 50% Subventionierung und 50% selbsterwirtschaftete Einnahmen.

Wenn es im Explosiv ein Konzert gibt, gelten für jede Band dieselben, gerechten Bedingungen. “Es gibt immer Freigetränke und Catering. Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir kochen immer frisch und Bio. Außerdem schauen wir immer, dass nicht zu viele Bands an einem Abend spielen, damit jede Band auch 45 Minuten Stagetime zur Verfügung hat.” erklärt Ried. “Wir wollen eine Wohnzimmeratmosphäre beibehalten und das funktioniert auch soweit. Die Musiker setzen sich gerne nach ihren Auftritten noch mit den Fans an die Bar und trinken ein paar Bier mit ihnen.”.

Wie geht es weiter?

“Wir haben definitiv nicht vor noch größer werden. Es war schon viel für uns in das große Gebäude umzuziehen und ich befürchte, wenn wir weiterwachsen könnte unsere familiäre Atmosphäre verloren gehen ”, meint Ried. Sie haben es sich zum Auftrag gemacht, jungen Bands eine Startrampe zu bieten und das Jugendzentrum stellt mit seinen Proberäumen und seinem Tonstudio viel zur Verfügung. Die stattfindenden Konzerte geben ihnen, neben Bühnenerfahrung, auch zusätzlich gute Publicity. Andere Clubs in Graz, die sich dasselbe Ziel gesetzt haben, sind der Club Wakuum in der Griesgasse und das Sub am Kaiser-Franz-Josef Kai. Zwischen diesen drei Locations, herrscht laut Ried kein Konkurrenzdenken. Sie sehen sich als gemeinsame Mitstreiter zur Erhaltung der Szene und Förderung der Nachwuchsmusiker.

In der Grazer Szene machen sich immer wieder Trends bemerkbar. Ried erinnert sich: “Die Punk Szene ist in den 90er Jahren in Graz quasi explodiert.” Als das Explosiv in Umbauzeiten zwischenzeitlich zugesperrt hat, gab es einen bemerkbaren Einbruch. Seit einigen Jahren wächst allerdings die Metalszene, was unter anderem auch daran liegt, dass auch das Grazer Urgestein Club Q in der Luthergasse seit seinem Umbau wieder Konzerte veranstaltet. Bei den Metalbands lässts sich in den letzten ein starker Trend zu Power Metal, Thrash Metal und Doom Metal erkennen.

Neben etablierten und aufstrebenden Grazer Bands wie Rest in Fear, Vinegar Hill, Klynt, Ebony Archways, Sonic Riot und Wings Of Glory, gab es im Explosiv auch schon internationale Größen auf der Bühne zu sehen. Bands wie The Exploited, Destruction, Nazareth und Lordi, waren hier bereits zu sehen. Eine der größten Acts ist bis dato die deutsche Power Metal-Sensation Blind Guardian, die normalerweise nur vor mindestens 1000 Zuschauern spielen. Sie ließen sich damals im Jahr 2015 dazu überreden, vor kleinem Publikum im ausverkauften Jugendzentrum aufzutreten. “Die waren ziemlich skeptisch damals, aber am Ende hat es ihnen dann doch getaugt.”, erinnert sich Ried.

”Wir sind einfach zufrieden, wenn die Bands und das Publikum dankbar sind und einen schönen Abend hatten. Da wissen wir auch, dass wir was richtig machen”

In den letzten 30 Jahren gab es ein paar Bands, die ihre Starthilfe gekonnt genutzt haben und es schafften, sich national einen Namen zu machen. Die Punkbands Red Lights Flash und Antimaniax, die auch bei der kommenden Nacht der Legenden im Explosiv wieder auftreten werden, haben beide ihren ersten Gig in den 90er Jahren im Jugendzentrum gehabt. Im Zuge ihres 30jährigen Jubiläums sind noch viele Veranstaltungen geplant wie zum Beispiel Agnostic Front am 12. August, Paul Pizzera und Otto Jaus am 7. September und vieles mehr. 

Auf die Frage was das Beste daran ist, beim Explosiv zu arbeiten, antwortet Ried: ”Wir sind einfach zufrieden, wenn die Bands und das Publikum dankbar sind und einen schönen Abend hatten. Da wissen wir auch, dass wir was richtig machen”

Ein halbkolumbianischer Hobbymusiker der Hard Rock, Metal, 80s Pop, Grunge, Punk, Fußball, Listen, Statistiken, Filme, Star Wars, Serien, Lasagne und Bier mag, Bass und Gitarre spielt und sich konstant über alles und jeden lustig macht.

Loading Facebook Comments ...

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

*

vier + 19 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Das letzte von

Gehe zu Nach oben